Die preisgekrönte Nordbahntrasse in Wuppertal könnte ein Modell für Heilbronn werden: Ein Radweg als städtische Attraktion.
Heilbronn - Bekommt Heilbronn mit dem „Erlebnisweg Lerchenbergtunnel“ im Osten der Stadt eine Freizeit-Attraktion? Der seit Jahren stillgelegte Eisenbahntunnel könnte zu einem Teil des Radweges von Heidelberg bis ins Bottwartal werden, der die beiden Dichterstädte Lauffen (Friedrich Hölderlin) und Marbach (Friedrich Schiller) miteinander verbindet.
Die Strecke durch den Lerchenbergtunnels könnte ein Teil davon werden – ein Radweg und künstlerisch gestalteter Erlebnisraum. Das Vorbild ist die Nordbahntrasse in Wuppertal, einer ehemaligen Kohlebahntrasse und ein 23 Kilometer langer Abschnitt des Ruhrwanderwegs wurde. Die Strecke nutzen Spaziergänger, Radler und Skater gleichermaßen, eine junge und alternative Kunstszene und Gastronomie hat sich an den Rändern angesiedelt. Inzwischen ist die Nordbahntrasse ein vielfach preisgekröntes Freizeitgelände.
Eine Strecke für Radler, Skater und mehr
Auch auf Heilbronn würde sich ein solcher Radweg positiv auswirken, glaubt eine örtliche Bürgerinitiative, die sich für den Erlebnisweg Lerchenbergtunnel stark macht. Für sie sind nicht allein touristische Aspekte ausschlaggebend. Die Trasse könne überdies das neue Wohngebiet Südbahnhof besser und umweltfreundlich an den Rest der Stadt anbinden und sei ein sicherer und angenehmer Schulweg, denn Steigungen gibt es entlang des Neckarufers nicht. Lange standen für das Projekt die Zeichen nicht gut. Doch die Bürgerinitiative ist inzwischen ein Verein, und als solcher kann sie beginnen, Spenden für ein Gutachten über die Trasse zu sammeln. 20 000 Euro plus x sind für die Studie veranschlagt. Und alles andere scheint sich ohnehin bestens zu fügen: Die Trasse und der Tunnel sind in einem relativ guten Zustand, die Bahn hat Verkaufswilligkeit in einem vernünftigen Kostenrahmen signalisiert, und vor allem: Die Landes-Töpfe für die Radwege sind gut gefüllt.
Nach anfänglicher Ablehnung durch die Heilbronner Verwaltungsspitze hält sie sich offiziell noch zurück, hat das Thema aber inzwischen auf der Agenda. Eine treibende Kraft bei dem Ausbau-Projekt ist der Grünen-Stadtrat Wolf Theilacker. Als er sich dieser Tage mit einer kleinen Delegation zu einer Inforeise nach Wuppertal aufmachte, war auch ein leitender Mitarbeiter des Straßenbauamtes dabei.
Wuppertal macht es vor
Die Nordbahntrasse, so heißt es in Wuppertal, habe einen Innovationsschub für die Stadt gebracht. Auch verkehrstechnisch sei sie ein Gewinn: 22 000 Kinder hätten nun einen sicheren Schulweg zu Fuß und per Rad. Gegner des Projekts hatten befürchtet, die Strecke werde aus Angst vor kriminellen Umtrieben nicht angenommen. Die Stadt steuerte aber mit einem energiesparenden und zugleich künstlerischen Lichtkonzept entgegen. Das alles erläuterte der Delegation ein Schwabe, der vor Jahren von Kirchheim im Kreis Esslingen nach Wuppertal gekommen war: der Projektleiter Rainer Widmann, ein inzwischen im Ruhestand lebender Architekt und Stadtplaner, der die Entwicklung der Trasse von der Idee im Jahr 1997 bis heute mitgetragen hat.
Die Heilbronner Delegation hat etliche Lehren mitgenommen. Widmann schaute in seinen Ausführungen aber auch nach Stuttgart. Wuppertal hat eine ähnliche Topografie, in beiden Städten lag der Anteil des Rads am Verkehrsaufkommen Anfang 2000 bei einem Prozent. Stolz weist Widmann darauf hin, dass er sich in Wuppertal inzwischen verdreifacht habe – auch dank der fast kreuzungsfreien und flachen Nordbahntrasse. In Stuttgart sei der Anteil des Radverkehrs dagegen unverändert gering.
Was eine arme Stadt stemmen kann
35 Millionen Euro hat die Nordbahntrasse bisher verschlungen, nur 5,7 Millionen davon musste die Stadt schultern – ein Beispiel dafür, dass auch eine arme Stadt ein solches Projekt finanziell stemmen kann. Der Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke trug der Heilbronner Delegation denn auch auf, seinem Amtskollegen im Süden zu sagen: „Macht das, das ist für die Stadt gut, auch wenn die Verwaltung keine Lust hat, das legt sich!“