Reid Anderson (zweiter von rechts) im Kreis seiner Stuttgarter Intendantenkollegen Armin Petras, Jossi Wieler und Marc-Oliver Hendriks (von links) Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zum 20. Mal blickt Reid Anderson als Intendant des Stuttgarter Balletts auf die kommende Saison. Und doch ist bei der Spielplankonferenz im Foyer des Schauspielhauses am Dienstag nicht alles wie gehabt: Acht Tänzer verlassen die Kompanie, das sind auffallend viele.

Stuttgart - Der Stuttgarter Ballettintendant ist ein positiver Mensch und kann auch schlechten Nachrichten gute Seiten abgewinnen. „Natürlich ist es traurig, wenn Tänzer weggehen“, sagt Reid Anderson am Dienstag im Foyer des Schauspielhauses – zumal, wenn Solisten wie Alexander Jones und Rachele Buriassi darunter sind. „Aber die werden uns fantastisch in der ganzen Welt repräsentieren.“ In Boston, Tulsa und Zürich zum Beispiel. Was sie in die Ferne treibt – der bevorstehende Intendantenwechsel 2018 oder die Neuregelung der bayerischen Versorgungskammer, die Tänzer nach Karriereende beim Übergang in andere Berufe unterstützt – , bleibt vorerst offen.

Viele Neuzugänge sorgen für eine der guten Ballett-Nachrichten an diesem Morgen. „Zwei Drittel der Kompanie kommen nun aus der Cranko-Schule“, freut sich Anderson über den Erfolg der Talentschmiede. Dass der Intendant nächste Saison in seine 20. Spielzeit in Stuttgart geht, ist Anlass für ein Fest, ja sogar eine ganze Festwoche im Juli 2016. Einer der drei Gala-Abende, „The Next Generation“ heißt er, wird Beiträge von Kompanien versammeln, die von Stuttgarter Tänzern geführt werden, von Filip Barankiewicz in Prag, Bridget Breiner in Gelsenkirchen oder Eric Gauthier am Theaterhaus. Und vielleicht sitzt dann ja der zukünftige Intendant des Stuttgarter Balletts mit auf dem Podium, wenn die nächste Generation über ihre Visionen spricht. „Wir wollen zeigen“, so Anderson, „wo wir hingehen, was wir für eine Zukunft haben.“

Mit in Stuttgart wohlbekannten Namen bespielt Anderson sein Jubiläumsjahr. „Kylián, van Manen, Cranko“ gehört am 27. Oktober die erste Premiere. Schön, dass mit „Variations for two couples“ ein neues Stück des Holländers ins Repertoire kommt, schade, dass Kylián wieder mit „Vergessenes Land“ dabei ist – und nicht mal mit einem anderen Stück aus dem Repertoire wie „Stepping Stones“. Crankos Klimt-Ballett „Poème de l’extase“ macht den Abend komplett. Eine Erstaufführung von William Forsythe eröffnet die nächste Premiere am 29. Januar: „The second detail“ entstand für Andersons vorherige Kompanie, das kanadische Staatsballett , dazu gibt es die „Siebte Sinfonie“ von Uwe Scholz und Neues von Marco Goecke.

Überhaupt sind in der nächsten Saison die Stuttgarter ihres eigenen Glückes Schmied. Neben Marco Goecke wird auch der zweite Haus-Choreograf Demis Volpi Neues beisteuern und am 10. Juni 2016 Oscar Wildes „Salome“ abendfüllend zum Tanzen bringen. Wie bei seinem Balletthit „Krabat“ ist Katharina Schlipf für die Ausstattung verantwortlich. Davor steuert Katarzyna Kozielska eine Uraufführung zum Abend „Kammerballette“ bei, der am 4. März van Manens titelgebendes Stück erstmals in Stuttgart zeigt sowie Glen Tetleys „Arena“ zurück auf die Bühne holt. Die Entstehung eines Balletts von Louis Stiens kann man im Rahmen von „Blick hinter die Kulissen“ vom 19. bis zum 24. April mitverfolgen.

Eine Gastspielreise führt das Stuttgarter Ballett im November für mehrere Wochen nach Korea und Japan, zum Trost für das verwaiste Publikum daheim hat Reid Anderson das Béjart-Ballett aus Lausanne für drei Abende eingeladen. Im Mai werden die Stuttgarter dann erstmals eine Vorstellung bei den Pfingstfestspielen in Salzburg tanzen. Leiterin Cecilia Bartoli, erzählt Anderson, habe ihn persönlich angerufen: „Wer kann da schon Nein sagen?“