Timo Baumgartl (rechts) im Weingut von seinem Schulfreund Thomas Diehl in Rotenberg. Foto: VINØI/ IZero Alcohol GmbH/ Valbona Gashi

Seine Krebsdiagnose führt ihn noch zielstrebiger zur gesunden Ernährung. Fußballprofi Timo Baumgartl erklärt, wie ihn die Krankheit verändert hat und warum ihm der Wein mit Zero Alkohol so wichtig ist, für den er mit Thomas Diehl Pionierarbeit leisten will.

Die Diagnose Hodenkrebs, die bei Männern zwischen 25 und 45 Jahren die häufigste Tumorerkrankung ist, wünscht Timo Baumgartl keinem – aber er kann schon wieder Witze darüber machen. Als ein Reporter ihn fragte, ob man ihn angesichts der Glatze nach der Chemotherapie Bruce Willis nennen dürfe, antwortete der in Böblingen geboren Fußball-Profi, der einst beim VfB spielte und heute im Dienst von Schalke steht, schlagfertig: „Wenn Sie glauben, dass mir solche Sprüche auf die Eier gehen, liegen Sie falsch. Ich hab’ nur noch ein Ei.“

Die überstandene Krebserkrankung hat sein Leben verändert – er sei mental stärker geworden und lege noch mehr Wert auf gesunde Ernährung, sagt sein Kumpel Thomas Diehl, der in Rotenberg das Weingut seiner Familie in der dritten Generation führt. Die beiden kennen sich aus der Schule. Nun haben sie auch beruflich miteinander zu tun.

Der Fußballer ist nun Teilhaber beim Zero-Alkohol-Wein

Timo Baumgartl ist zwar noch nicht unter die Winzer gegangen, aber er ist nun Teilhaber mit Diehl in der Zero Alcohol GmbH. Zusammen kümmern sie sich um ein gesundes Produkt: um den VINØ, der neu auf dem Markt ist, bei dem das O durchgestrichen ist, der also ohne Alkohol auskommt. Der Fußballprofi und der Jungwinzer aus Rotenberg wollen Pionierarbeit leisten, damit Genuss auch mit alkoholfreiem Wein verbunden ist.

Von einem „innovativen Vorstoß, der die Brücke zwischen traditioneller Weinkultur und einem bewussten Lebensstil schlägt“, sprechen die Marketingstrategen der beiden vollmundig, die zur der Einführung des neuen Labels eine aufwendige PR-Kampagne starten. Der Markt der alkoholfreien Weine werde von „künstlichen Zusätzen und enttäuschenden Geschmackserlebnissen geprägt“, sagen die Schulfreunde, dem wollen sie natürliche Inhaltsstoffe entgegensetzen. Alkohol gilt als krebs- und suchtfördernd. „Wir wollen niemanden missionieren, sondern eine Alternative für diejenigen anbieten, die auf Alkohol verzichten wollen, ob dies nur manchmal der Fall ist oder immer“, erklärt Thomas Diehl. Der Zero Vino sieht aus wie ein Wein, eignet sich also auch zum Anstoßen.

Umsatz der alkoholfreien Weine um 54 Prozent gestiegen

Für die Alternative wird bei Weinen der Alkohol entzogen. Der Geschmack überzeugt bisher nicht immer. Alkoholfreie Weine sind noch ein Nischenprodukt (ihr Anteil beträgt nach Branchenschätzungen lediglich ein Prozent), doch die Nachfrage steigt rasant, wie es beim Deutschen Weininstitut (DWI) heißt. Der Umsatz der Alkoholfreien im Handel, der aber von einem niedrigen Niveau startet, sei im vergangenen Jahr um 54 Prozent gestiegen – während gleichzeitig immer weniger alkoholhaltiger Wein verkauft wird. Der Absatz des „normalen“ Weins fiel laut DWI um 4,5 Prozent zurück, der Absatz deutscher Weine sogar um neun Prozent.

Deutsche Weine seien im Handel vergleichsweise teuer, erklärt das Institut weiter – im Schnitt kosten sie 4,51 Euro je Liter, ausländische Weine 3,76 Euro. Die Kunden sähen sich wegen der Kaufkraftverluste gezwungen, verstärkt auf den Preis zu achten, sagt DWI-Geschäftsführerin Monika Reule. Die Preiserhöhungen hätten die massiv gestiegenen Betriebskosten in der Regel nicht kompensiert.

Deshalb setzen Winzer verstärkt auf alkoholfreie Weine, bei denen die Gewinnspanne vergleichsweise höher ist. Wenn Timo Baumgartl, der mit seiner Freundin, einer Yogalehrerin und Ernährungswissenschaftlerin, und dem Hund derzeit in der Nähe des in Gelsenkirchen beheimateten FC Schalke 04 lebt, seinen Kumpel Diehl auf dem Weingut in Rotenberg besucht, geht es immer sehr lustig zu. Als der Fußballprofi nach dreieinhalb Monaten Chemotherapie und Reha in die Kabine von Union Berlin zurückkehrte, erzählt er, habe er eine gewisse Verunsicherung bei den Mitspielern gespürt. Die meisten hätten nicht gewusst, wie sie mit diesem sensiblen Thema umgehen sollten.

Hodenwitze sind erlaubt

„Ich habe ihnen gleich zu verstehen gegeben, jeder Hodenwitz ist erlaubt“, berichtet Timo Baumgartl. Er mache selbst Späße dazu, was für ihn eine wichtige Etappe auf dem Weg der Genesung gewesen sei, weil Humor bei der Heilung helfe.

Der 28-jährige ermuntert nun junge Männer, zur Vorsorge zu gehen, um möglichen Hodenkrebs frühzeitig zu erkennen. Um etwas zu feiern, stößt der Fußballprofi nun mit seinem eigenen Wein an. „Zum Vino sag ich nie no“, reimt er. Aber ein Zero Vino ist’s, mit dem er einen Treffer landen will.