Szene aus „Salamandra“ Foto: Victor Juca Fotografia/Victor Jucá

Alex Carvalho erzählt in „Salamandra“ von unüberwindbaren sozialen Gräben und der Erweckung einer weißen Frau in Brasilien – am 27. Juli kommt das Drama ins Kino.

Eine ältere, weiße Frau und ein junger, schwarzer Mann – das kann keine aufrichtige Liebe zweier gleichberechtigter Partner werden, lautet ein altes Vorurteil. In Alex Carvalhos Drama „Salamandra“ pfeift die Französin Cathérine (Marina Foïs) auf solche Klischees und lässt sich an einem brasilianischen Strand mit dem einheimischen Gil (Maicon Rodrigues) ein. Obwohl Cathérine kein Wort Portugiesisch spricht und Gil weder Französisch noch Englisch versteht, bauen die beiden schnell eine intensive Verbindung zueinander auf. Cathérine, erzählt Carvalho, ist nach dem Tod ihres Vaters, den sie lange gepflegt hat, besonders empfänglich für Zuneigung. Das Verhältnis zu ihrer Schwester Aude (Anna Mouglalis) ist unterkühlt, auch, weil Audes Mann (Bruno Garcia) Cathérine nicht bei sich haben will. Die Beziehung zwischen ihr und Gil ist dagegen aufrichtig, denkt Cathérine, bis Gil auf die Idee kommt, einen alten Club zu mieten, mit Cathérine als Geschäftspartnerin.

Machtansprüche und Abhängigkeiten

Alex Carvalho adaptiert den Roman „Le Salamandre“ des Arztes und Schriftstellers Jean-Christophe Rufin, der als Vizepräsident sowohl für Ärzte ohne Grenzen als auch für die Menschenrechtsgesellschaft Action contre la Faim gearbeitet hat und sich in seinen Büchern mit den Problemen von Entwicklungs- und Schwellenländern beschäftigt. Deshalb liegt der Fokus dieser Erzählung auch nicht auf den romantischen Aspekten einer unkonventionellen Liebe. Stattdessen schildert Alex Carvalho, wie sich zwischen Cathérine und Gil ein recht komplexes Verhältnis aus gegenseitigen Machtansprüchen und Abhängigkeiten entwickelt, befeuert vom sozialen Umfeld, das dem Paar keine echte Beziehung zugestehen will und an dessen Ausbeutung maßgeblich beteiligt ist.

Ein Arbeitgeber namens Pacha

Gil ist nicht nur abhängig von Cathérines Zuwendung, sondern vor allem vom Wohl und Weh seines weißen Arbeitgebers mit dem bezeichnenden Namen Pacha (Allan Souza Lima). Für dessen Eltern arbeitete Gils Mutter bis zu ihrem Tod, Pacha und Gil wuchsen wie Brüder auf, beteuert Pacha gegenüber Cathérine. In Wahrheit schickt Pacha Gil auf Beutezüge in alte Kirchen, damit er die Raubkunst teuer verscherbeln kann. Carvalho legt nahe, dass Gil auch nicht aus eigenem Antrieb die viel ältere Cathérine angesprochen hat, sondern auf Anweisung von Pacha – mit finanziellem Hintergedanken. Alex Carvalho erzählt all das in sparsamen Dialogen und in teils langen, wortlosen Einstellungen, in denen sich Cathérine im Spiegel betrachtet oder mit den Zehen den Sand zerfurcht. Manchmal wirkt die Kontrastierung von schwarzer und weißer Lebenswelt zu schematisch, und der von der MFG Baden-Württemberg geförderte Film konzentriert sich in letzter Konsequenz auch zu sehr auf das Erweckungserlebnis der weißen Frau, die sich in eine Liebe stürzt wie der titelgebende Salamander ins Feuer, um erneuert daraus hervorzugehen.

Die Frage, ob sich soziale Gräben überhaupt überwinden lassen, spielt plötzlich keine Rolle mehr.

Salamandra. BRA/D/F 2023. Regie: Alex Carvalho. Mit Marina Foïs, Maicon Rodrigues. 117 Minuten. Ab 16 Jahren. Stuttgart-Premiere am 27.7. um 20 Uhr im Atelier am Bollwerk mit dem Stuttgarter Filmproduzenten Sven Schnell.