Giorgia Meloni begrüßt Muhammad bin Zayid Al Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa/Gregorio Borgia

In Sachen Migration setzen Italien und die EU auf die Kooperation mit nordafrikanischen Staaten. Man traf sich am Sonntag zu einer Konferenz in Rom.

Zumindest was die Zahl und das Gewicht der Teilnehmer anbelangt, war die Konferenz für Giorgia Meloni ein Erfolg, bevor der Gipfel gestern Nachmittag überhaupt begonnen hatte: An den Gesprächen im Außenministerium in Rom waren bis auf Frankreich alle Mittelmeer-Anrainer vertreten, denen bei der Steuerung der Migration von Süd nach Nord eine Rolle zukommt.

Auf der einen Seite des Verhandlungstisches saßen Italien, Spanien, Griechenland, Malta und Zypern als Länder, in denen Migranten und Geflüchtete ankommen, auf der anderen Seite die Vertreter Tunesiens, Algeriens, Ägyptens, Libyens und der Türkei, die Herkunfts- und Transitländer sind. Zum Römer Gipfel kamen auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Uno-Generalsekretär António Guterres.

Finanzkräftigen Ölscheichs sollen helfen

„Mein Ziel ist es, die illegale Einwanderung ein- für allemal zu unterbinden“, hatte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, vor der Konferenz betont. Es soll nun keine militärische Seeblockade mehr erfolgen, sondern Kooperation und wirtschaftliche Entwicklung in den Herkunfts- und Transitländern werden angestrebt. Dabei könnten nach den Vorstellungen Melonis auch die Golfstaaten ihren Beitrag leisten: Die finanzkräftigen Ölscheichs von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrein, Katar und Kuwait haben in den islamischen Ländern Nordafrikas ebenfalls wirtschaftliche und politische Interessen und saßen in Rom ebenso am Tisch wie Vertreter des Internationalen Währungsfonds.

Die Rechtspolitikerin Meloni steht bei der Bekämpfung der Migration unter starkem Druck ihrer Wähler: Bis am Samstag sind in Italien in diesem Jahr bereits 83 500 Bootsflüchtlinge angekommen; im gesamten Vorjahr waren es nur 34 000 gewesen. Die Konferenz von Rom ziele darauf ab, die Migration zu steuern, den Menschenhandel zu bekämpfen und die wirtschaftliche Entwicklung nach einem neuen Modell der Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu fördern, erklärte Meloni. Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit sieht sie in den Bereichen Energie, Landwirtschaft, Wasser und Infrastrukturen.

Pakt mit nicht ganz lupenreinen Demokratien

Das Vorbild der Konferenz war unverkennbar der Migrationspakt, den die EU unter der Führung von Italien vor einer Woche mit Tunesien geschlossen hatte. Etwas vereinfacht gesagt sieht das Abkommen vor, dass sich Tunis als Gegenleistung von Millionenkrediten verpflichtet, seine Außengrenzen besser zu schützen, die Migranten - ausländische und tunesische - an seinen Küsten am Ablegen in Richtung Europa zu hindern und diejenigen Migranten wieder zurückzunehmen, die es trotzdem nach Italien oder andere europäische Länder geschafft haben. Dieses Modell wollten Meloni und von der Leyen in Rom nun auch Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko schmackhaft machen - als eine Art „Mittelmeer-Pakt“.

Schon der Deal mit Tunesien ist von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert worden. Dem tunesischen Präsidenten Kais Saied wird vorgeworfen, die Demokratie in seinem Land auszuhöhlen und Menschenrechte zu verletzen. Unter anderem hatte der Autokrat Anfang Juli seine Nationalgarde angewiesen, hunderte afrikanische Migranten zu deportieren und im tunesisch-libyschen Grenzgebiet in der Wüste auszusetzen - ohne Wasser und ohne Nahrung. Auch Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko, die nun ebenfalls Europas Außengrenzen schützen und deshalb mit Geld überschüttet werden sollen, sind keine lupenreine Demokratien.