Über Jahrzehnte sorgte die RAF in der Bundesrepublik für Angst und Schrecken. Die Terror-Organisation wird für 33 Morde verantwortlich gemacht. Foto: GettyImages/Keystone

Welche RAF-Mitglieder leben heute noch, wer wird weiter gesucht, und was ist über sie bekannt? Die Festnahme der mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette wirft Fragen auf. Einige der wichtigsten Köpfe im Überblick.

Seit Montagabend sitzt die mutmaßliche Terroristin Daniela Klette wegen mehreren Raubtaten in U-Haft. Sie soll eine der wenigen namentlich bekannten RAF-Mitglieder der dritten Generation sein. Viele andere Mitglieder der linksextremistischen Terrorgruppe, die zwischen 1968 und 1991 wütete und für 33 Morde verantwortlich sein soll, sind tot, viele wurden gefasst. Doch auch Jahrzehnte nach den ersten Anschlägen der linken Terrorgruppe leben einige Mitglieder noch oder sind wieder auf freiem Fuß.

Die erste Generation

Die bekanntesten Gründungsmitglieder der ersten Generation sind tot. Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe – aus der ersten Generation der RAF – liegen auf dem Dornhaldenfriedhof in Stuttgart begraben. Sie verübten unter anderem Sprengstoffanschläge und Banküberfälle und nahmen sich in der „Todesnacht von Stammheim“ am 18. Oktober 1977 selbst das Leben. Der Tag und die Ermordung des von der RAF entführten Hanns-Martin Schleyer am selben Tag gelten als der Schlusspunkt des sogenannten Deutschen Herbstes. Die Journalistin Ulrike Meinhof, die für die RAF das ideologische Konzept schrieb und die Terrororganisation mit gründete, nahm sich bereits ein Jahr zuvor das Leben.

Ulrike Meinhof (l-r), Andreas Baader, Brigitte Mohnhaupt (undatierte Fahndungsfotos), Christian Klar (im Stuttgarter Oberlandesgericht am 03.11.1992), Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe (undatierte Fahndungsfotos, Kombo). Foto: dpa/A9999 DB

Einzelne Sympathisanten der Gruppe zweifeln auch noch Jahrzehnte nach dieser Nacht an den Selbstmorden und glauben an eine Beteiligung des Staates, handfeste Beweise für eine solchen Theorie gibt es nicht.

Horst Mahler – einst Anwalt der Gruppe – ist einer der wenigen RAF-Gründer, der heute noch lebt. Im Jahr 1970 wurde er zu einer 14-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt, 1980 auf Bewährung entlassen. Seit den 1990er Jahren bewegt sich Mahler im rechtsextremen Milieu, zeitweise war er Mitglied der NPD. Unter anderem wegen Volksverhetzung – darunter die Holocaustleugnung – wurde der inzwischen 88-Jährige in den vergangenen Jahren immer wieder verurteilt, zeitweise befand er sich erneut in Haft.

Der einstige RAF-Gründer Horst Mahler bewegt sich seit Jahrzehnten im rechtsextremen Milieu. Im Jahr 2008 wurde er wegen Volksverhetzung im Landgericht Potsdam verurteilt (hier im Bild). Foto: dpa-Zentralbild/Bernd Settnik

Die zweite Generation

Einige hochrangige RAF-Mitglieder der zweiten Generation wurden in den 1980er Jahren verurteilt und kamen in den 2000er Jahren wieder auf freien Fuß. Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und Peter-Jürgen Boock gelten als die bekannten RAF-Terroristen der zweiten Generation. Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt wurden 1982 wegen neunfachen Mordes und mehrerer Mordversuche verhaftet und verurteilt. Seit 2007 ist Mohnhaupt auf freiem Fuß, sie wurde auf Bewährung entlassen. Klar kam ein Jahr später aus der Haft frei.

Peter-Jürgen Boock, der an der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto beteiligt war, wurde Mitte der 1980er Jahre mehrfach zu Freiheitsstrafen verteilt und saß bis 1998 in Haft. Er soll heute als freier Autor in Italien leben.

Auch Knut Folkerts, der unter anderem an der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback 1977 beteiligt gewesen sein soll und zu zweifacher lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ist seit 1995 wieder auf freiem Fuß. Wer tatsächlich auf Buback schoss, gilt bis heute als unklar.

Eine Kombo mit undatierten, seinerzeit von der Polizei zu Fahndungszwecken herausgegeben Fotos zeigt, von links, Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts (Archiv) . Foto: Police/Anonymous

Neben ihm wird auch Susanne Albrecht zu den Mitgliedern der zweiten Generation der RAF gezählt. Auch sie war unter anderem 1977 an der Ermordung Jürgen Pontos beteiligt. In der alten Bundesrepublik konnte Albrecht nicht gefasst werden. Sie und neun andere RAF-Mitglieder lebten – mit Unterstützung des Ministeriums für Staatssicherheit – in den 1980er Jahren unter falschem Namen in der DDR. Mit der Wende wurden ihre Identitäten enttarnt. Susanne Albrecht wurde schließlich 1990 zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Jahr 1996 kam sie frei und lebt seither unter einem falschen Namen.

Die dritte Generation

Anfang der 1980er Jahre änderte die RAF ihre Strategie. Die dritte Generation verfolgte eine Internationalisierung des Terrorismus, Kommandos wurden eingesetzt. Es ging konspirativer und professioneller zu, von vielen Mitgliedern sind keine Namen bekannt. Sie hinterließen weniger Spuren als ihre Vorgänger. Über sie sagte der Journalist und RAF-Experte Stefan Aust am Dienstagabend im ZDF-„heute-journal“, die zweite Generation habe versucht, die erste aus dem Gefängnis zu befreien. „Als das nicht funktioniert hat, gab es dann die dritte Generation, und die haben eines getan, nämlich schlichtweg Morde begangen. Sie haben Leute einfach erschossen oder haben ihnen Fallen gestellt.“

Die Anschläge richteten sich unter anderem gegen den Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen. Als letztes Mordopfer gilt der 1991 erschossene Treuhandchef Detlev Carsten Rohwedder. Er wurde von einem Scharfschützen der RAF erschossen. Die Terrororganisation übernahm die Verantwortung, die an der Tat beteiligten konnten aber bislang nicht identifiziert werden. Die Bundesanwaltschaft kennt nur von wenigen Mitglieder der dritten Generation die Namen. Der Verfassungsschutz spricht von 20 Personen und 250 Unterstützern.

Nur das Paar Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld werden unstrittig der Kommandoebene der dritten Generation zugerechnet. Grams soll 1984 untergetaucht sein und zeitweise in einer konspirativen Wohnung in Tübingen im Untergrund gelebt haben. Beim Versuch einer Festnahme durch die GSG-9 wurde er 1993 in Bad Kleinen (Mecklenburg-Vorpommern) angeschossen, später starb er in einer Klinik in Lübeck. In mehreren Medien wurde nach seinem Tod spekuliert, es habe sich um eine Hinrichtung durch die GSG-9 gehandelt , eine Theorie, die sich in Teilen des linken Spektrums bis heute hält. Beweise dafür gibt es keine.

Wolfgang Grams starb 1993 beim Versuch einer Festnahme der GSG-9. /Verleih,X-Verleih

Namentlich bekannt als Teil der dritten Generation sind außerdem die vor wenigen Tagen festgenommene Daniela Klette und die nach wie vor gesuchten Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg.

Aufnahmen von einem historischen Fahndungsplakat: Ernst-Volker Staub, Daniela Klette, Burkhard Garweg (v.l.). Foto: Polizei/Polizei

Konkret wird Klette von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zur Last gelegt, gemeinsam mit den noch gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche JVA Weiterstadt verübt zu haben. Durch die Explosion war an dem Gebäude ein Schaden von rund 123 Millionen D-Mark entstanden. Die Anklagebehörde wirft Klette, Garweg und Staub außerdem versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor.