Eine Mutter bahnt sich mit ihrer Tochter einen Weg durch die zerstörte Kleinstadt Amizmiz. Foto: Imago/Zuma Wire

In der Nacht zu Samstag bebt in dem nordwestafrikanischen Land die Erde. Tausende sterben, Hunderte werden noch immer vermisst. In den besonders schlimm betroffenen Bergdörfern herrscht Ausnahmezustand.

Such- und Rettungsteams aus Spanien und Großbritannien haben ihren Einsatz in den Erdbebengebieten in Marokko aufgenommen. Sie würden gegenwärtig die örtlichen Einsatzkräfte in betroffenen Regionen unterstützen, berichtet die marokkanische Nachrichtenagentur MAP am (11. September).

Großbritannien schickte 60 Such- und Rettungsexperten samt Ausrüstungen sowie vier Suchhunde nach Marokko, um die Einsätze unter marokkanischer Führung zu unterstützen, wie der britische Botschafter Simon Martin auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) mitteilte. Auch eine Spezialeinheit des spanischen Militärs mit Suchhunden flog am Sonntag nach Marokko.

Obwohl mehrere Länder, darunter Deutschland, Hilfe angeboten haben, nahm Marokko zunächst nur von vier Ländern Unterstützung an. Das Innenministerium hatte am späten Sonntagabend erklärt, die Behörden hätten eine genaue Bewertung der Bedürfnisse vor Ort vorgenommen.

Dabei sei berücksichtigt worden, dass ein Mangel an Koordinierung in solchen Situationen zu nachteiligen Ergebnissen führen würde, meldet die marokkanische Nachrichtenseite Hespress.

Amizmiz ist eine Kleinstadt mit etwa 8000 Einwohnern und der Hauptort einer Landgemeinde in der Provinz Al Haouz in der Region Marrakesch-Safi. Das Erdbeben hat hier zahlreiche Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Foto: Imago/Zuma Wire
Feuerwehrleutein Amizmiz. Foto: Imago/ZumWire
Retter bergen einen Verletzten aus den Trümmern eines Hauses in Marrakesch. Foto: Imago/ZumaWire
Die Gemeinde Talat N’Yaaqoub südlich von Marrakesch hat es schwer getroffen. Foto: Imago/Abacapress
Diese Kinder in Talat N’Yaaqoub schlafen unter freiem Himmel inmitten der Trümmer. Foto: Imago/Abacapress
Helfer suchen in den Trümmern weiter nach Verschütteten. Foto: Imago/Abacapress
Eine Straße in Amizmiz. Foto: Imago/Zuma Wire

Katastrophenregion ist teilweise noch völlig isoliert

Daher habe man zunächst „auf die Unterstützungsangebote der befreundeten Länder Spanien, Katar, Großbritannien und Vereinigte Arabische Emirate reagiert“, heißt es in der Erklärung weiter.

Bis zum Sonntag waren einige betroffene Gebiete noch isoliert, weil Straßen in der bergigen Unglücksregion durch Erdrutsche blockiert wurden. Die Einsatzkräfte versuchen unter großen Mühen, so schnell wie möglich in die abgeschnittenen Bergdörfer vorzudringen. Überlebende des Bebens schilderten, dass aus den Trümmern der Häuser Leichengeruch ströme.

Warum ist das Atlasgebirge erdbebengefährdet?

Das Beben hatte eine Stärke von mindestens 6,8 auf der Richterskala und erschütterte allem Marokko erschüttert. Auch in Algerien und in Portugal war das Erdbeben noch zu spüren. Das Epizentrum befand sich im Atlasgebirge, rund 70 Kilometer von Marrakesch entfernt.

Das Atlasgebirge erstreckt sich mit einer Länge von rund 2300 Kilometer über die nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. Es ist ein Faltengebirge, das durch die Kollision zweier Erdplatten entstanden ist: der Eurasischen Platte im Norden und der Afrikanischen Platte um Süden. „Das Atlasgebirge liegt auf der Grenze der beiden Platten und ist deshalb als Erdbebengebiet bekannt“, sagt Fabrice Cotton, Professor für Seismologie am Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.

Was sind tektonische Platten?

Die äußere Erdkruste besteht aus sieben großen und mehreren kleinen Platten. Diese sind nach den Kontinenten und Weltmeeren benannt. Die größten sind die Pazifische und Antarktische Platte, die Nord- und die Südamerikanische Platte, die Afrikanische, die Eurasische und die Australische Platte.

Hinzu kommen einige kleinere Krustenbruchstücke. Die schweren, unter Wasser liegenden heißen Ozeanische Platten, die leichten, oben liegenden nennt man Tektonische oder Kontinentalplatten.

Die Afrikanische Platte ist eine der größten Kontinentalplatten der Erde. Sie umfasst nahezu den gesamten afrikanischen Kontinent sowie einen Teil der umliegenden Meere, die auf der ozeanischen Kruste liegen. Im Norden grenzt sie an die Eurasische Platte. Die Kollisionsfronten verlaufen zwischen beiden tektonischen Platten auf marokkanischem Staatsgebiet.

Info: Messung von Erdbeben

Messung
Bei der Messung von Erdbeben wird die Stärke der Bodenbewegung angegeben (Magnitude). Weltweit treten jährlich etwa 50 000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat den Wert 8.

Magnitude
Meist gilt: • Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachzuweisen • Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren • Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden • Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen • Stärke 7: starkes Beben, oft katastrophale Folgen und Todesopfer • Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen

Richterskala
Früher wurde die Erdbebenstärke einheitlich nach der Richterskala bestimmt. Der amerikanische Geophysiker Charles Francis Richter hatte die Skala 1935 speziell für Kalifornien ausgearbeitet. Heute wird sie nur noch eingeschränkt eingesetzt, auch weil das Verfahren nur bei Erschütterungen in der Nähe der Messstationen zuverlässige Werte liefert (Lokalmagnitude).

Mess-Skalen
Mittlerweile werden mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Sie bestimmt das gesamte Spektrum der seismischen Wellen bei Erdstößen. Die meisten Skalen ergeben zumindest bei schwächeren Beben ähnliche Werte wie die Richterskala, erlauben aber eine genauere Differenzierung bei schweren Beben.