Der AG-Boss Alexander Wehrle (links) und der Vereinspräsident Claus Vogt stellen beim VfB Stuttgart die Weichen für die Zukunft. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart herrscht Einigkeit darüber, dass ein Sportvorstand erweitert werden soll. Doch mit dieser Entscheidung geht eine Reihe von Problemen einher.

Alles schon mal da gewesen. Die ganzen Diskussionen über einen Sportvorstand beim VfB Stuttgart. Braucht es überhaupt einen? Und, wenn ja, ist er von außen zu holen oder von innen zu befördern? Was bedeutet das dann für den aktuellen Sportdirektor? Oder reicht es, wenn wie in den vergangenen Jahren ein Mann die Doppelfunktion ausfüllt? Vorstandsvorsitzender und Sportvorstand in Personalunion – erst hat Thomas Hitzlsperger in dieser Rolle beim Fußball-Bundesligisten gearbeitet, seit 21. März 2022 stellt sich sein Nachfolger Alexander Wehrle den vielen Aufgaben.

 

Doch nach Informationen unserer Redaktion herrscht beim VfB Einigkeit darüber, dass es eine Veränderung geben wird. Eine Operation am Organigramm, wenn man so will. Ein neuer Sportvorstand soll installiert werden. Dieser Vorschlag wurde in den Aufsichtsrat eingebracht. Das Kontrollgremium der VfB AG hat sich auf seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag auch eingehend mit dieser Grundsatzfrage beschäftigt.

Alexander Wehrle will Aufgaben abgeben

Von drei auf vier Personen würde der Vorstand (außer Wehrle noch der Finanzchef Thomas Ignatzi und der Marketingexperte Rouven Kasper) damit anwachsen – und entsprechende Kosten verursachen. Ein Punkt, warum sich der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden und Präsidenten Claus Vogt vor eineinhalb Jahren dazu entschied, nach Hitzlspergers Abschied die bestehende Konstellation vorerst aufrechtzuerhalten.

Wehrle übernahm den zweifachen Auftrag, sah die Lösung jedoch immer als interimistisch an. Er wollte sich nach eigenen Angaben ein Gesamtbild machen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Das betonte der AG-Boss bereits während seiner Vorstellung – und zuletzt öffentlich in der Halbzeit des Spiels in Bochum an Ostern. Offenbar ist der Prozess im Kernbereich nun überdacht und abgeschlossen. Wehrle will Aufgaben abgeben, um den VfB besser für die Zukunft aufzustellen.

Als Machtverlust empfindet der 48-Jährige das nicht, eher als Erweiterung der Expertise im Vorstand. Eine Reihe an Fehlern wurde in den vergangenen Monaten aber auch gemacht. Unstrittig ist dabei, dass es eine starke Persönlichkeit für die neue Herausforderung an der Mercedesstraße braucht. Um Wehrle zu entlasten und um den Club fußballstrategisch auszurichten. Denn nach zwei Jahren Abstiegskampf soll die Abwärtsspirale durchbrochen werden. In der Saison 2021/2022 rettete sich der VfB dramatisch in der Nachspielzeit des letzten Ligaspiels.

Aus der Euphorie entstand jedoch kein Erfolg. Die Machtkämpfe um die Position des damaligen Sportdirektors Sven Mislintat sowie dessen Vertragsverlängerung führten den VfB gleich in die nächste schwierige Spielzeit. Und schon vor der bewältigten Relegation gegen den Hamburger SV stand offenbar fest, dass es so nicht weitergehen kann. Ohne der angekündigten Saisonanalyse vorzugreifen, kam man an verschiedenen Stellen im Verein zur gleichen Erkenntnis: mehr sportliche Kompetenz.

Was wird aus dem Beratermodell?

Wehrle hat diesen Ansatz bereits mit der Verpflichtung der Berater Sami Khedira und Philipp Lahm im vergangenen Herbst verfolgt. Inhaltlich ist deren Arbeit kaum zu bewerten, da sie im Verborgenen läuft. Begleitet wird das Projekt mit den beiden Weltmeistern schon allein deshalb mit Skepsis. Inwieweit sie in Entscheidungsprozesse eingebunden sind, lässt sich in der Öffentlichkeit nur erahnen. Selbst im Verein wird die Frage der Beteiligung gestellt.

Mit einer Neuaufstellung könnte sich das Modell als überholt darstellen. Khedira zieht es zum Deutschen Fußball-Bund (DFB), um in die Verantwortung zu gehen. Eine Entscheidung beim DFB steht allerdings noch aus. Fängt Khedira mit Hannes Wolf nicht als Sportlicher Leiter beim Verband an, gilt er als Kandidat für den Posten beim VfB – sofern es der 36-Jährige selbst will. Lahm wird als Turnierdirektor bald noch stärker in die Organisation der Heim-EM 2024 eingebunden sein.

Ohnehin argwöhnte bereits Mislintat, Khedira und Lahm seien Kontrolleure, keine Kaderplaner. Dessen Nachfolger Fabian Wohlgemuth arbeitet seit seinem Amtsantritt vergangenen Dezember in der vorgegebenen Struktur. Aber der Sportdirektor ist nicht nur ein Pragmatiker, um den Umbau der Mannschaft anzupacken. Sondern: Er fordert ebenso Entscheidungskompetenz und Gestaltungsraum ein. Wie anders sollen Transfers abgewickelt werden?

Realität ist dabei, dass der VfB sparen muss. Etwa 20 Millionen Euro an Transferüberschuss sollen erzielt werden. Zudem soll der Personaletat im Profibereich reduziert und die Reihe von zurückkehrenden Leihspielern verkleinert werden. Schwierige Aufgaben. Zumal am Ende dem Trainer Sebastian Hoeneß ein Team zur Verfügung stehen soll, das nicht in den Tabellenkeller rutscht.

Der Kader wird noch ohne den künftigen Sportvorstand zusammengestellt. Bewährt sich Wohlgemuth, könnte er aufrücken. Aber abwarten. Der zuständige Aufsichtsrat will sich Zeit lassen und ein klares Anforderungsprofil erstellen. Über Personen wurde im Kontrollgremium noch nicht gesprochen. Es ging zunächst um das grundsätzliche Okay, um die Suche zu starten.