Szene aus „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ Foto: Leonine Distribution

Die Gallier sind zurück: Das neue Realfilmabenteuer „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ nimmt unübersehbar den chinesischen Markt ins Visier. Mit dabei als Gast: der Fußballstar Zlatan Ibrahimovic.

Wunderschön ist Gallien! Das wissen nicht nur die 1959 vom Autor- und Zeichnerduo René Goscinny und Albert Uderzo erschaffenen Ur-Gallier Asterix und Obelix zu schätzen, sondern auch mehrere Generationen von Comicfans.

Doch im Jahr 2023 nach Christus reicht es eben nicht, in Erinnerungen an vergangene Wildschweinjagden, Sauf- und Fressgelage, lustige Massenprügeleien und andere typisch gallische Vergnügungen zu schwelgen. Zwar erscheinen regelmäßig weitere Comicbände, wie zuletzt „Der Greif“, Asterix und Obelix sind seit Langem jedoch auch Filmstars, unterwegs sowohl in animierter als auch in durch lebendige Schauspieler verkörperter Form. Das letzte Realfilmabenteuer, „Im Auftrag ihrer Majestät“ ist allerdings schon zehn Jahre alt. Dass nun endlich der neueste Teil „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ mit dem Regisseur Guillaume Canet und Gilles Lellouche in den Titelrollen in die Kinos kommt, scheint also längst überfällig. Ob der Ausflug der mutigen Krieger ins weit entfernte China aber auch Fans der guten alten Geschichten überzeugen kann?

Witzige Figuren, klarer Konflikt, viel Action

Gerufen werden die beiden von der chinesischen Kaiserinnentochter Fu-Yi (Julie Chen), deren Mutter vom Intriganten Deng Tsin Quin (Bun Hay Mean) gekidnappt wurde. Der will die Macht in China an sich reißen, unterstützt von Cäsar (Vincent Cassel), der eine Auszeit braucht vom ständigen Zoff mit Gattin Cleopatra (Marion Cotillard) und seine eigene Imperatorenagenda verfolgt. Während Deng Tsin Quin die Römer hinter sich sammelt, werden Asterix und Obelix vom mächtig in Fu-Yi verknallten Händler Graindemaïs (Jonathan Cohen) und der in chinesischer Kampfkunst erprobten Leibwächterin Tat Han (Leanna Chea) begleitet.

Von den Grundzügen her besitzt der diesmal nicht auf einem Originalcomic beruhende Film alles, was ein typisches Asterix-Abenteuer auszeichnet: witzige Figuren, einen klar umrissenen Konflikt, vertraute wie frische Elemente, Action und eine Menge Situationskomik.

Gilles Lellouche gibt einen erstaunlich schlanken Obelix

Die Rezeptur geht diesmal nur nicht ganz auf. Das prominente Ensemble verkörpert die Charaktere zwar überzeugend – auch wenn Lellouche einen erstaunlich schlanken Obelix gibt. Die teils allzu flachen Witze und besonders die nicht zu übersehende Prämisse, dass der Film auf die Interessen eines chinesischen Publikums zielt, um so vielleicht einen neuen, riesigen Markt zu erobern, schmälern aber das Vergnügen.

Man kann darüber schmunzeln, dass Sunzis Strategieklassiker „Die Kunst des Krieges“ (500 v. Chr.) gelobt und Tat Hans virtuose Kung-Fu-Technik der rustikalen Prügelpraxis der Gallier als überlegen dargestellt wird. Zumal Tat Han ganz ohne Dopinghilfe durch einen Zaubertrank auskommt. Wenn am Ende des Films die inzwischen befreite chinesische Kaiserin mit einer übermächtigen, eine Millionen Mann starken Volksarmee den plötzlich erstaunlich kleinlauten Cäsar in die Flucht schlägt, stellt sich dann doch die Frage, wie harmlos das im Kontext aktueller politischer Entwicklungen zu sehen ist.

Chinas Bestreben, die Geschichte umzuschreiben

Und wenn Obelix beim ausgelassenen Freudentanz die von ihm bewunderte Tat Han bis ins All schleudert, wirkt auch das angesichts der Vorstöße Chinas in der Entwicklung neuer Raumfahrttechnologien plötzlich viel weniger unschuldig. In jedem Asterix-Abenteuer stecken Versatzstücke der modernen Welt, diesmal geht es offenkundig um Chinas Bestreben, die eigene Geschichte um- und neu zu schreiben: vom wieder erstarkten Bewusstsein um die einstige politische und kulturelle Vormachtstellung während der Kaiserdynastien bis hin zum Wunsch, sich mit Technik, Forschung und militärischer Größe wieder an die Weltspitze zu setzen.

Beeindruckende Martial-Arts-Szenen

Ein sehr junges Publikum wird diese Hinweise nicht verstehen, genauso wenig wie die oft auf Erwachsene zugeschnittene Situationskomik, die aktuelle Fragen wie die nach der Rechtmäßigkeit kultureller Aneignung verhandelt. So versucht der Phönizier Graindemaïs als gallischer Händler durchzugehen, indem er sich das krause Haar blond färbt und zu Zöpfen flicht. Phönizien lag damals auf dem Gebiet der heutigen Staaten Israel, Libanon und Syrien. Was das aber genau bedeutet und was daran lustig sein soll, begreifen Kinder wohl nur nach umständlicher Erklärung.

Spaß machen vor allem die hohen Schauwerte, beeindruckende Martial-Arts-Szenen und Gastschauspieler wie der schwedische Fußballer Zlatan Ibrahimovic. Es bleibt das mulmige Gefühl, die Filmemacher hätten ihre Helden vor allem nach China entsandt, damit die ein paar Sesterzen mehr mit nach Hause bringen.

Asterix & Obelix im Reich der Mitte: Frankreich 2023. Regie: Guillaume Canet. Mit Gilles Lellouche, Julie Chen, Vincent Cassel, Marion Cotillard. 112 Minuten. Ab 6 Jahren.

Pierre Richard gibt Miraculix

Comics
Seit dem ersten Abenteuer „Asterix der Gallier“ sind weitere 38 Bände erschienen. Autor René Goscinny verstarb 1977, ab Band Nr. 25, „Der große Graben“, schrieb Zeichner Albert Uderzo auch die Texte. Von 2013 bis 2021 brachte Jean-Yves Ferri neue Alben heraus. Band 40 erscheint im Oktober 2023, diesmal von Autor Fabrice Caro.

Filme
Es gibt zehn Trickfilme, „Im Reich der Mitte“ ist der fünfte Teil der Realfilmreihe. Eigentlich sollte in China gedreht werden, aufgrund der Pandemie wurden die Arbeiten aber in Frankreich und Marokko fertig gestellt. In den ersten vier Realfilmen verkörperte Gérard Depardieu den beleibten Obelix, Gilles Lellouche ist schlanker, aber nicht weniger überzeugend. Witzig: Pierre Richard als Druide Miraculix, Vincent Cassel als Cäsar und Brieftauben als Smartphones.