Daimler-Chef Ola Källenius setzt auf Luxus, Tradition und E-Autos. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Erträge brechen weg, die Branche wandelt sich. In dieser Lage hat Daimler nun eine Pkw-Strategie aufgesetzt, die viele E-Autos vorsieht – und eine Rückbesinnung auf die Traditionsmarken. Diese hält Konzernchef Källenius für einen ungehobenen Schatz.

Stuttgart - Nicht nur durch die Coronakrise hat sich die Lage von Mercedes verschlechtert, auch die Handelshürden, die schon zuvor schwache Weltkonjunktur und die Kosten neuer Technologien haben aufs Ergebnis gedrückt. Daimler-Chef Ola Källenius will die Ertragslage der Pkw-Sparte des Konzerns nun nachhaltig verbessern und hat die Sparte strategisch neu ausgerichtet.

Abkehr von Zetsches Weg

Die Strategie ist eine deutliche Abkehr von dem Weg, den der ehemalige Daimler-Chef Dieter Zetsche einst eingeschlagen hatte. Zetsche hatte stark auf die Erweiterung der Produktvarianten im Kompaktsegment gesetzt, also bei Modellen wie der A-Klasse, um durch hohe Stückzahlen Entwicklungskosten auf möglichst viele Fahrzeuge umzulegen und außerdem jüngere Kunden mit zunächst kleinerem Geldbeutel für die Marke zu gewinnen. Källenius will Mercedes nun höher positionieren und stärker im Luxussegment präsent sein. „Wir wollen nicht Volumen um jeden Preis erzielen“, sagte Finanzchef Harald Wilhelm bei einer virtuellen Analysten- und Investorenkonferenz.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die einzelnen Modelle stärker als bisher intern um die Zuweisung von Kapital konkurrieren. Dabei sollen diejenigen Modelle die besten Chancen haben, die die besten Renditen versprechen – also eher die Modelle im oberen und luxuriösen Segment. Zugleich will man die Messlatte höher legen, die von Investitionen genommen werden müssen. Dabei geht es aber weniger um die bestehenden Modelle, sondern eher um die künftige Produktpalette. Diese Änderung erfordere einen Kulturwandel, der jetzt beginne, sagte Wilhelm.

Marke Maybach ist unterbewertet

Während ein Teil der unter Zetsche geförderten Baureihen eher an den Rand gedrängt wird, werden andere Marken stärker aktiviert als es unter Zetsche der Fall war. So hält Källenius die Marke Maybach bisher im Konzern für völlig unterbewertet. Sie habe ein riesiges Potenzial, nicht nur in China, wo sie bereits eine starke Position einnehme. Maybach soll künftig für „anspruchsvollen Luxus“ stehen und eine wichtigere Rolle einnehmen. Auch die Geländewagenmarke „G“ soll an Bedeutung gewinnen – als Marke für „Abenteuer, auch Abenteuer in der Stadt“. Die Marke AMG wird für „leistungsorientierten Luxus“ stehen und soll ebenso wie die anderen Untermarken elektrifiziert werden. Zu den Marken im Fokus gehört weiter die Marke EQ, unter der Daimler reine Elektrofahrzeuge verkauft.

Stark forcieren will der Konzern die Elektromobilität. Nach Angaben von Produktionschef Markus Schäfer halte man sich bereit, den Anteil der Elektrofahrzeuge einmal auf bis zu hundert Prozent auszubauen – falls nötig.

Gewinn geht vor Menge

Die neue Strategie soll Daimler eine bessere Position bei der Durchsetzung seiner Preise verschaffen und dazu beitragen, den Ertrag zu verbessern. Es gebe immer einen Zielkonflikt zwischen der Menge, den verlangten Preisen und den Gewinnen. „Wir haben uns dafür entschieden, den Gewinn an die erste Stelle zu setzen“, sagte Finanzchef Wilhelm.

Ein wichtiger Teil der Strategie ist auch, durch eine bessere Kundenbindung die laufenden Umsätze zu steigern. Es reicht nicht, den Kunden einmal ein Auto zu verkaufen, sagte Vertriebschefin Britta Seeger. Um die Kundenbeziehung zu stärken und ertragreicher zu machen, setzt man auf die Nutzung und Analyse von Daten, die eine personalisierte Ansprache ermöglichen. Außerdem soll der Online-Verkauf ausgebaut werden. Besonders ehrgeizig sind die Ziele bei digitalen Dienstleistungen, mit denen der Konzern bis 2025 eine Milliarde zusätzlichen Gewinn wirtschaften will.

Positive Nachricht beim Absatz

Neues zum geplanten Jobabbau gab Daimler nicht bekannt. Der Konzern will eine fünfstellige Zahl von Arbeitsplätzen abbauen, um sich auf sinkende Erträge einzustellen. Die Kostenziele jedenfalls sind ehrgeizig: Bis 2025 sollen die festen Kosten um mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken.

Just zur Analystenkonferenz gibt es allerdings auch eine positive Nachricht: Dank einer kräftigen Erholung in China verkaufte der Konzern im dritten Quartal vier Prozent mehr Autos als im gleichen Quartal des Vorjahres – also vor Corona.