Der Präsident des Verbandes deutscher Privatschulen, Michael Büchler, Maximilian Engel, Professor Hartwig Riedel und IFB-Geschäftsführer Christian Engel (v.l.) bei der Einweihung des neuen Progenius-Schulgebäudes an der Maybachstraße. Foto: Georg Friedel

An der Maybachstraße ist eine neue private Berufsschule entstanden. Die Investitionskosten für das Projekt betragen rund 7,7 Millionen Euro. In dem fünfgeschossigen Gebäude gibt es 14 Klassenzimmer, darunter auch Fachräume für IT und Naturwissenschaften.

Feuerbach - Mit Else Kombrecht-Engel fing alles an. Die gebürtige Stuttgarterin war beruflich erfolgreich, emanzipiert und an der Schreibmaschine eine echte Virtuosin. Bei Tipp-Wettbewerben hämmerten ihre Finger derart schnell und zielsicher auf die Tasten ein, dass andere Konkurrenten aus dem Schnellschreib-Metier das Nachsehen hatten. Fakt ist: „Tante Else war deutsche Meisterin im Schreibmaschinenschnellschreiben“, berichtete Christian Engel am Dienstag bei der Einweihung der privaten beruflichen Schule „ProGenius“ an der Maybachstraße 53 aus der Vita seiner Verwandten. Ob „Tante Else“ ihren Titel auf einer deutschen Triumph gewann, weiß er allerdings nicht mehr. Aber offenbar war sie auch in einem anderen Fach eine absolute Koryphäe. Ihr wurde nämlich in den Gründerjahren der Bundesrepublik Ende der 1940er Jahre oder Anfang der 1950er Jahre die Stelle als Parlamentsstenografin im Deutschen Bundestag in Bonn angeboten, berichtete Engel weiter. Sie nahm diesen Job aber nicht an. Lieber engagierte sie sich weiter in der Berufsbildung in ihrem später Wohnort Heidenheim. 1945 gründete sie „in Heidenheim an der Brenz die erste Privatschule für Schreibmaschine und Stenografie“, sagte Engel.

Der Gründergeist lebt weite

Der Gründergeist von „Tante Else“ lebte aber offenbar weiter. Im Jahr 1992 gründete Christian Engel das gemeinnützige Institut für Berufsbildung Dr. Engel GmbH (IFB). Der promovierte Betriebswirt und Unternehmer ist gleichzeitig der Geschäftsführer des IFB, das unter dem Markennamen ProGenius Berufsschulen im gesamten süddeutschen Raum betreibt. Sein Bruder, sein Neffe und sein Sohn Maximilian arbeiten in der Geschäftsführung des IFB ebenfalls mit. Ein echtes Familienunternehmen also – und fast schon in der dritten Generation. Offenbar sind Privatschulen ein prosperierender Markt. Denn neben 14 privaten beruflichen Schulen betreibt das Unternehmen unter den Markennamen „PoliGenius“ inzwischen auch eine Grundschule in Schwäbisch Gmünd und eine Grund- und Realschule sowie ein G9-Gymnasium in Ulm. Außerdem gibt es auch drei private Kindertagesstätten.

Die neue Berufsschule des IFB in Feuerbach ist das jüngste Projekt. Sie bietet neben einem staatlich anerkannten Abschluss für ein dreijähriges sozial- und gesundheitswissenschaftliches Gymnasium auch ein zweijähriges kaufmännisches Berufskolleg für die Fremdsprachen Englisch und Spanisch an. Die Kosten für das Bauprojekt betrugen rund 7,7 Millionen Euro. In dem fünfgeschossigen Gebäude gibt es 14 Klassenzimmer, darunter auch Fachräume für IT und Naturwissenschaften. Die Schülerzahl liegt bei 280. Insgesamt unterrichten dort 26 Lehrkräfte. Eine weiterer Progenius-Schulstandort befindet sich an der Olgastraße 86 in Stuttgart-Süd.

Unterfinanzierung beim Bildungswesen

Am Dienstag wurde an der Maybachstraße 53 ganz in der Nähe des Theaterhauses der Neubau eingeweiht. Zu dem Festakt waren neben dem Sozialbürgermeister Werner Wölfle auch der Präsident des Verbandes Deutscher Privatschulen, Michael Büchler, und Professor Hartwig Riedel vom Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerfortbildung in Stuttgart gekommen. Wölfle sagte, er wisse um die Bedeutung der Privatschulen in der heutigen Zeit. Seine Nichte habe bei Progenius ihr Abitur gemacht. Er betonte, früher sei eher „die Elite auf Privatschulen“ gegangen, das sei inzwischen anders.

„Wir haben eine chronische Unterfinanzierung von Bildung in Deutschland“, sagte Hartwig Riedel vom staatlichen Seminar in seinem Fachvortrag über die Herausforderungen für die Schulen der Zukunft. Die Ausstattung an dieser Schule sei ein Beispiel dafür, wie es sein sollte, betonte der Fachleiter, der angehende Gymnasiallehrer in den Fächern Geschichte, Politik, Wirtschaft und Geographie ausbildet. Eine Privatschule wie diese biete „auch Bildung für diejenigen an, die keine Chancen im staatlichen System hätten“. Entsprechend würden die Lehrer hier „nicht nur die guten, sondern auch die schlechten Schüler“ unterrichten. Zu den anwesenden Lehrern sagte Riedel: „Sie leisten sehr, sehr viel.“