Neun WM-Titel hat Motorrad-Legende Valention Rossi schon – nun hat er Nummer zehn im Visier Foto: AP

Valentino Rossi hat in seiner Karriere viele Höhen, aber auch Tiefen erlebt – nun kann der neunmalige Motorrad-Champion in Sepang Titel Nummer zehn erringen. Das haben ihm viele nicht zugetraut.

Sepang - Tavullia ist eine Ausnahme in Italien. In dem kleinen Städtchen, 30 Straßenkilometer südlich von Rimini und ein wenig landeinwärts gelegen, steht am Ortseingang ein Schild, das auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit hinweist: „46“, steht drauf zu lesen, nicht die landesübliche „50“. Die 46 ist eine Hommage; eine Hommage an Valentino Rossi, den neunmaligen Motorrad-Weltmeister, die Zweirad-Legende. Der Bursche, mittlerweile 36 Jahre alt, ist in Tavullia aufgewachsen und hat nie den Bezug zu seiner Heimat verloren. Dort hat er sich eine Renn-Ranch gebaut, auf der seine Jugendfreunde von einst arbeiten.

Valentino Rossi hat sich ein Imperium aufgebaut, finanziell sowieso – zehn Millionen Euro erhält der Italiener pro Saison von Yamaha für seine Dienste, zuzüglich Werbung sowie der Einnahmen aus seiner Vermarktungsfirma VR 46 kommt der Motorrad-Pilot auf etwa 40 Millionen Euro pro Jahr. Mit geschätzten 300 Millionen Euro gilt „Il dottore“ als wohlhabendster Sportler auf dem Stiefel. Geld ist eine schöne Sache, Ruhm kann man sich davon nicht kaufen – und an seiner (motorsportlichen) Unsterblichkeit arbeitet Valentino Rossi in dieser Saison. Er könnte an diesem Sonntag in Sepang seinen zehnten WM-Titel holen. Ein Polster von elf Punkten hat er auf Jorge Lorenzo. Die Rechnung ist einfach: 15 Zähler mehr als der Spanier muss der Mann aus Tavullia holen, um sich den Traum von seiner Nummer 10 zu erfüllen. „Ich fühle mich gut, ich bin in Form, und die Jungs im Team sind bereit, alles zu geben“, sagt der 36-Jährige vor dem vorletzten Rennen.

Mit neun WM-Titeln und 112 Grand-Prix-Triumphen ist Rossi längst eine Legende, aber mit der zehnten Meisterschaft würde er sein Denkmal vergolden. Nachdem er Ende 2010 Yamaha verlassen hatte, wollte er mit der Italo-Verbindung Rossi/Ducati Geschichte schreiben – aus dem Traum wurde ein Trauma. Der Doc fand kein Rezept, um die kränkelnde Duc zu heilen, in zwei Jahren gelang ihm kein Rennsieg, und lediglich dreimal stand er auf dem Podium. Ein Schicksalsschlag traf ihn zudem hart. Am 23. Oktober 2011 war Rossi unverschuldet in den Unfall verwickelt, in dem sein Landsmann und Freund Marco Simoncelli in Sepang tödlich verunglückte – ausgerechnet Rossi hatte ihn nach dessen Sturz überrollt. Der Vorfall nagte sehr an dem Star. „Ich hätte nicht gedacht, dass er sich davon und von den tristen Ducati-Jahren erholt“, sagte der ehemalige Motorrad-Profi Alex Hofmann. Wie er täuschten sich auch andere.

Der Routinier hat seinen Stil geändert

Auf der Yamaha reihte sich der Altmeister wieder in die Weltspitze ein, 2013 wurde Rossi WM-Vierter und im vergangenen Jahr gar Vizeweltmeister. „Ich glaube, dass Rossi es in diesem Jahr schaffen wird“, vermutet auch Hofmann, „er hat seinen Fahrstil verändert, hat die junge Konkurrenz nicht als Abschreckung gesehen, sondern gemerkt, dass er noch mehr tun muss.“ Der Routinier hat seinen Stil variiert, er kommt nach den Kurven schneller in die aufrechte Position und kann so früher herausbeschleunigen.

In Sepang hat Rossi den ersten Matchball für Titel Nummer zehn, er würde damit alleiniger Dritter der ewigen Weltmeisterliste werden – nur Giacomo Agostini (15/Italien) und Angel Nieto (13/Spanien) liegen vor ihm. Sie zu überholen wird schwierig, Rossis Vertrag läuft bis Ende 2016. Aber an ein Karriereende mag kaum jemand denken – weder die Motorrad-Szene noch seine Fans und erst recht nicht die Bürger von Tavullia.