Verbarrikadierte Türen, verschlüsselte Durchsagen, Schultische als Schutz: Nach dem Amoklauf von Winnenden haben viele Schulen in Baden-Württemberg ihre Krisenpläne überprüft.

Karlsruhe - Verbarrikadierte Türen, verschlüsselte Durchsagen, Schultische als Schutz: Nach dem Amoklauf von Winnenden haben viele Schulen in Baden-Württemberg ihre Krisenpläne überprüft.

Wie gut sind die Schulen für den Ernstfall gerüstet?

Als Kultus-, Innen- und Umweltministerium 2006 die Schulen im Südwesten beauftragten, Krisenpläne aufzustellen und Krisenteams einzurichten, reagierten manche Lehrer verärgert. Solche Vorsorge sei doch unnötig, bekamen Schulleiter immer wieder zu hören. "Inzwischen murrt jedoch keiner mehr, wenn ich das Thema Sicherheit anspreche", berichtet ein Rektor.

In den vergangenen Tagen haben viele Schulen mit Polizei und Behörden über Sicherheitsvorkehrungen beraten. In einem Notfall sollen die Mitglieder des Krisenteams, die jährlich benannt werden, die nötigen Schritte unternehmen. Anhand des Krisenplans kann sich die Polizei schnell einen Überblick über die jeweilige Schule, die Zahl der Lehrer und Schüler, das Gebäudes oder besondere Gefahrenbereiche verschaffen.

Die meisten Rektoren sind mit dem Stand ihrer Pläne für den Ernstfall zufrieden, ergab eine Umfrage der Deutschen Presseagentur. Manche Schulen haben allerdings erschreckende Lücken: Alarmsirenen fehlen, Notausgänge sind zugestellt, Adressenlisten veraltet.

"Wir wären momentan nicht in der Lage, ein Alarmsignal zu geben", sagt Gunter Vogel, Rektor der Gutenbergschule in Karlsruhe. Die Läuteanlage der über 100 Jahre alten Schule werde noch von Hand bedient. "Bei einem Amoklauf müsste sich also jemand unter Einsatz seines Lebens durchschlagen und das Gerät betätigen", so Vogel. Auch fehle ein entsprechendes Klingelzeichen. Eine verschlüsselte Durchsage wäre ebenfalls nicht möglich, denn eine Sprechanlage fehlt.

Einige Schulen machen Alarmübungen in der Praxis, andere nicht. "Wir wollen ja keine Angst verbreiten", betont der Leiter der Eichendorff-Realschule in Reutlingen, Werner Zey. Auch am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Konstanz gibt es keine Übungen. Schulleiter Jürgen Kaz will seine Schule auch nicht "aufrüsten", etwa mit neuen Schließsystemen. Das regelmäßige Coaching und Durchspielen gefährlicher Situationen reiche aus. Zudem würden die Notfallpläne fortlaufend mit Psychologen, Seelsorgern und der Polizei besprochen.

In Tübingen setzen sich Schulleiter, Polizei und Stadt zusammen, um ihre Pläne zu verbessern. In Pforzheim ist dies schon geschehen: So sollen bis Jahresende an jeder Schule Alarm- und Verriegelungssysteme in den Klassenzimmern installiert werden. Geprüft werde auch ein Funkalarm durch Lehrer, sagt Oberbürgermeisterin Christel Augenstein (FDP).

Sie betont aber auch: "Unsere Schulen müssen Orte des Vertrauens bleiben und dürfen nicht zu Festungen ausgebaut werden." Die beste Vorbeugung sei es, Außenseiter wieder in die Schulgemeinschaft zurückzuholen. Dies strebt auch das Kepler-Gymnasium in Freiburg an: "Wir setzen vermehrt darauf, Schüler zu erkennen und im Auge zu behalten, die sich vielleicht merkwürdig entwickeln", sagt Schulleiter Rolf Behrens. Mobbing soll verhindert werden.

Auf Nummer sicher geht die Integrierte Gesamtschule Mannheim-Herzogenried: "Der Krisenplan ist auf allen Positionen doppelt besetzt, falls einer der Lehrer zum Opfer wird", erklärt Schulleiter Gerhard Diehl. Ausgebildete Pädagogen können medizinische Hilfe leisten. Um Kontakt halten zu können, haben sie alle ein Walkie-Talkie.