Jean-Claude Juncker ist Präsident der EU-Kommission. Foto: dpa

Der türkische Protest gegen eine NDR-Satire über Präsident Erdogan ruft jetzt auch die EU-Kommission auf den Plan. Jean-Claude Juncker zeigte kein Verständnis für die Einbestellung des deutschen Botschafters und übte harsche Kritik an der Türkei.

Brüssel/Berlin - Die EU-Kommission hat sich in den deutsch-türkischen Satire-Streit eingeschaltet und der Regierung in Ankara eine Verletzung der Presse- und Meinungsfreiheit vorgeworfen. „Präsident (Jean-Claude) Juncker hat kein Verständnis dafür, wenn der deutsche Botschafter nur wegen eines satirischen Songs einbestellt wird“, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Juncker sei der Überzeugung, dass dies die Türkei weiter von der EU entferne. Der Schritt scheine mit der Wahrung der Presse- und Meinungsfreiheit nicht in Einklang zu stehen.

Hintergrund der Kritik ist ein diplomatischer Eklat, der von einer Satire des Norddeutschen Rundfunks über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ausgelöst wurde. Das Außenministerium in Ankara bestellte deswegen den deutschen Botschafter Martin Erdmann ein, um gegen den knapp zweiminütigen Film zu protestieren.

Die Bundesregierung wies den Protest zurück. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, Staatssekretär Markus Ederer habe bereits am Dienstagabend in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen deutlich gemacht, dass die Presse- und Meinungsfreiheit „nicht verhandelbar“ sei.

Anders als die EU-Kommission verzichtete die Bundesregierung aber auf offene Kritik an dem türkischen Protest. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz erklärte lediglich, der Wert der Meinungsfreiheit sei auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei verschiedenen Gelegenheiten unterstrichen worden, etwa in der Abschlusserklärung des EU-Gipfels Mitte März.

Erdogans Vorgehen wird auf die Schippe genommen

Die Türkei verhandelt mit der EU über einen Beitritt zur Union. Insgesamt müssen 35 Kapitel zu einzelnen Politikfeldern ausgehandelt werden. Abgeschlossen ist bislang nur ein einziges. Aktuell ist die Türkei der wichtigste Partner der EU bei der Lösung der Flüchtlingskrise. Ein vor zwei Wochen ausgehandeltes Abkommen zur Rücknahme von in Griechenland festsitzenden Flüchtlingen soll von Montag an umgesetzt werden.

Die NDR-Satire war am 17. März in der Sendung „extra 3“ ausgestrahlt worden. Zur Melodie von Nenas Hit „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ wird darin Erdogans Vorgehen gegen Medien, Demonstranten und Kurden auf die Schippe genommen. Im Text des Liedes mit dem abgewandelten Titel „Erdowie, Erdowo, Erdogan“ heißt es zum Beispiel: „Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast.“