Trotz anstrengenden Wahrheiten herrscht beim Besuch von TV-Koch Frank Rosin im Naturfreundehaus in Strümpfelbach viel Harmonie – auch weil die Wirtsleute bereit sind, die Vorschläge des Sternekochs anzunehmen.
Auf der Homepage des Naturfreundehauses in Strümpfelbach stand in den vergangenen Tagen der Hinweis „Wegen Umbau geschlossen“ zu lesen. Das war nicht ganz falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Denn ein bisschen Farbe an die Wände gebracht, geputzt und dekoriert wurde in der Ausflugs-Location hoch überm Weinberg zwar auch. Doch der eigentliche Auslöser der Schließung war, dass sich Fernsehkoch Frank Rosin mit einem TV-Team bei Lubica und Andreas Schulz angesagt hatte. „Es war eine anstrengende Woche. Aber es hat sich gelohnt“, sagt die Wirtin über den Trubel.
Seit Montag hatten im Naturfreundehaus die Dreharbeiten für eine Folge der Sendung „Rosins Restaurants“ stattgefunden – mit zwei Testessen, Küchen-Coaching und guten Ratschlägen des 56-jährigen Sternekochs aus dem nordrhein-westfälischen Dorsten. In Strümpfelbach scheinen die Tipps auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Lubica Schulz jedenfalls spricht von „neuen Ideen und guten Impulsen“. Und der TV-Koch hat im Naturfreundehaus „sehr viel Herzblut und sehr gute Voraussetzungen“ erlebt.
Die Sommerzeit ist im Naturfreundehaus nicht die wirtschaftliche Problemzone
Bei so viel Harmonie stellt sich fast die Frage, warum der bekennende Currywurst-Fan überhaupt zum Hilfseinsatz gerufen worden ist. Schließlich hat das Naturfreundehaus zumindest in der Sommerzeit kein Problem mit fehlenden Gästen. Wenn die Sonne scheint, lassen bis zu 300 Besucher täglich die Kasse klingeln, an schönen Wochenenden herrscht auf der Terrasse und im Biergarten quasi Vollbelegung. Auch Frank Rosin nennt das Lokal schon durch die Lage am Rand des Stuttgarter Speckgürtels ein „absolutes Spitzenobjekt“. Er schwärmt von Event-Gastronomie mit Strandkorb und Cocktail-Lounge, einem Espresso-Wagen auf der Wiese und leckeren Sundownern im Liegestuhl. „Das ist traumhaft hier, das ist einmalig“, sagt der Fernsehkoch und knipst sein Lächeln an wie ein Scheinwerferlicht.
Tatsächlich sind die Sommermonate für das Naturfreundehaus in Strümpfelbach ein Selbstläufer. Die gastronomische Problemzone sind die Wintermonate, in der kalten Jahreszeit verirren sich deutlich weniger Gäste auf die Höhe über den Weinbergen. Das haben auch Lubica und Andreas Schulz in ihrem ersten Jahr als Pächter zu spüren bekommen. Bereits im März 2022 hatten sie das Vereinslokal unweit der Kreisgrenze nach Esslingen übernommen. Im ersten Sommer unter neuer Regie wurde das Naturfreundehaus vom nach der Corona-Krise ausgehungerten Publikum geradezu gestürmt – zumal neben den Ausflüglern auch Hochzeiten und Geburtstagsfeiern die Kasse füllten. Der Start jedenfalls lief gut für die Nachfolger von Traute und Holger Dorer – bis sie sich im Spätherbst endgültig von der Freiluftsaison verabschieden mussten.
Bange Frage: War der Abschied aus dem Einzelhandel die richtige Entscheidung?
Was folgte, war eine monatelange Durststrecke – und die bange Frage, ob der Abschied vom Einzelhandel tatsächlich die richtige Entscheidung war. Drei Bioläden in Backnang, Endersbach und Fellbach hatte die kleine Familie mit zwei Töchtern im Teenager-Alter betrieben, bevor Lubica und Andreas Schulz den Schritt ins Gastgewerbe wagten. In allen drei Märkten gab es zwar ein Bistro mit einem kleinen Mittagstisch. Doch die gastronomische Realität kann bitter sein, wenn im Winter bereits um die Mittagszeit das Licht angemacht werden muss und nach Einbruch der Dunkelheit um 17 Uhr ohnehin kaum noch jemand den Weg findet.
Mit einem Glühweinfest mit Schnee und Lagerfeuer haben die Wirte zwar versucht, etwas Schwung in die zäh laufende Wintersaison zu bringen. Doch das richtige Rezept für den kulinarischen Ganzjahresbetrieb fehlte. „Im Winter sind uns die Ideen ausgegangen“, räumt Lubica Schulz offen ein. Ein Paradebeispiel für eine Wirtsfamilie, der das Wasser bis zum Hals steht, sind die Pächter im Naturfreundehaus Strümpfelbach allerdings nicht. Schließlich versteht Koch Toni Amador sein Handwerk.
Die Wirtin kann die Beschwerden von Berufskollegen nicht teilen
Und zudem zeigen sich Lubica Schulz und ihr Mann durchaus offen für die Vorschläge vom Profi aus dem Fernsehen. „Man muss auch bereit sein, Kritik anzunehmen und sich selbst verbessern wollen“, sagt die Wirtin. Die von manchen Berufskollegen geäußerte Beschwerde, vom TV-Team aus Gründen der Dramaturgie in einem extrem schlechten Licht dargestellt worden zu sein, kann sie nicht teilen.
In Stuttgart hatte zuletzt der Beitrag über Andrea Wittekindt und ihre SSC-Gaststätte für Aufregung gesorgt. Weil die seit zwei Jahrzehnten in der Gastronomie arbeitende Wirtin im Fernsehen als reichlich ahnungslose Quereinsteigerin porträtiert worden war, reagierten die VfB-Fans sogar mit einem Spruchband in der Cannstatter Kurve – und empfahlen wenig charmant, die „NRW-Fresse mit Maultaschen zu stopfen“.
Dass auch der TV-Beitrag über das Naturfreundehaus im Streit endet, ist freilich nicht anzunehmen. Die Wirte hoffen, dass die Tipps der Schlüssel zum Erfolg waren. Und Frank Rosin spricht von „guten Typen“ und einer „ruhigen und harmonischen Zusammenarbeit. Das ist ja nicht immer so“, sagt er. Ein Termin für die Ausstrahlung der Sendung ist bisher nicht bekannt.