Foto: dpa

Nato-Kampfflugzeuge haben versehentlich einen Konvoi der Anti-Gaddafi-Milizen bombardiert.

Bengasi - Nato-Kampfflugzeuge haben am Donnerstag versehentlich einen Fahrzeugkonvoi der Anti-Gaddafi-Milizen bombardiert und dabei mehr als zehn Aufständische getötet. Die Luft-Boden-Raketen des nordatlantischen Bündnisses zerstörten auf halbem Wege zwischen Adschdabija und Al-Brega mehrere Fahrzeuge der Rebellen. Das sagten Aufständische der Nachrichtenagentur dpa. Genaue Opferzahlen lagen zunächst nicht vor; die BBC berichtete von 13, der US-Fernsehsender CNN von mindestens fünf Toten.

Aufständische in Adschdabija berichteten, der angegriffene Konvoi sei unerlaubt in eine Sperrzone gefahren. Andere Quellen sprachen davon, dass die Gaddafi-Gegner erstmals eine größere Anzahl schwerer Waffen wie Panzer und Geschütze an die seit Tagen umkämpfte Front bei Al-Brega, 80 Kilometer westlich von Adschdabija, bringen wollten. Die Nato-Kampfpiloten hätten diesen Truppenaufmarsch für eine Teil der Streitkräfte des Machthabers Muammar al-Gaddafi gehalten.

Angriff wirft Rebellen-Armee zurück

Dabei hatten die Milizen der Gaddafi-Gegner noch in der Nacht zuvor auf dem Weg nach Al-Brega wieder Bodengewinne verzeichnet, nachdem sie 24 Stunden zuvor von Gaddafis an Waffen und Soldaten überlegenen Truppen vollständig aus dem Ölhafen am Mittelmeer verdrängt worden waren. Nach dem versehentlichen Luftangriff auf den eigenen Waffennachschub mussten sie ihre Operationen zur Einnahme Al-Bregas vorerst abbrechen.

Bereits am vergangenen Freitag hatten Nato-Jets im selben Gebiet versehentlich eine Rebellenstellung angegriffen. Dabei waren 13 Aufständische getötet und elf weitere verletzt worden. Das damalige Bombardement hatten die Rebellen ausgelöst, als sie mit einem Luftabwehrgeschütz aus Freude über die nahenden Nato-Flugzeuge in den Himmel geschossen hatten.

Schwierigkeiten bei der Abstimmung

Die tragischen Zwischenfälle verweisen auf die enormen Schwierigkeiten der Gaddafi-Gegner, ihr militärisches Vorgehen mit dem nordatlantischen Bündnis abzustimmen. Dieses greift mit einem Mandat des Weltsicherheitsrates Gaddafis Truppen aus der Luft an, um auf diese Weise die libysche Zivilbevölkerung vor dem Langzeit-Diktator zu schützen.

Gaddafis Artillerie beschoss indes zwei Ölfelder im Osten Libyens, die von den Regimegegnern kontrolliert und genutzt werden. Die Produktion der Ölfelder Misla und Waha-Oase habe daraufhin eingestellt werden müssen, zitierte der Fernsehsender Al-Dschasira in der Nacht zum Donnerstag einen Sprecher der Aufständischen. Am Mittwoch hatte erstmals ein Öltanker den Hafen Tobruk verlassen, der Öl von diesen Feldern geladen hatte.

Derweil setzte sich ein ehemaliger Minister des Gaddafi-Regimes nach Malta ab. Der Ex-Energieminister Omar Fathi bin Schatwan traf bereits in der Vorwoche an Bord eines Flüchtlingsbootes aus der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misurata ein. Das bestätigte ein Sprecher des maltesischen Außenministeriums am Donnerstag in Valletta. Bin Schatwan hatte bis 2007 der libyschen Regierung angehört. In Misurata dürfte er das Schicksal der von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnittenen, dem Beschuss und Terror der Gaddafi-Truppen ausgesetzten Zivilbevölkerung geteilt haben.

Inzwischen steht auch der Termin für das erste Treffen einer neuen Libyen-Kontaktgruppe fest. Die Teilnehmer werden am kommenden Mittwoch in Doha, der Hauptstadt Katars, zusammenkommen, sagte der französische Außenminister Alain Juppé am Donnerstag in Paris. Die Libyen-Kontaktgruppe soll sich um den politischen Aufbau des nordafrikanischen Landes kümmern und die internationale Unterstützung koordinieren. Darauf hatten sich die rund 40 Teilnehmer einer internationalen Libyen-Konferenz Ende März in London geeinigt.