Marco Goeckes „Nijinsky“ verlässt sich 80 Minuten lang auf karger Bühne ausschließlich auf den Tanz – schließlich geht es um den legendären Tänzer Vaslav Nijinsky. Foto: Regina Brocke

In einer Zeit, die dauerhaft im Casting-Fieber vibriert, zeigt Marco Goecke seinen ­Helden auch als einen der ersten modernen Superstars, findet unsere Autorin Andrea Kachelrieß in ihrer Nachtnotiz.

Stuttgart - „Während dieser Vorstellung kommt ein Knalleffekt zum Einsatz.“ So warnt am Freitag ein Hinweis an den Türen, die sich im Theaterhaus zur Uraufführung von Marco Goeckes „Nijinsky“ öffnen. Und tatsächlich bietet der Haus-Choreograf des Stuttgarter Balletts bei seinem Gastspiel bei Gauthier Dance nur diesen einen Knalleffekt, mit dem es rote Blütenblätter auf vier Tänzerinnen regnet. Ansonsten verlässt sich dieses Stück 80 Minuten lang auf karger Bühne ausschließlich auf den Tanz.

Das Publikum folgt ihm bereitwillig

Schließlich geht es um Vaslav Nijinsky, den legendären Tänzer. Trotz vieler Verweise auf dessen große Rollen ist dieser „Nijinsky“ mit nervös zuckenden Bewegungen, nachtschwarzen Stimmungen und Momenten abgrundtiefer Einsamkeit ein echter Goecke, dessen radikale Verweigerung gegenüber allem Dekorativen herausfordert. Das Premierenpublikum folgte ihm genauso bereitwillig wie Gauthiers formidablen Tänzer – allen voran Rosario Guerra, der in der Rolle Nijinskys rasante Technik ebenso beeindruckend zelebrierte wie die große Zerrissenheit eines Künstlers. In einer Zeit, die dauerhaft im Casting-Fieber vibriert, zeigt Marco Goecke seinen Helden auch als einen der ersten modernen Superstars.