Valentin Postlmayr als Oskar Kokoschka und Emily Cox als Alma Mahler Foto: -/Alamode Film/Aliocha Merker

Filme über berühmte Künstlerpersönlichkeiten sind heikel, weil sie oft an Klischees hängen. Ob das im Fall des Biopics „Alma und Oskar“, das jetzt ins Kino kommt, anders ist?

Ach, diese Künstler! Mit ihren exaltierten Sitten, ihrer Leidenschaft und Genialität lassen sie all die Normalsterblichen blass aussehen. Genau das macht sie so interessant fürs Kino.

Affären aus Frust

Völlig von der Hand weisen lassen sich Klischees und Vorurteile ja auch nicht, betrachtet man die Lebenswege von Vincent van Gogh oder Frida Kahlo, die komplizierte Beziehung zwischen Auguste Rodin und Camille Claudel, die Suche des einstigen Börsenmaklers Paul Gauguin nach einem irdischen Paradies – es sind extreme Biografien, fast zu bizarr, um wahr zu sein. Dem Oberflächenreiz des Extremen erliegt nun auch Dieter Berner mit seiner Künstlerromanze „Alma und Oskar“.

Kokoschka sticht alle aus

Die ist im Wien der unmittelbaren Vorkriegszeit zwischen 1911 und 1914 angesiedelt, als der Komponist Gustav Mahler en vogue ist. Mahler (Marcello de Nardo) ist, so erzählt es Berner, hauptsächlich auf das eigene Schaffen konzentriert, was dessen wesentlich jüngere, ebenfalls als Musikerin ambitionierte Frau Alma (Emily Cox) die Wände hochtreibt. Aus Frust unterhält sie verschiedene Affären, etwa zum Bauhaus-Begründer Walter Gropius (Anton von Lucke), den sie später sogar heiraten wird. Als Alma aber kurz nach Gustavs Tod den jungen Maleravantgardisten Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr) kennenlernt, zeigt sie Gropius und etlichen anderen Verehrern die kalte Schulter.

„Eine große Dame – und eine Kloake“

Die Eckdaten stimmen, Alma Mahlers Biografie und die ihrer Bekannten, Freunde und Verehrer sind gut dokumentiert. Alma galt in der Wiener Kunstszene als selbstbewusste Förderin, die Menschen miteinander vernetzte. Andererseits gab es auch bösen Klatsch über sie, Aussprüche wie den der Schriftstellerin Gina Kaus, die schrieb, Alma sei „ der schlechteste Mensch“ gewesen, den sie je gekannt habe. Und selbst ihre Freundin Marietta Torberg meinte: „Sie war eine große Dame und zugleich eine Kloake.“ Diese historisch verbürgten Lästereien könnten Dieter Berners Bild von Alma Mahler beeinflusst haben. Denn Alma – und auch ihr Liebhaber Oskar Kokoschka – sind im Film unsympathische, schwierige Querköpfe, deren Kunst und Ideen keine Rolle spielen. Stattdessen zeigt Berner immer wieder den wilden Sex, den das Paar in Oskars schummrig ausgeleuchtetem Atelier genießt, so lüstern wie verschämt, mit Fokus auf den ästhetisch drapierten Körpern, der heftigen Stoßatmung und den Schweißperlen auf Almas Rücken.

Überspannte Egozentriker – mehr nicht

Dazwischen sollen salopp angerissene Szenen das soziale Umfeld beleuchten. Etwa mit einem Walter Gropius als ewigem Sohnemann und Spießer, der im Haushalt seiner Mutter lebt und machistische Besitzansprüche an Alma hegt, während eine schnelle Vergewaltigung Almas auf der Treppe durch Oskar nach einem Streit als unrühmlicher Ausrutscher eines verletzten Mannes erscheint. „Alma und Oskar“ hätte von einer Gesellschaft erzählen können, die die Moderne geformt hat, mehr als ein paar unangenehm überspannte Egozentriker gibt es aber nicht zu sehen.

Alma und Oskar: Österreich, Schweiz, Deutschland, Tschechien 2022. Regie: Dieter Berner. Mit Emily Cox, Valentin Postlmayr. 88 Minuten. Ab 16 Jahren.