Adam Palka als Boris mit Ensemble Foto: Matthias Baus

Modest Mussorgskys Oper „Boris Godunow“, kombiniert mit einem neuen Stück des russischen Komponisten Sergej Newski: Passt das zusammen? Nach der Premiere von „Boris“ bleiben viele Fragen offen.

Stuttgart - Die Idee ist klasse: Die großen Tableaus in der Urfassung von „Boris Godunow“ lassen viele Lücken – wie wäre es, diese mit neuer Musik zu füllen, die Modest Mussorgskys Blick auf die Masse auf individuelle Schicksale herunter zoomt? Der 47-jährige russische Komponist Sergej Newski hat Szenen aus der Roman-Chronik „Secondhand-Zeit“ der Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch vertont, die in Stuttgart in Mussorgskys Oper hineingeschnitten werden. Musikalisch gelingt das Experiment vollkommen – auch dank des von Titus Engel sehr präzise dirigierten Staatsorchesters und dank eines mit Kraft und Genauigkeit singenden Staatsopernchors. Auch die insgesamt sehr guten Sänger tragen ihren Teil dazu bei, vor allem Adam Palka in der Titelpartie, Matthias Klink als Schuiski, Elmar Gilbertsson als Grigori und Goran Juric als Pimen. Szenisch hinterlässt die luxuriös ausgestattete und von Paul-Georg Dittrich inszenierte Premiere am Sonntagabend einen zwiespältigen Eindruck: Zwischen einem fortlaufenden Videoband, der Handlung des alten und der Vielstimmigkeit des neuen Stücks wird das Publikum von einem Muskelspiel der Mittel überwältigt, teils auch überfordert. Dies mag der Grund für etliche Buhrufe am Ende gewesen sein. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen.