Das Heim soll im Gewerbegebiet Egarten entstehen. Foto: Landratsamt Ludwigsburg/Marbacher Zeitung

Murr
An dem vorgesehenen Standort an der Ecke Raiffeisenstraße/Rudolf-Diesel-Straße soll ein Wohnheim für 44 unbegleitete minderjährige Ausländer entstehen. Mit dem Bau soll kurzfristig begonnen werden, die Bauzeit sechs Monate betragen.

Murr - Es war schon länger geplant, dass der Landkreis Ludwigsburg Flüchtlinge in einer Gemeinschaftsunterkunft Murr unterbringen will. An der Ecke Raiffeisen-/Rudolf-Diesel-Straße waren die Vorbereitungen für ein Heim für bis zu 95 Personen im vorigen Herbst schon weit gediehen. Eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Einrichtung für soziale Zwecke lag vor, die Vergabe der Bauarbeiten war bereits ausgeschrieben. Doch dann wurde das Vorhaben wegen der zurückgehenden Asylbewerberzahlen vom Kreistag zurückgestellt – ebenso wie in Erdmannhausen, Affalterbach, Rielingshausen und Großbottwar.

Doch der Standort in Murr ist nun wieder in den Fokus gerückt: Am Freitagnachmittag hat der Kreistag in seiner Sitzung beschlossen, den Standort anderweitig zu nutzen und an der Ecke Raiffeisen-/Rudolf -Diesel-Straße ein Jugendwohnheim mit 44 Betreuungsplätzen zu bauen, in dem unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) untergebracht und betreut werden sollen. Die Entscheidung fiel bei einer Enthaltung einstimmig.

Laut der Sitzungsvorlage ist geplant, die Unterkunft in einer zweigeschossigen nachhaltigen Massivholzbauweise mit einfachem Ausbaustandard zu errichten, wie es zum Beispiel bereits in Gerlingen geschehen ist. Erhöhter Schallschutz und besondere energetische Standards seien nicht vorgesehen, eine Fassadendämmung könne aber später nachgerüstet werden.

Geplant sind Wohngruppen mit je vier Einzelzimmern und einem Gemeinschaftsraum mit Küchenzeile und Bad. Weiterhin seien in den Planunterlagen Büros und Räumlichkeiten für pädagogische Fachkräfte vorgesehen, führt die Sitzungsvorlage weiter aus. Das Jugendamt des Landkreises als auch die freien Jugendhilfeträger sind auf der Suche nach Anschlusswohnraum für die insgesamt 376 unbegleiteten minderjährigen Ausländer des Landkreises und sehen in dem Bauvorhaben in Murr flexible Möglichkeiten mit Blick auf die Betreuungsintensität und auf die Aufenthaltsdauer. Die Kosten für den Neubau werden auf rund 2,35 Millionen Euro geschätzt. Hinzu kämen die laufenden Kosten für die Miete des Grundstücks von rund 1100 Euro pro Monat und die Verbrauchskosten für Strom, Wasser und Heizung. Mit dem Bau könne kurzfristig begonnen werden, die Bauzeit werde auf sechs Monate taxiert, heißt es in der Sitzungsvorlage weiter. Die Betreuung solle durch einen freien Träger der Jugendhilfe im Landkreis übernommen werden.

Für den Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch macht es keinen Unterschied, ob erwachsene oder minderjährige Flüchtlinge nach Murr kommen. „Der Landkreis hat das Grundstück gepachtet, es war klar, dass hier eine Unterkunft gebaut wird“, erklärt er. Entscheidend sei, dass es ein gutes pädagogisches Konzept für die Einrichtung gebe. Er sei aber überzeugt, dass der Landkreis beziehungsweise der freie Träger für eine gute Betreuung Sorge tragen werde.

„Unser Wunsch ist es, dass es rund um die Uhr einen Ansprechpartner für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer gibt“, sagt Bartzsch. Wenn es gewünscht werde, könne auch der Arbeitskreis Asyl seine Unterstützung anbieten.

Nach Angaben des Landkreises Ludwigsburg mussten für die UMA in diesem und im vergangenen Jahr innerhalb kürzester Zeit Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten gefunden werden, da die Kapazitäten der freien Jugendhilfeträger nicht ausreichten, um die kontinuierlich vom Landesjugendamt zugewiesenen UMA zu unterzubringen und zu betreuen. Der Landkreis habe daher selbst Wohnraum anmieten müssen und derzeit 83 UMA zumindest übergangsweise in Pensionen und Hotels unterbringen müssen. 72 Prozent der dort lebenden UMA seien 17 und 18 Jahre alt, für sie müssten geeignete Wohn- und Betreuungsformen gefunden werden, die eine schrittweise Verselbstständigung und eine flexible Betreuung ermöglichen.

Juristisch gesehen könnten UMA, die vor dem 18. Lebensjahr einen Asylantrag gestellt haben, nicht mehr in einer Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene untergebracht werden. Ein weiteres Jugendwohnheim ist bisher nur in Ludwigsburg in der Strombergstraße geplant. Die Umbauarbeiten dort laufen bereits auf Hochtouren, die UMA sollen dort spätestens zum 1. Januar 2017 einziehen.