Ein Fall für die Versicherung: Kugeln schlagen in die Autos von Unbeteiligten ein. Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat

Die Polizei muss für sichergestellte Fahrzeuge keinen Ersatz stellen. Für Schäden, die bei der Spurensicherung passieren, muss sie hingegen aufkommen. Ein Beispiel aus einem aktuellen Fall in Stuttgart-West.

Stuttgart - Am Samstag hat ein Mann, wie berichtet, in der Reinsburgstraße einen 47-jährigen türkischen Geschäftsmann auf offener Straße mit Schüssen niedergestreckt. Dem Opfer gehe es inzwischen besser, sagt der Polizeisprecher Thomas Doll. Bei der Schießerei sind mehrere Kugeln in Autos eingeschlagen.

Da mit den Kugeln ein paar der wichtigsten Hinweise auf den Täter in den Fahrzeugen stecken, müssen die Besitzer vorerst auf ihr Auto verzichten. Die Polizei ließ sie noch in der Nacht auf Abschleppwagen laden und stellte sie sicher. Einen Anspruch auf Ersatzwagen gegenüber den Ermittlungsbehörden haben die Eigentümer nicht. „Das ist eine Sicherstellung von Beweismitteln gemäß der Strafprozessordnung“, erläutert der Pressesprecher Renato Gigliotti vom Innenministerium. Ersatz könne man nur auf zivilrechtlichem Wege gegenüber dem Verursacher erstreiten, „so er denn tatsächlich gefasst werden kann“, ergänzt Gigliotti.

Das Sicherstellen der Autos ist in der Strafprozessordnung geregelt.

Im Prinzip sei das mit den nun sichergestellten Autos ähnlich, als würde jemand einen Gegenstand stehlen und damit eine Straftat begehen. „Wenn jemand Ihnen ein Messer wegnimmt und damit einen Menschen verletzt, stellen die Ermittler das auch sicher. Unter Umständen kann das Beweisstück bis zur Verhandlung im sogenannten amtlichen Verwahrungsverhältnis bleiben, wenn man die Waffe im Gericht noch in Augenschein nehmen will“, erläutert der Ministeriumssprecher.

Der Fahrzeughalter bekommt den Schaden zunächst von der Versicherung ersetzt. „Eine Pistolenkugel ist ein zwar klassisches, aber ungewöhnliches Beispiel für einen Unfall, bei dem die Vollkaskoversicherung einspringt“, erläutert Frank Folkert, der bei der Württembergischen Gemeindeversicherung in Stuttgart (WGV) stellvertretender Leiter der Abteilung für Kfz-Schadenfälle ist. Ein Unfall sei definiert als eine plötzlich von außen auf das Fahrzeug mechanisch einwirkende Kraft, sagt der Fachmann. Das Unfallrisiko wird von der Vollkaskoversicherung abgedeckt, also im vorliegenden Fall wegen der Kugeln, die in Stoßstange oder Blech eindrangen. Wer nur Teilkasko hat, hat hingegen Pech bei Karosserieschäden. Diese greift bei Glasschäden. Auch ein solcher war an einem der Autos entstanden.

Wenn der Besitzer sich später vom gefassten Täter das Geld für die Versicherung zurückholen kann, wirkt sich das positiv auf den Vollkaskoschutz aus: Dann nehmen die Versicherer meist auch die höhere Einstufung und damit den höheren Beitrag zurück, den die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung nach sich zieht. „Gegenüber der Polizei beziehungsweise dem Land als Dienstherrn bestünde nur ein Anspruch, wenn etwa bei der Spurensicherung ein weiterer Schaden verursacht würde“, sagt Renato Gigliotti. Für Ersatzfahrzeuge komme die Polizei nicht auf.

Die Polizei hat Restaurantgäste als Zeugen vernommen.

Die Kugeln in den beschädigten Fahrzeugen sind die wichtigsten Spuren, die der Schütze am Samstag im Westen hinterlassen hat. Er soll gegen 23.15 Uhr mehrere Schüsse auf einen 47-jährigen Türken abgegeben haben, der für wenige Tage geschäftlich in Stuttgart war. Die Polizei fand drei Patronenhülsen. Der Mann war mit einer Gruppe in einem Lokal an der Reinsburgstraße eingekehrt. Er verließ das Restaurant kurz, um zu telefonieren oder zu rauchen. Der Täter tauchte plötzlich auf und schoss. Dann stieg er in eine dunkle Limousine und fuhr davon. Die Polizei berichtet, dass sie inzwischen mit dem Opfer gesprochen hat. Der Mann habe aber keine Hinweise geben können. Am Montag und Dienstag befragten die Beamten der Ermittlungsgruppe „Insel“ die Bekannten, die mit dem 47-jährigen Türken zu Tisch gesessen hatten. Die Polizei bittet Zeugen, sich unter 0711/89 90-57 78 zu melden.