Essen am Fließband: Im Ha Long schauen die Zutaten beim Gast vorbei. Foto: Leif Piechowski

Die Hot-Pot-Restaurants erobern Europa. Neuerdings gibt’s noch das Ha Long in Böblingen: Mit seinem typisch vietnamesischen Lokal sorgt Duc Tam Nguyen für ein einzigartiges Erlebnis – erstmals hier zu Lande gibt’s asiatische Hot Pots auf dem Laufband. So, wie man es von Sushi kennt.

Die Hot-Pot-Restaurants erobern Europa. Neuerdings gibt’s noch das Ha Long in Böblingen: Mit seinem typisch vietnamesischen Lokal sorgt Duc Tam Nguyen für ein einzigartiges Erlebnis – erstmals hier zu Lande gibt’s asiatische Hot Pots auf dem Laufband. So, wie man es von Sushi kennt.

Böblingen - Elf Jahre lang hatte Duc Tam Nguyen eine Imbissbude. „Die beste in Böblingen“, wie sein Freund Antonios Kalfas meint. Doch Nguyen wollte sich vergrößern. Vor zwei Jahren fuhr er in seine alte Heimat nach Vietnam, um Ideen zu sammeln. Dort entdeckte er das Hot-Pot-Restaurant für den deutschen Markt. Über ein Jahr feilte er an der Umsetzung, jetzt ist alles einsatzbereit. „Ja, das ist ein ganz besonderes Lokal“, sagt der 46-Jährige. Stolz steht er im großen, hellen Raum. „Es ist einmalig in ganz Deutschland!“ Hot Pot ist englisch und heißt heißer Topf – und das ist die Grundidee des vietnamesischen Konzepts: Die Gäste kochen ihr Essen selbst, ähnlich wie bei einem Fondue. Dafür sind in die Tischmitte Töpfe eingelassen, die beim Betreten des Ha Long sofort auffallen. „Hier können Sie die Hitze einstellen“, erklärt Nguyen und dreht einen Schalter, der an einer Tischkante angebracht ist. Schon fängt die Brühe im Topf an zu blubbern. Direkt neben dem Tisch läuft ein Fließband vorbei, das sich durch den ganzen Raum schlängelt. Kleine Porzellanteller, bestückt mit allerlei buntem Gemüse, Fisch und Fleisch, drehen ihre Runden und wecken den Appetit der zahlreichen Gäste. „Viele Kunden zücken als Erstes ihr Handy und fotografieren das“, sagt Nguyen und lacht. Die Palette ist breit: Zwiebeln, Blumen-, Rosen- oder Grünkohl, Zucchini, Möhren, Radieschen, Bohnen, Auberginen, Tofu und natürlich Hühner-, Schweine- oder Rindfleisch sowie Scampi oder Tintenfisch zuckeln auf dem Fließband durchs Lokal.

Hat der Gast sich für eine Zutat entschieden, kippt er den Inhalt des Tellers direkt in den heißen Topf. In diesem kocht das eigentliche Highlight: eine besondere Fleischbrühe. „Dafür koche ich 24 Stunden Rinder- und Hühnerknochen mit typisch vietnamesischen Gewürzen wie Ingwer und schöpfe danach das Fett ab.“ Mehr verrät er nicht. Sein Rezept ist geheim, lange hat er daran getüftelt. Mit Erfolg: Selbst ein im Sud geköcheltes Salatblatt kann geschmacklich überzeugen. Daneben gibt es noch eine zweite, schärfere Soße sowie zusätzliche Gewürze. „Das Essen ist sehr gesund“, sagt Nguyen. Alle Zutaten seien frisch und aus der Region, gekocht wird ohne Geschmacksverstärker, das ist ihm wichtig. „Außerdem ist das Essen sehr fettarm“, fügt er hinzu. Und schnell gekocht: „Nudeln dauern zehn Sekunden, Fleisch 50 Sekunden. Das ist ein eingebauter Industrieherd.“

Das Kochen hat Nguyen sich selbst beigebracht. Zuvor hat er als Autoreparateur gearbeitet. „Das war noch in der DDR, in Halle an der Saale“, erinnert er sich. 1988 kam er als Hilfsarbeiter aus Vietnam; nach dem Mauerfall ging er für einen Monat nach Berlin und kam schließlich nach Zwischenstopps in Karlsruhe und Göppingen 1990 nach Böblingen. „Ich musste einen Asylantrag stellen, damit ich bleiben konnte“, erzählt er. Für ihn ist der Stuttgarter Raum nun eine „zweite Heimat“ geworden. Sein 22-jähriger Sohn ist hier aufgewachsen und Eigentümer des Ha Long. Geschäftsführer ist der Vater. Mit dem schnellen Erfolg hatten beide nicht gerechnet.

„Innerhalb der ersten zwei Wochen gab es bereits Gäste, die nach dem ersten Besuch dreimal wiedergekommen sind“, erzählt Antonios Kalfas. Er hat den Nguyens beim Aufbau des Restaurants geholfen und ist vom neuartigen Konzept überzeugt: „Das Ha Long ist eine Attraktion. Und das Essen ist wirklich gut, für mich ist das Beste der Geschmack seiner Brühe.“ Das finden auch Christiane und Michael Strassner. „Die Brühe ist hervorragend“, sind sie sich einig. Das Paar ist mit Freunden aus dem Raum Herrenberg nach Böblingen gefahren, nur um im Ha Long zu essen. „Wir haben in der Zeitung davon gelesen und sind begeistert. Es ist alles frisch, gesund und kalorienarm – das kommt gut an“, sagt Frau Strassner.

Für diesen Abend hat Nguyen bereits 16 Reservierungen, auch die nächsten Seiten seines großen Kalenders sind bis in den Februar beschrieben. „Für den Abend muss man anrufen“, sagt der Restaurantbesitzer. Für 70 Gäste hat er Platz, meistens bleiben diese bis zu drei Stunden im Lokal und genießen die Geselligkeit und das gemeinsame Kochen der Speisen.

„Aber auch wenn jemand nur 30 Minuten Zeit hat, ist das kein Problem – dann werfe ich passende Beilagen auf einmal in den Topf, und ein fertiges Menü kommt dabei heraus.“ Seine eigentliche Philosophie ist aber eine andere: Das gemeinsame Essen und Genießen soll im Vordergrund stehen. „Es geht nicht nur darum, satt zu werden, sondern vor allem darum, zu genießen“, sagt er.

Das ist in den Hot-Pot-Restaurants in Vietnam nicht so: „Dort sitzen die Gäste wie an einer Bar direkt am Fließband, jeder für sich mit seinem eigenen Topf. Das wollte ich für Deutschland nicht. Das macht dort keinen Spaß – hier soll es Spaß machen“, betont Nguyen. Sein selbst gebautes Fließband unterscheidet sich außerdem durch eine zweite Etage vom vietnamesischen Original: Benutztes Geschirr kann so schnell in die Küche zurückgeschickt werden, und der Gast hat den Tisch frei für neue Teller.

„Ich habe die ganze Einrichtung über den Seeweg in Containern aus Vietnam geholt und dann alles selbst aufgebaut“, sagt Nguyen. Über ein Jahr hat er daran gewerkelt, bis er eröffnen konnte. Die Zeit hat sich augenscheinlich gelohnt: Wenn das Ha Long weiterhin so gut ankommt, überlegt er sich, ein zweites Lokal in Stuttgart zu eröffnen.