Die Münchener Sicherheitskonferenz beginnt mit deutlichen Worten des Bundespräsidenten. Joachim Gauck mahnt eine stärkere Rolle Deutschlands in der Welt an. Das Treffen birgt wie jedes Jahr jede Menge Zündstoff.
Die Münchener Sicherheitskonferenz beginnt mit deutlichen Worten des Bundespräsidenten. Joachim Gauck mahnt eine stärkere Rolle Deutschlands in der Welt an. Das Treffen birgt wie jedes Jahr jede Menge Zündstoff.
München - Bundespräsident Joachim Gauck hat ein Ende der Zurückhaltung in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik gefordert. „Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substanzieller einbringen“, sagte er am Freitag zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz. Er plädierte für eine grundlegend neue Sichtweise: Deutschland dürfe nicht Weltabgewandtheit und Bequemlichkeit hinter seiner historischen Schuld verstecken. Sonst werde aus Zurückhaltung so etwas wie Selbstprivilegierung.
Zum 50. Mal ist München Treffpunkt zahlreicher Staats- und Regierungschef, Top-Militärs, Wissenschaftler und Manager. Bis kommenden Sonntag diskutieren sie in kleinen und großen Runden, sowohl öffentlich als auch vertraulich im Hotel „Bayerischer Hof“ über internationale Brennpunkte.
Die Themen: Machtkampf in der Ukraine, Bürgerkrieg in Syrien, Atom-Streit mit dem Iran, Nahost-Friedensbemühungen, NSA-Abhörskandal und Sicherheit im Internet. Neben Gauck standen am Freitag auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr Vorgänger, der jetzige Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) auf der Rednerliste.
Insgesamt werden rund 20 Staats- und Regierungschefs sowie mindestens 50 Außen- und Verteidigungsminister erwartet. Mehr als 90 Regierungsdelegationen sind zu Gast in München.
Erwartet wurde auch Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko, einer der wichtigen Oppositionsführer im ukrainischen Machtkampf. Klitschko wurde noch am Freitag zu Gesprächen mit US-Außenminister John Kerry erwartet, ein Treffen mit Gauck war offen.
Zudem schickte US-Präsident Barack Obama seine Sicherheitsberaterin Susan Rice und US-Verteidigungsminister Chuck Hagel. Sie sollten bei denjenigen Partnern verlorenes Vertrauen wieder zurückgewinnen, die der US-Geheimdienst NSA ausgespäht hatte. Aus Russland sollte Außenminister Sergej Lawrow kommen.
Mit seiner Grundsatzrede griff der Bundespräsident eine Debatte innerhalb der schwarz-roten Bundesregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf.
Gaucks Plädoyer für eine stärkere Rolle Deutschlands im Rahmen von Europäischer Union und Nato schloss militärisches Engagement ein. „Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen, wird politisch besonnen vorgehen und alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte er. „Aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird - der Einsatz der Bundeswehr -, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip „nein“ noch reflexhaft „ja“ sagen.“ Die Bundesrepublik müsse bereit sein, mehr zu tun für jene Sicherheit, die ihr über Jahrzehnte von anderen gewährt wurde.
Verteidigungsministerin von der Leyen hatte die Debatte über ein stärkeres weltweites Engagement Deutschlands angestoßen. Steinmeier (SPD), der am Samstag in München sprechen wollte, hatte dazu erklärt, die „Kultur der militärischen Zurückhaltung“ dürfe nicht mit einer „Kultur des Heraushaltens“ verwechselt werden.
Auch Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte am Donnerstag nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gesagt, Deutschland müsse sich bei der Lösung internationaler Konflikte einmischen.
Gauck begründete seine Forderungen auch mit den Bestrebungen der USA, ihr globales Engagement zurückzufahren. Gleichzeitig sei Europa inmitten der Euro-Krise mit sich selbst beschäftigt, sagte er. „Im Zuge dieser Entwicklungen zu glauben, man könne in Deutschland einfach weitermachen wie bisher - das überzeugt mich nicht.“
Der Bundespräsident trat zwar dem Eindruck entgegen, Deutschland sei bisher bei der Krisenbewältigung der „Drückeberger der Weltgemeinschaft“ gewesen. Er kritisierte aber ein zu geringes Tempo, in dem sich das vereinte Deutschland zu einem Garanten internationaler Sicherheit entwickle.
Die Münchener Polizei ist mit 3100 Beamten im Einsatz. Teile der Innenstadt ums Tagungshotel sind abgeriegelt. Am Samstag sind Demonstration von Gegnern der Konferenz geplant. Die Polizei rechnet mit bis zu 5000 Protestierenden.
Die Initiative „Kooperation für den Frieden“ veröffentlichte einen Aufruf zu Protesten: „100 Jahre Beginn Erster Weltkrieg, 75 Jahre Beginn Zweiter Weltkrieg, 50 Jahre Sicherheitskonferenz in München: Die Sicherheitskonferenz steht für Kriegspolitik.“