Mesut Özils Gedanken kreisen auch um den EM-Titel 2012. Foto: dpa

In Madrid ist Mesut Özil auf dem Sprung zur Weltspitze, beim DFB-Team spricht er vom EM-Titel.

Frankfurt/Main - Bei Real Madrid ist Mesut Özil nach nur einer Saison auf dem Sprung in die Weltspitze. Ähnliches strebt er auch mit der deutschen Nationalelf an. "Ich denke schon, dass wir Favorit bei der Europameisterschaft 2012 sind", sagt er kess.

Den größten Teil seiner Freizeit verbringt Mesut Özil in Madrid mit Sami Khedira - der Tag für einen Fußballprofi ist lang, zumal in Madrid, wo gewöhnlich nur eine Übungseinheit ansteht. "Um 11 Uhr ist Training, dann gehe ich nach Hause und lerne Spanisch, und meistens habe ich Besuch von meiner Familie und von Freunden, mit denen mache ich dann etwas." Klingt nicht gerade aufregend.

Auf Anhieb Dirigent der Königlichen

Auch mit Sami Khedira findet Özil immer wieder Anknüpfungspunkte. Die beiden Deutschen gaben sich in ihrer Anfangszeit bei den Königlichen gegenseitig Halt, die gemeinsame Sprache war ihnen eine sichere, weil vertraute Stütze, und sportlich verbindet sie ohnehin das Streben nach Höherem. So verwundert es auch nicht, dass Özil in diesen Tagen besonders genau auf das Wohlergehen seines Teamkollegen schaut. Khedira laboriert seit fünf Wochen an einem Muskelbündelriss im Oberschenkel, was am Ende einer Saison nicht weiter schlimm wäre - wenn da nicht die Pflicht in der Nationalmannschaft anstünde. In den EM-Qualifikationsspielen gegen Österreich am Freitag (20.30 Uhr/ARD) in Wien und gegen Aserbaidschan am kommenden Dienstag (19 Uhr/ARD) will die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw mit zwei Siegen vollends den Weg zur EM 2012 in Polen und der Ukraine ebnen. Da wäre ein gesunder Khedira von Vorteil. Immerhin: Özil kann aufatmen. "Sami liegt voll im Plan", sagte Co-Trainer Hansi Flick bei der Pressekonferenz am Dienstag in Frankfurt/Main, "wir werden kein Risiko eingehen, aber wir sind guter Dinge, dass es für Sami reicht."

Dass Khedira und auch Mesut Özil beim Training wackelige Beine hatten, lag also ausschließlich am Programm, das die Mannschaft am Morgen absolviert hatte. In einem Flugsimulator der Lufthansa gingen die Spieler virtuell in die Luft. WM-Torschützenkönig Thomas Müller übte Start und Landung, die anderen drückten die Daumen, am Ende brachte Müller den Airbus A380 ungefährdet zurück auf die Landebahn.

Dieses Gefühl der Sicherheit hätte Mesut Özil gern öfter auch bei Real Madrid erlebt. Er selbst heimste eine Lobeshymne nach der anderen ein, er hat sich auf Anhieb zum Dirigenten aufgeschwungen, der mit feinen Pässen in die Tiefe das Spiel öffnet. So sagt sein Trainer José Mourinho über den Spielmacher: "Özil hat uns schon alle erobert, das Publikum, die Presse und mich. Er kann Reals Spiel auf zehn Jahre bestimmen." Auch Hansi Flick macht es "ein Stück stolz", dass Özil und Khedira so schnell Fuß gefasst haben: "Beide werden bei Real über die Maßen geschätzt."

Özil denkt nur noch in höchsten Regionen

Nur Özil genügt das nicht. "Ich bin nach Madrid gegangen, um Titel zu holen, sagte er. Im spanischen Pokal hat es geklappt. In der Meisterschaft musste sich Real mit Platz zwei hinter dem FC Barcelona begnügen. Auch in der Champions League scheiterte Real am späteren Gewinner.

Das sind Stachel, die tief sitzen. Und sie sind Ansporn, in der neuen Saison "mehr zu erreichen". Die Mannschaft hat sich an den neuen Trainer Mourinho gewöhnt, "er ist ein super Typ, super Trainer und super Mensch", schwärmt Özil. Im bisherigen Dortmunder Nuri Sahin und in Hamit Altintop vom FC Bayern stoßen zwei alte Bekannte zu Real, "die unser Niveau erhöhen", weitere Neuzugänge werden folgen. Das bestärkt Özil in seinem Optimismus: "Wir haben unglücklich gegen Barcelona verloren. Aber wir wissen, dass wir sie schlagen können."

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Özil denkt nur noch in höchsten Regionen

Normalerweise geht der Deutschtürke mit dem Ball deutlich virtuoser um als mit Worten. Das zeigte sich zuletzt beim 2:1-Sieg im Testspiel gegen Uruguay: Ohne Özil stockte in der zweiten Halbzeit der Spielfluss, was der Maestro relativierte: "Wir sind als Mannschaft stark besetzt und hatten auch nach der Pause einige Torchancen. Wir haben sie nur nicht genutzt."

Gestern allerdings war er auch verbal auf Offensive eingestellt. Das betraf das Länderspiel gegen Österreich - und die Erfolgsaussichten bei der EM im kommenden Sommer. "Für Österreich ist das Spiel gegen uns die letzte Chance in der EM-Qualifikation. Es wird schwer werden. Aber ich bin überzeugt, dass wir gewinnen werden", sagte Özil. Und dann erklärte er, dass er 2012 Welt- und Europameister Spanien stürzen will: "Unser Ziel ist, den Titel zu gewinnen. Ich denke schon, dass wir Favorit sind bei der EM."

Keine Frage: Mesut Özil denkt nur noch in den höchsten Regionen - dem Ruf der Königlichen angemessen.