So werden Bio-Möhren geeerntet. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Gemüse aus solidarischer Landwirtschaft soll Erzeuger und Verbraucher enger zusammenführen. Jetzt gibt es in Benningen und Marbach neue Angebote für Bio-Produkte.

Marbach/Benningen - Die Idee einer gemeinsam getragenen kleinbäuerlichen Landwirtschaft kommt ursprünglich aus Japan. Weil dort viele Verbraucher über das Angebot an Obst und Gemüse derart unzufrieden waren, schlossen sie sich zusammen und beauftragten einen Landwirt ihres Vertrauens mit dem Anbau von Obst und Gemüse. Das war die Geburtsstunde der solidarischen Landwirtschaft, kurz Solawi genannt. Über Japan, die Schweiz und die USA verbreitete sich dann diese Idee und kam vor ungefähr 30 Jahren nach Deutschland. Kern der Idee: Man kauft also nicht mehr nur Gemüse ein, sondern beauftragt und beteiligt sich an den finanziellen Kosten seines Landwirts oder Gärtners.

Maya und Ralf Esch wollen nun Mitte November in ihrem neu öffnenden Unverpackt-Laden in Benningen oder Umgebung eine Verteilstelle für Biogemüse schaffen. Noch fehlt ihnen dazu aber geeigneter Raum. Das Biogemüse kommt dann von Florian Keimer aus Großhöchberg. Er ist Gärtner aus Überzeugung und Leidenschaft. Seit dem Jahr 2014 wirtschaftet der 41-Jährige bereits so. Neben klassischen Vertriebswegen über Wochenmärkte, Restaurants und Hofläden teilt er die Ernte anteilig mit 120 Mitgliedern nach dem Solawi-Prinzip. Die sieben Hektar große Gärtnerei wirtschaftet nach dem Demeter-Standard und unterwirft sich damit einem der anspruchsvollsten Biogütesiegel. Doch ganz zu Beginn nach der Übernahme der Gärtnerei stand Keimer wie viele Betriebe wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand und wie er es formuliert, vor der existenziellen Frage: „Wachsen oder weichen?“ Da traf es sich gut, als eine Mitarbeiterin von der Idee ihres bisherigen Gärtnereibetriebs berichtete, wie dort solidarisch gewirtschaftet und damit kleinbäuerliche Landwirtschaft erhalten und gefördert wurde. „Die Landwirtschaft wird finanziert – und nicht das Lebensmittel“, bringt es Keimer auf den Punkt.

Wie sieht nun die traditionelle Landwirtschaft das neue Angebot? Florian Petschl ist selbst Landwirt in Marbach und stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbandes. Petschl wirtschaftet konventionell, empfindet aber ein solches Gemüseangebot aus solidarischer Landwirtschaft als Bereicherung für alle. Ihm persönlich ist seine gläserne Produktion ausreichend und er setzt verstärkt auf den Dialog mit den Verbrauchern. „Gerade in Corona-Zeiten hätten viele Menschen wieder den Wert von lokalen und regionalen Erzeugnissen schätzen gelernt“, meint er. Denn viele Landwirte bieten ebenso Erzeugnisse nach biologischen Standards von Bioland, Demeter, Ecovin, EU-Biostandard oder Naturland an. Da ist die Orientierung nicht leicht, was denn nun die richtige Wahl ist. „Auch wir würden uns eine einheitlichere Kennzeichnung wünschen, vor allem EU-weit“, schildert Jan Schwarting als Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes treffend die Nöte vieler Verbraucher. Das Interesse an Bio-Gemüse ist groß: Allerdings gäbe es auch natürliche Grenzen beim Preis, schildert Schwarting. Der Wunsch nach Bio sei das Eine, was an der Kasse dann auf dem Band liegt, das Andere. Und oft würde aus Preisgründen dann doch wieder nach dem konventionellen Angebot gegriffen.

Zukünftig hat also der Verbraucher in Marbach und Umgebung eine noch größere Auswahl an frischen gesunden Lebensmitteln und vor allem, wo er zu welchen Erzeugerstandards einkauft. Gleichzeitig fördert er lokale landwirtschaftliche Betriebe und „gibt Lebensmitteln nicht nur einen Preis, sondern ihren Wert zurück“, ist Keimer überzeugt. „Dafür ist der Bedarf in Marbach da“, ist sich Petschl sicher. „Und das ist wertvoll für uns alle“, begrüßt er jedes neue, lokal und regional wertvolle Angebot.