Ein Vorschlag, wie die umstrittene „Kunstlichtung“ aussehen könnte Foto: Animation: Stadt Waiblingen

Der Naturschutzbund (Nabu) Waiblingen kritisiert die vom Gemeinderat beschlossene „Kunstlichtung“ in der Talaue scharf. Das Projekt im Rahmen der Remstalgartenschau, bei dem rund 300 Bäume in die Wiesenlandschaft gepflanzt werden sollen, halten die Naturschützer für das Ende des Biotops.

Waiblingen - Operation gelungen, Patient tot!“ – so kommentiert der Naturschutzbund (Nabu) Waiblingen die Pläne der Stadt, in der Talaue anlässlich der Remstalgartenschau eine „Kunstlichtung“ zu schaffen. Dafür sollen in die Wiesenlandschaft knapp 300 Hochstammbäume gepflanzt werden (wir berichteten). Eine Mehrheit im Gemeinderat hatte für dieses mit rund 560 000 Euro veranschlagte Projekt grünes Licht gegeben.

„Mit seinem Beschluss hat der Gemeinderat eines der letzten Überbleibsel der alten Kulturlandschaft der Talaue zum Untergang verurteilt“, kritisiert die Nabu-Gruppe Waiblingen diese Entscheidung. Denn gerade das, was die Waiblinger Talaue wirklich wertvoll mache, werde bei diesem Projekt geopfert: die letzten verbliebenen stadtnahen Freiräume, die obendrein ökologisch bedeutsam seien.

Kritik an der „Planungstütensuppe“

„Nachdem es die Stadt schon fertiggebracht hat, durch unangepasste und mit dem Naturschutz nicht abgestimmte Pflegemaßnahmen die in der Talaue brütenden Nachtreiher, die auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen, zu verjagen, sind auch die Tage dieser verbliebenen Freiflächen gezählt“, monieren die Naturschützer. Diese Wiesen kommen laut dem Nabu den blütenreichen Flachlandmähwiesen nahe, welche die Europäische Union unter besonderen Schutz gestellt hat. Die Frage der Naturschützer: „Warum muss diese Wiesenlandschaft mittig gefüllt werden?“

Dass Hunderte von Bäumen mit Tiefladern aus Holland nach Waiblingen geschafft und gepflanzt werden, auf dass eine Kunstlichtung entsteht, macht laut den Naturschützern „die realitätsferne Abgehobenheit der Planung sehr deutlich“. Anstatt die vorhandenen ökologischen Potenziale der Auenlandschaft weiterzuentwickeln, werde „ein modernistisches Konzept entwickelt, mit bunten Powerpoint-Folien illustriert, und fertig ist die Planungstütensuppe“, klagt der Naturschutzbund. Solche honorarintensiven Lösungen nutzten in erster Linie den Planern und den Firmen, welche deren Pläne ausführten: „Zahlen tut ohnehin der Steuerzahler.“

Alte Sünden sollten Ausgangspunkt der Planungen sein

Nicht nur in der Waiblinger Talaue, sondern auch an anderen Orten der Remstalgartenschau sei die Devise der Planer, sich die schönsten Stellen auszusuchen und diese zu inszenieren – mit Stegen, Plattformen, Terrassen. „Statt selbst Werte zu entwickeln, hängt man sich irgendwo an und bedient sich der vorhandenen landschaftlichen Werte. Und zerstört sie damit.“ Das, so klagt der Nabu, sei „offensichtlich ein Rezept, mit dem man Verwaltungen und Räte überzeugen kann“. Stattdessen sollte man „alte Sünden und Landschaftsschäden zum Ausgangspunkt der Planung machen“.

Die Idee, im Zuge der Remstalgartenschau einen kleinen Kiesstrand an der Rems zu schaffen, hält der Nabu-Vorsitzende Bruno Lorinser im Übrigen für völlig unrealistisch: Beim nächsten Hochwasser, argumentiert Lorinser, würden die Steine davongeschwemmt, und neue müssten herangekarrt werden. Denn anders als etwa der Rhein, der von Natur aus Kies als Geschiebe mit sich bringe, werde die Rems nur eines herantragen: jede Menge Sand.