2000 Polizisten waren am 12. Oktober in Göppingen im Einsatz. Foto: dpa

Gegendemonstranten kritisieren die teils stundenlange Festnahme und Einkesselung von 500 Personen, bei einem Aufmarsch der Rechten am 12. Oktober in Göppingen.

Gegendemonstranten kritisieren die teils stundenlange Festnahme und Einkesselung von 500 Personen, bei einem Aufmarsch der Rechten am 12. Oktober in Göppingen.

Göppingen - Der Aufmarsch von Rechten am 12. Oktober in Göppingen und der Polizeieinsatz dazu haben ein Nachspiel: Mehr als 40 Initiativen und Organisationen kritisieren in einer gemeinsamen Erklärung die Einkesselung von Gegendemonstranten durch die Polizei und verurteilen den Schutz der Rechten, während bis zu 500 Antifaschisten festgenommen worden seien. Die Polizei sagt, sie habe neutral gehandelt.

Göppingen ist in den vergangenen Jahren bei den Nazis zu einem beliebten Ort für ihr Schaulaufen geworden. Die Stadt versucht zwar regelmäßig, diese Aufmärsche gerichtlich verbieten zu lassen. Doch sie hat bisher immer verloren, manchmal erst vor höheren Instanzen. Am 12. Oktober machten die Rechten wieder mobil: 141 Mitglieder und Gefolgsleute der Autonomen Nationalisten Göppingen marschierten durch die Stadt. Vorab gab es sogar Morddrohungen gegen den Bündnissprecher von „Kreis Göppingen nazifrei“. Ihr Auftritt rief mehr als zehnmal so viele Gegendemonstranten auf den Plan, rund 1500 folgten den Aufrufen der Bündnisse Kreis Göppingen nazifrei und Nazis stoppen. Letzteres wollte sich mit Menschenblockaden den Nazis entgegenstellen.

Doch dazu kam es nicht. Um Gewalt zu verhindern, trennte die Polizei beide Gruppen strikt. Für die Antifa-Gruppen unverständlich war, dass rund 500 Personen aus ihren Reihen „ausgebremst und eingekesselt“ wurden. Die Menschen seien teils stundenlang in Gefangenentransportern, Garagen und Freiluftkäfigen festgehalten worden. Nach bis zu sieben Stunden Freiheitsentzug seien sie mit einem Platzverweis für die komplette Göppinger Innenstadt entlassen worden.

Polizei macht Störer aus dem linksextremen Spektrum für die Gewalt verantwortlich

Die Antifa-Gruppen, zu denen auch Vertreter von Parteien, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der IG Metall und mehrere Einzelpersonen gehören, sehen durch die Polizeiaktion ihr Versammlungsrecht gestört. „Für uns ist nicht hinnehmbar, dass Antifaschisten festgesetzt, eingeschüchtert und kriminalisiert werden“, heißt es in ihrer Erklärung. Sie fordern die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen Antifaschisten in Zusammenhang mit den Protesten gegen den Naziaufmarsch am 12. Oktober. Und sie fordern politische und juristische Konsequenzen für die „ausufernde Polizeigewalt“.

Die Polizei hat auf Anfrage unserer Zeitung zu den Vorwürfen Stellung genommen: „Die Polizei ist zur absoluten Neutralität verpflichtet und hat keine der demonstrierenden Gruppen bevorzugt oder benachteiligt und schon gar nicht bei der friedlichen Ausübung ihrer Rechte behindert“, sagt Rudi Bauer, Sprecher der Polizeidirektion Göppingen. Die Strecke der Nationalisten sei durch Gitter abgesperrt worden, weil im Vorfeld zur Blockade aufgerufen worden sei. Bauer sagt weiter, die friedlichen Gegenveranstaltungen seien ebenso wie die Versammlung der Autonomen Nationalisten völlig störungsfrei abgelaufen. Es sei aber Gewalt von Störern aus dem linksextremen Spektrum ausgegangen. Es sei versucht worden, die Route der Nationalisten zu blockieren und deren Anreise zu verhindern. Polizeibeamte seien mit Schlagwerkzeugen, Steinen und Pyrotechnik angegriffen worden. Auch sei der Bahnverkehr blockiert worden.

Gegen diese Verstöße – Körperverletzung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz – sei die Polizei konsequent vorgegangen. Dabei wurden 471 Personen festgenommen. Der Einsatz von 2000 Polizeibeamten sei nach Erfahrungen aus früheren Einsätzen notwendig gewesen. Bauer: „Die Blockade einer genehmigten Versammlung ist kein legitimes Mittel der Protestäußerung, sondern eine Straftat.“