In Nürnberg sind innerhalb weniger Tage zwei Prostituierte getötet worden (Symbolbild). Foto: dpa

Morde an Prostituierten sind oft schwer aufzuklären. In Bayern beispielsweise sucht die Polizei in mehreren Fällen seit Jahrzehnten nach den Tätern. In Nürnberg geht nach zwei aktuellen Fällen die Angst um.

Nürnberg - Eine 30-Jährige in Nürnberg, eine 35-Jährige in Regensburg und sogar gleich zwei Frauen in einer Nacht in Hof: Viele Morde an Prostituierten werden niemals aufgeklärt oder erst nach Jahrzehnten. Bei mehreren solcher Verbrechen in Bayern sucht die Polizei auch nach 25 oder 30 Jahren noch immer nach den Tätern. Auch in zwei aktuellen Fällen aus Nürnberg tappt die Polizei noch im Dunkeln. Das Bundeskriminalamt stuft Prostituierte als „Gruppe mit hohem Opferrisiko“ ein. Eine Beratungsorganisation sieht das anders.

In Nürnberg sind innerhalb weniger Tage zwei Prostituierte getötet worden: eine 22-jährige Rumänin und eine 44 Jahre alte Frau aus China. Todesursache war in beiden Fällen „Gewalt gegen den Hals“, wie die Polizei schreibt. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um denselben Täter handelt. Dies legen die Obduktionsergebnisse und die „Auffindesituationen an den Tatorten“ nahe.

Beide Frauen waren erst seit kurzem in Nürnberg, und beide Taten ereigneten sich in sogenannten Modellwohnungen. Diese Einzimmer-Apartments in Mehrfamilienhäusern werden von den Prostituierten meist nur für kurze Zeit angemietet.

Alles spielt sich in der Anonymität ab

Viele der Frauen halten sich oft nur kurz in einer Stadt auf. Sie reisen europaweit herum. Dies erschwert die Arbeit der Ermittler: Oft kannten die Opfer noch niemanden in der Stadt - alles spielt sich in der Anonymität ab. Die Aussagebereitschaft im Rotlichtmilieu sei außerdem „nicht die beste“, sagt Polizeisprecher Michael Petzold.

Laut „Kassandra“, der Nürnberger Beratungsstelle für Prostituierte, sind jetzt viele Sexarbeiterinnen in der Stadt verängstigt. Dennoch wolle keine von ihnen aufhören zu arbeiten. „Sicherlich haben es auch nicht alle mitbekommen“, sagt die Sprecherin Sandra Ittner. Viele der ausländischen Frauen verstünden die deutschen Berichte nicht.

Das letzte tödliche Verbrechen an einer Prostituierten in Nürnberg gab es vor 14 Jahren: Eine 65-Jährige wurde damals erdrosselt. Aus den Spuren schloss die Polizei, dass sie sich gegen ihren Mörder gewehrt hatte. Der Fall ist bis heute nicht geklärt - genauso wenig der Fall einer 30-Jährigen in Nürnberg aus dem Jahr 1986. Erst 25 Jahre später baten die Fahnder in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ erneut um Hinweise. Sie konnten dem Täter inzwischen eine markante Schuhabdruckspur sowie DNA-Material zuordnen.

Polizei tappt oft im Dunkeln

Auch im Fall einer 23-Jährigen sollte „Aktenzeichen“ helfen: 1992 wurde die Frau in Nürnberg mit mehreren Messerstichen getötet. 14 Jahre später stieß die Polizei auf einen Zeugen, der eine detaillierte Beschreibung eines Verdächtigen liefern konnte. Das Phantombild des mutmaßlichen Mörders wurde in der TV-Sendung gezeigt - eine heiße Spur ergab sich jedoch nicht.

Auch die Polizei in Oberfranken sucht noch nach dem Mörder zweier Prostituierter in Hof. Der Unbekannte tötete im Juni 2006 - nach dem Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft - beide Frauen in deren Modellwohnung mit Messerstichen.

Erfolgreich war die Polizei in Regensburg - aber erst nach langer Zeit und mit Hilfe des Zufalls: 2010 bekam ein Freier eine lebenslange Haftstrafe für den Mord an einer 35-jährigen im Sommer 1990. Erst 18 Jahre später war der vorbestrafte Mann aufgrund neuer Spuren gefasst worden. Sein genetischer Fingerabdruck an Zigaretten wurde ihm zum Verhängnis.

Nicht stärker gefährdet?

Auch der Prostituiertenmörder Fritz Honka aus Hamburg wurde nur zufällig entdeckt, als Feuerwehrleute 1975 bei einem Dachstuhlbrand in seinem Haus Leichenteile fanden. Noch in der Nacht gestand der unscheinbare Nachtwächter vier Morde an älteren Huren, die auf St. Pauli niemand vermisst hatte.

Die Beraterinnen von „Kassandra“ finden nicht, dass Prostituierte stärker gefährdet sind als andere Berufsgruppen. Die Aussage zum höheren Opferrisiko „würden wir nicht unterschreiben“, sagt Ittner. Nürnberg sei nach ihrer Erfahrung ein friedliches Pflaster in Sachen Prostitution. „Die Frauen, die zu uns kommen, berichten selten von Zwangsprostitution und Gewalt.“ Viele Sicherheitsmaßnahmen seien zwar wünschenswert, aber unrealistisch - etwa in Gebäuden mit Überwachungskameras zu arbeiten: „Viele Freier würden dann abgeschreckt.“