Von Gregor PreissKAPPEL-GRAFENHAUSEN. Für die englische Presse, die ihre helle Freude

Von Gregor Preiss

KAPPEL-GRAFENHAUSEN. Für die englische Presse, die ihre helle Freude an dem Fall hat, klingt das Geschehene wie "straight out of a Hitchcock film". Und tatsächlich hat die Verdächtige, um die es hier geht, scheinbar alles dafür getan, um es wie den perfekten Mord aussehen zu lassen. Jetzt sitzt sie in Untersuchungshaft.

Am Anfang steht eine Vermisstenmeldung: Der 70-jährige Rentner Hermann H. aus Kappel-Grafenhausen im Ortenaukreis verschwindet vom einen Tag auf den anderen. Im Oktober 2009 gibt einer seiner Vermieter eine Anzeige auf. Er will den Mann seit Monaten nicht mehr gesehen haben. Die Frau des Vermissten beteuert, ihrem Mann gehe es gut. Auf weitere Fragen der Polizei antwortet sie ausweichend. Die Ermittler schöpfen noch keinen Verdacht. Erst einige Wochen später, es ist kurz vor Weihnachten, summieren sich die Ungereimtheiten. Die Polizei bestellt die beiden ein - dann befindet sich der 70-Jährige angeblich auf Geschäftsreise.

Die Polizei intensiviert ihre Bemühungen. Auch die getrennt von H. lebende 55-jährige Ehefrau wird aktiv. Sie engagiert einen Doppelgänger und sucht mit diesem einen Rechtsanwalt und einen Notar in Freiburg auf. Dort lässt sie sich Vollmachten für sämtliche Vermögenswerte ihres Gatten übertragen. Das Double wurde zuvor von einer Maskenbildnerin nach einem Foto des vermissten Rentners hergerichtet.

Die Visagistin hatte sich hinterher bei der Polizei gemeldet, nachdem diese an die Öffentlichkeit gegangen war, um nach Zeugen zu suchen. Langsam fügte sich das Bild; zumal sich noch andere Männer bei der Polizei meldeten, denen von der 55-Jährigen die Doppelgänger-Rolle angetragen wurde. Sie lehnten alle ab - bis auf einen.

Gegen ihn wird nun ebenfalls ermittelt - "zumindest wegen Urkundenfälschung", wie ein Polizeisprecher sagt. Die Frau sitzt in Untersuchungshaft und schweigt. Auf ihrer Internetseite bezeichnet sie sich als "junge Künstlerin" mit einer "glockenhellen und zugleich sonoren Stimme". Zu ihrem Repertoire zählen Oper, Oratorium bis hin zur Operette und Musical.

Der Vermisste, von dessen Tod die Polizei inzwischen fest ausgeht, war seit seiner Pensionierung als Fischer und Fischzüchter am Rhein tätig. Außerdem arbeitete er als Bootsführer im Naturschutzgebiet Taubergießen. Zu Spekulationen, wonach er vermögend gewesen sei, wollte die Polizei sich nicht äußern. Genauso wenig zu einem möglichen Motiv, wonach die Frau nach einem luxuriöseren Leben gestrebt habe.

Ein Sprecher des Landeskriminalamts sagte, ein vergleichbarer Fall sei ihm noch nicht untergekommen. Er sprach von einem "außergewöhnlichen Modus Operandi". Die Kripo in Lahr hat inzwischen eine Sonder-Ermittlergruppe eingesetzt, die Hermann H. suchen soll. Sie dürfte der Fall wohl noch eine Zeit lang beschäftigen. Die englische Presse, für die Deutschland sonst weit weg ist, wird"s freuen.