Foto: Gottfried Stoppel

Die Schwaneninsel in Waiblingen hat ihn zum „Swan Island Rag“ inspiriert, der Fischtreppe am Häckerwehr hat er das Stück „Fishsteps“ gewidmet. Und seit Andy Lawrence das Remstal kennt, hat er schon manche Morgendämmerung erlebt – und die Stimmung in dem Lied „Dawn in Rems Valley“ vertont.

Waiblingen - „Das Remstal war mir lange Zeit unbekannt“, sagt der Engländer, den seine Musikerlaufbahn in den Siebzigern nach Deutschland gebracht hat. 18 Jahre war er damals jung, der Spross einer Musikerfamilie, und Jazz war seine große Leidenschaft. Fünf Jahre tourte er mit der Roy Pellet Jazzband durch Europa. Als sich die Musiktruppe auflöste, blieb der Trompeter in Deutschland, lebte erst in Berlin und später in Stuttgart. Doch erst die Liebe zu einer Waiblingerin hat Andy Lawrence über den Neckar und an die Rems geführt. „Ich war unglaublich begeistert von der Schönheit der Gegend“, schwärmt er, „sie hat große Ähnlichkeit mit dem Flusstal des River Avon, wo ich aufgewachsen bin.“

Die liebliche Landschaft mit den Weinbergen und dem Fluss, aber auch Ereignisse wie ein Weihnachtsmarkt oder die sprießenden Knospen an einem Kastanienbaum - solche Erfahrungen und Eindrücke hat Andy Lawrence im Laufe von etwa drei Jahren nach und nach zu musikalischen Bildern verarbeitet. Viele Melodien kommen ihm bei Spaziergängen plötzlich in den Kopf – deshalb trägt er in seinem Rucksack nicht nur eine Wasserflasche, sondern stets auch ein Stück Papier und einen Stift bei sich. Irgendwann hatte er eine ganze Reihe von Remstal-Melodien beisammen und stellte fest: „Die passen zueinander.“ So ist sie entstanden, die Suite mit dem Titel „An Englishman in Rems Valley“. Gedacht ist das rund zweistündige Werk für ein Dixieland Ensemble.

Da passt es gut, dass Andy Lawrence bei Peter Bühr and his Flatfoot Stompers mitmischt. Der 72-jährige Waiblinger Peter Bühr spielt seit Kindertagen Klarinette und Saxofon, seinen Vater, einen Zollbeamten und Geiger im Nebenberuf, hat er schon früh in dessen Salonorchester begleitet. Und wie Andy Lawrence ist er als Jazzmusiker durch die Lande gereist und hat Europäer und Amerikaner mit Musik im Stil von Louis Armstrong, Benny Goodman oder King Oliver erfreut. 1980 rief Peter Bühr die „Rems-Murr-Jazztage“ ins Leben und lotste im Zuge des Festivals knapp 20 Jahre lang bekannte Musiker aus ganz Europa nach Waiblingen.

Eben dort wird am 14. und 15. November auch die Remstal-Suite uraufgeführt – und zwar im Bürgerzentrum. Die sieben Musiker des Ensembles sind noch schwer beschäftigt mit dem Proben. „Ich hatte einen Unfall und war zwei Monate außer Gefecht“, sagt Andy Lawrence, „wir haben spät angefangen mit den Proben. Es ist ein Rennen gegen die Zeit.“ Wobei die Chancen gut stehen, dass alles klappt. Schließlich beherrschen bei Peter Bühr and his Flat Foot Stompers alle Bandmitglieder die Kunst des Notenlesens. Keine Selbstverständlichkeit für Jazzcombos, sagt Lawrence: „In der deutschen Jazzszene spielen zu 95 Prozent Amateure, die meisten davon können nicht vom Blatt spielen.“

Die Zuhörer im Bürgerzentrum erwartet, so verspricht Lawrence, eine angenehme Überraschung: „Da sind Klänge zu hören, die man normalerweise nicht mit Dixieland in Verbindung bringt.“ Die Bandmitglieder sollen und dürfen improvisieren, sie sollen „sich reindenken“ und rüberbringen, was da vor sich geht in den Musikstücken. Und wenn sich Andy Lawrence’ Wunsch erfüllt, dann weckt die Suite das Interesse der Zuhörer für „lebende Musik“.

Die Remstal-Suite ist am 14. und 15. November, 20 Uhr, im Bürgerzentrum Waiblingen zu hören. Das Freitagskonzert ist ausverkauft, für den Samstag gibt es noch Karten für 12 Euro im i-Punkt Waiblingen (Telefon 0 71 51 / 500 1 1 55) ..