Pkw-Besitzer, aufgepasst: Ist das Auto auch wirklich abgeschlossen? Der Schließimpuls per Funkkann von Tätern gestört werden. Foto: dpa

Wer beim Abschließen seines Autos unaufmerksam ist, dem droht eine böse Überraschung. Immer öfter tricksen Diebe per Funk die Zentralverriegelung aus und plündern das unverschlossene Fahrzeug. Keine Zauberei – und die Polizei ist alarmiert. Der jüngste Fall spielt sich in einer Stuttgarter Tiefgarage ab.

Stuttgart - Der Audi-Besitzer aus Ludwigsburg traute seinen Augen nicht. Eine halbe Stunde lang hatte er seinen Wagen in einer Tiefgarage an der Kronenstraße in der Stuttgarter Innenstadt abgestellt – und als er zurückkehrte, waren sein schwarzer Rucksack mit persönlichen Gegenständen sowie das Navigationsgerät spurlos verschwunden. Obwohl sein grüner Audi A 4 verschlossen und völlig unbeschädigt war.

Zauberei? Keinesfalls, sagt die Polizei.

Offenbar geht in der Landeshauptstadt wieder eine Serie los, bei der Autoknacker mit Störsendern die Zentralverriegelung austricksen und das unverschlossene Fahrzeug plündern. Wenn die sogenannte Wiederverschließautomatik die Türen absperrt, sind die Täter längst wieder über alle Berge. „In den letzten Tagen sind verstärkt solche Diebstähle angezeigt worden“, sagt Polizeisprecherin Sybille Ahlborn, „die betroffenen Eigentümer fanden ihre Autos verschlossen und ohne Aufbruchspuren vor.“

Das Prinzip, das sich die Täter zunutze machen, ist denkbar einfach: Mit einem Funksignal aus einem Störsender wird der Schließimpuls überlagert, den der Autobesitzer mit seiner Fernbedienung an die Zentralverriegelung abgibt. Die Funkschließsysteme teilen sich nämlich denselben Frequenzbereich wie Garagentüröffner oder Babyphones. Wer in der Eile nicht darauf achtet, ob die Verriegelung auch wirklich einrastet, ist ein willkommenes Opfer für die Autoknacker, die dadurch aufs Aufbrechen verzichten können.

Aus osteuropäischen Beständen gekauft

Vor wenigen Tagen hat die Düsseldorfer Polizei einen Störsender-Täter festnehmen können. Der hatte auf der Königsallee aus einem Porsche 911 eine hochwertige Tasche, eine Lederjacke und einen Mont-Blanc-Kugelschreiber gestohlen. Nach der Anzeige des Betroffenen legten sich Zivilfahnder auf die Lauer – und erwischten den Verdächtigen auf frischer Tat beim Plündern eines Mercedes. Der 59-Jährige kam in Haft.

„Ein ortsansässiger Täter“, sagt der Düsseldorfer Polizeisprecher Markus Niesczery, „mit einer langen einschlägigen Vorstrafenliste von Autoaufbrüchen und Wohnungseinbrüchen.“ Das Gerät, das er benutzte, dürfte er aus osteuropäischen Beständen gekauft haben: Ein umgebautes Handfunkgerät. „Das funktioniert mit erhöhter Sendeleistung und in einem größeren Umkreis“, sagt Niesczery, „wir konnten bei diversen Festnahmen schon viele solcher Geräte sicherstellen.“ In Düsseldorf gab es den bisher spektakulärsten Fall, als 2006 einem Schmuck-Großhändler Juwelen im Wert von einer Million Euro aus dem Kofferraum gestohlen wurden. „Seither haben wir weniger Vorbehalte, wenn uns solche Diebstähle gemeldet werden“, sagt Niesczery.

Ladendiebe nutzen Störsender auch gerne

Manchmal genügt auch ein einfacher Garagenöffner als Störfunker. Ein solches Teil wurde bei einer Bande aus Frankfurt gefunden, die in den Jahren 2009 und 2010 auch in den Landkreisen Ludwigsburg und Esslingen zugeschlagen hatte. Der Wert der Beute wurde dabei auf mindestens 46 000 Euro geschätzt. Die slowakisch-deutsche Gruppierung, zwei Ehepaare im Alter von 28 und 31 beziehungsweise 50 und 56 Jahren, hatte nach Erkenntnissen der Ermittler bundesweit 400 Opfer gefunden und 200 000 Euro Schaden angerichtet.

Die Störsender, in Fachkreisen auch auf Englisch Jammer („Blockierer“) genannt, werden offenbar auch verstärkt von Ladendieben eingesetzt. „Man wundert sich schon nicht mehr darüber, was es alles gibt“, sagt der Darmstädter Polizeisprecher Ferdinand Derigs. Bei der Festnahme eines 47-Jährigen, der zwei Damenjacken aus einem Bekleidungsgeschäft mitgehen lassen wollte, wurde ein Störsender gefunden, der das Signal der elektronischen Warensicherung überdeckte. Allerdings war der Dieb schon vorher zwei Detektiven aufgefallen.

Zu dem Stuttgarter Fall, der sich am Donnerstag zwischen 19.25 und 20.05 Uhr in der Stephangarage abspielte, sucht die Polizei noch Zeugen. Hinweise über Telefon 07 11 / 89 90 - 31 00. Die beste Vorbeugung: Vorm Weggehen kurz am Türgriff ziehen.