Bis 2029 soll vom Munitionsbunker im Tiefenbachtal nichts mehr zu sehen sein Foto: dpa

Im Tiefenbachtal – idyllisch gelegen zwischen Nürtingen, Beuren und Owen – wurde vor rund 50 Jahren ein gewaltiges Munitionsdepot angelegt. Jetzt sollen die Bunker mit 500 000 Kubikmeter Erde überdeckt werden. Die Anrainerkommunen fürchten den Baustellenverkehr.

Im Tiefenbachtal – idyllisch gelegen zwischen Nürtingen, Beuren und Owen – wurde vor rund 50 Jahren ein gewaltiges Munitionsdepot angelegt. Jetzt sollen die Bunker mit 500 000 Kubikmeter Erde überdeckt werden. Die Anrainerkommunen fürchten den Baustellenverkehr.

Beuren - Rund 30 000 Lkw-Ladungen sind nötig, um 500 000 Kubikmeter Erde zu befördern. Kein Wunder, dass sich die Begeisterung im Umland des Munitionsdepots in Grenzen hält. Doch dass es so kommen wird, ist keine Frage. Der Kreis Esslingen hat vor wenigen Tagen das rund 27 Hektar große Areal vom Land gekauft – seit 1999 hatte er es gepachtet und als Lager genutzt: für Häuser, die irgendwann einmal im Freilichtmuseum Beuren neu aufgebaut werden sollen, aber auch für Material im Katastrophenschutz, wie etwa Sandsäcke.

Das Munitionsdepot stammt aus der Zeit des Kalten Kriegs – aus den 1960er Jahren. Die Bunker wurden angelegt, um gewappnet zu sein, falls der damals befürchtete Dritte Weltkrieg ausbrechen sollte. Eine Baugenehmigung gab es nicht: Militärische Anlagen waren ausgenommen, weil sie der Geheimhaltung unterlagen.

Als sich zeigte, dass die Bunker militärisch nicht benötigt werden, pachtete der Landkreis sie, um sperrige Gegenstände einzulagern. Doch dann legte das Land fest, dass die Fläche rekultiviert werden muss – ebenso wie die alten Deponien. Bis 2029 soll die gesamte Anlage aufgeforstet sein. Eine Prüfung ergab, dass der Aufwand, die massiven Betonbunker abzubrechen, zu groß wäre. Man beschloss, das ganze Areal mit Erde aufzuschütten.

Für den Landkreis dürfte diese Aktion unterm Stich sogar recht lukrativ werden. Dem Kaufpreis von 1,3 Millionen Euro stehen Einnahmen gegenüber, die die Anlieferer der Erde erbringen müssen. Für einen Kubikmeter Erde verlangt der Landkreis zwölf Euro, also insgesamt rund sechs Millionen Euro für die ganze Menge. Vorteilhaft für den Kreis ist, dass die Infrastruktur für die Erdabladestelle schon vorhanden ist: Direkt neben dem Munitionsdepot befindet sich die Erddeponie Blumentobel, wo etwa eine Waage schon vorhanden und die Erschließung gesichert ist.

Gerade die Verbindung mit der Erddeponie lässt die Nachbarkommunen aber aufhorchen. Beurens Bürgermeister Erich Hartmann befürchtet eine schleichende Verlängerung der Deponielaufzeit. „Das war mal eine kleine Deponie unserer Gemeinde“, sagt Hartmann. Irgendwann sei sie zur Kreisdeponie geworden, und mittlerweile sei bereits das dritte Erweiterungsverfahren gelaufen. „Wir sind alarmiert“, sagt Hartmann. Werde jetzt erst das Munitionslager verfüllt und dann erst der Blumentobel, hätte man noch 40 bis 50 Jahre Deponie.

Am meisten irritiert ihn die Aussage, dass die Verfüllung der Deponie ohne Baugesuch möglich sei. Hartmann wurde auf die Geheimhaltung für militärische Anlagen verwiesen. Dies gelte inzwischen allerdings nicht mehr, sagt Manfred Kopp, Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises, der auch das Projekt Munitionsdepot unter seinen Fittichen hat. Es werde zwar kein Planfeststellungsverfahren, wohl aber ein Bebauungsplanverfahren notwendig und auch durchgeführt. Hartmanns Einwand, die Bunker seien längst eine biotophafte Anlage, beantwortet Kopp damit, dass selbstverständlich naturschutzrechtlich geprüft werde, welche Tier- und Pflanzenarten dort vertreten seien.

Das wiederum lässt den Beurener Gemeinderat hoffen, dass die Überdeckelung der Bunker nicht erlaubt wird. Denn das Gremium musste jüngst ein Baugebiet aufgeben „wegen eines Pärchens Halsbandschnäpper“, wie Hartmann sagt. Jetzt plant der Gemeinderat an anderer Stelle ein Baugebiet – und sieht sich dieses Mal von Eidechsen und alten Bäumen ausgebremst. Hartmann kann deshalb nicht glauben, dass der Artenschutz bei öffentlich-rechtlichen Planungen keine Rolle spielen soll.

Tatsächlich lässt der Kreis nur den Eintrag unbelasteter Erde zu. Die dürfe ausschließlich aus dem Landkreis stammen, sagt Manfred Kopp. Der Aushub für die ICE-Neubautrasse komme nicht infrage, weil nicht klar sei, ob das Material belastet sei. Manfred Kopp rechnet nun mit einem Jahr für das Umweltgutachten, danach werde das Baugesuch eingereicht. Wegen der „sehr schwankenden Mengen“ bleibt unklar, wie lange die Überdeckung der Bunker dauert – 15 bis 20 Jahre hält Kopp für realistisch, bis auch die Deponie geschlossen wird.

Die Sorge, dass dann mehr Lkw durch die Ortschaften von Nürtingen, Owen und Beuren zur Deponie fahren als bisher, entkräftet Kopp. Schon heute werde unbelastete Erde aus dem Kreis angeliefert, die auf dem Blumentobel lande. Künftig würden diese Lkw einfach weitergeleitet zum Munitionslager. Zuletzt soll das Gelände aufgeforstet und mit Mischwald bepflanzt werden.

Die Aktion könnte sich im Übrigen positiv auf das benachbarte Freilichtmuseum Beuren auswirken: „Vielleicht werden ja noch ein oder zwei Häusle aufgebaut“, sagt Manfred Kopp mit Blick darauf, dass es schwer werden wird, alternative Lagerflächen für die eingemotteten Gebäude zu finden.