Mit Spielzeugwaffen in der Moschee: Ein Imam in Eppingen jagt 20 sechs- bis zwölfjährige Jungen durch sein Gotteshaus. Foto: dpa

In der Eppinger Moschee spielt der Imam mit Minderjährigen Krieg. Laut Moscheeverein waren es Proben für ein inzwischen abgesetztes Theaterstück.

Eppingen - In den vergangenen Jahren stand das „Internationale Frauenfrühstück“ in der Eppinger Mevlana-Moschee unter dem Motto „Frauen gegen Gewalt“. Deshalb verwunderte es Teilnehmerinnen der Veranstaltung am 11. März umso mehr, als sie während einer Führung durch das Gotteshaus etwa 20 sechs- bis zwölfjährige Jungen antrafen, die unter Aufsicht des Imams durch den Gebetsraum hetzten. Ein Teil von ihnen habe mit Spielzeuggewehren aufeinander gezielt, sich hingeworfen und Deckung gesucht. „Der Imam befeuerte das Treiben durch seine Rufe in türkischer Sprache“, beschreibt eine Augenzeugin das Szenario. Den Frauen habe der Vorbeter erklärt, er habe mit dem Spiel den Jungen „Krieg anschaulich darstellen“ wollen.

Dass dies so stattgefunden hat, ist unstrittig. Sowohl Sönke Brenner, Pressesprecher der Stadt Eppingen, wie auch Erkan Cetinkaya, Vorsitzender des für die Moschee verantwortlichen Islamisch-Türkischen Kulturvereins in Eppingen, bestätigen den Vorfall – auch eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung war unter den Besucherinnen. Die Moschee gehört zum Verband der staatlich-türkischen Religionsanstalt Ditib.

Proben für ein Theaterstück

Allerdings, sagt Cetinkaya, „waren es nur fünf, sechs Jungen“. Zudem habe es sich um Proben für ein Theaterstück gehandelt, dass allerdings inzwischen abgesetzt worden sei. Mit dem von einem Gemeindemitglied geschriebenen Werk habe der Vorbeter während des jeden Samstag durchgeführten muslimischen Religionsunterrichts darauf aufmerksam machen wollen, was Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak erlebt hätten. „Denn unser Verein kümmert sich auch um diese Menschen“, sagt Cetinkaya. Deshalb sei Ziel des Theaterwerkes gewesen, die fürchterlichen Seiten eines Krieges darzustellen. Inzwischen aber habe sich der Vorstand entschlossen, das Theaterstück abzusetzen. Zumal es noch keinen Termin für eine mögliche Aufführung gegeben habe.

Dass eine solche Herangehensweise überhaupt sinnvoll ist, hinterfragt Gottfried Maria Barth, Oberarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universitätsklink Tübingen. Ohne das Treiben in Eppingen konkret beurteilen zu können, gehöre diese „Herangehensweise nicht zum pädagogischen Repertoire, um mit Kinder das Thema Krieg aufzuarbeiten“. Im Gegenteil: Dies sei aus psychologischer Sicht ein „sehr problematischer Weg, gegen den ich große Bedenken habe“. Selbst wenn ein Therapeut sich zu so einem Vorgehen entschließe, seien mehrere Stunden notwendig, in denen erfahrene Pädagogen oder Psychologen das Erlebte mit den Kindern aufarbeiteten.

War es Aufhetzung zum Krieg?

„Insofern lässt dieses Verhalten eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder es war Kindesmisshandlung oder aber eine Aufhetzung zum Krieg“, sagt der erfahrene Psychiater, der sich besonders mit Computerspielen und ihren Folgen für Kinder und Jugendliche auseinandersetzt. So hat Barth auch dazu geforscht, dass sogenannte Ballerspiele ein Faktor waren, der bei allen Amokläufen in Deutschland den Tätern das Morden erleichterte.

Besucherinnen des Frauenfrühstücks haben Zweifel daran, dass es sich bei den Kriegsspielen in der Moschee wirklich um Theaterproben oder pädagogische Maßnahmen handelte. „Das Szenario wirkte auf mich, als würden die Kinder von dem Imam gedrillt. So etwas haben mir meine Söhne erzählt, die bei der Bundeswehr waren“, sagt eine Augenzeugin.

Gerade weil die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der zur staatlichen türkischen Religionsbehörde gehörenden Ditib-Moscheegemeinde seit Jahren „von Offenheit und Vertrauen geprägt war, befremdet uns diese Situation sehr“, sagt Eppingens Pressesprecher Brenner. Der Moscheeverein war 1983 gegründet, die Moschee 2005 eingeweiht worden. Die Stadtverwaltung, sagt Brenner, habe mit den Verantwortlichen des tragenden Moscheevereins „über diesen Vorfall“ gesprochen. Zudem seien über den Vorfall die Staatsschützer des Polizeipräsidiums Heilbronn informiert worden. Deren Ermittler sehen „kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten“ in den Kriegsspielen in der Eppinger Moschee, das sie verfolgen könnten.