Kurator Benedikt Weiler neben einem orangenen C 111 – die offizielle Farbbezeichung ist Weißherbst Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Das Mercedes-Benz Museum ist eine Attraktion, auf die andere Großstädte nur neidisch sein können. Demnächst wird der siebenmillionste Besucher begrüßt. Am Pfingstsonntag wird das neunjährige Bestehen gefeiert, unter anderem in der aktuellen Sonderausstellung zum Supersportwagen C 111.

Stuttgart - Futuristische Flügeltüren, eine aufsehenerregende orangene Lackierung, dazu als absoluter Tempokracher schnell wie der Wind. Das ist der C 111. Das Coupé war auf deutschen Straßen im normalen Verkehr überhaupt nicht zu sehen. Dennoch kennen zumindest aus jener Generation, die in den 70er Jahren aufgewachsen ist, fast alle dieses Fahrzeug.

Der Grund: Nichts konnte damals unter Kartenspielern gegen den Superschlitten aus dem Hause Daimler anstinken. „Im Quartett war der C 111 immer der Trumpf und hat alle geschlagen“, erinnert sich Michael Bock. Der 59-Jährige ist Leiter Mercedes-Benz Classic und Kundencenter, und er scheut bei der Beschreibung des Autos vor Superlativen nicht zurück. „Der C 111 ist für mich ein Superstar der Automobilgeschichte und der Popkultur, ein Leuchtturm der modernen Fahrzeugforschung und des wegweisenden Designs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“

Wer durch die mit dem Untertitel „zeitlos und visionär“ versehene Sonderausstellung schlendert, kann Bocks Begeisterung ebenso verstehen wie die Tatsache, dass Besucher aus ganz Deutschland und dem Ausland speziell wegen diesen Exponaten anreisen. 1969 wurde das Fahrzeug zur Erprobung von Wankelmotor und neuartigen Leichtbau-Werkstoffen bei der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Erkennbar war die Reminiszenz an die Sportwagen-Ikone 300 SL Gullwing aus dem Jahr 1954 – mit den außergewöhnlichen Flügeltüren. Fans wie Fachjournalisten waren hingerissen: „Das Auto, das den Atem nimmt“, so die Schlagzeile in der Deutschen Auto-Zeitung DAZ). Das allgemeine Interesse war riesengroß. Im Mercedes-Benz Museum befindet sich noch der Blankoscheck eines Autonarren, der damals unbedingt den C 111 haben wollte und dafür fast jeden Preis zu zahlen bereit war.

Doch der C 111 war, so Bock, „ein reinrassiges Experimentalauto“ und ging nie in Serie. Ein Grund: Der Spritverbrauch war, insbesondere in der damaligen Ölkrise, zu hoch. Ab Mitte der 1970er Jahre folgte dafür die zweite Karriere, geprägt von spektakulären Weltrekordfahrten der „Tempoflunder“, wie das Fahrzeug wegen der schnittigen Form genannt wurde.

Der weiterentwickelte C 111 IV (mit Dieselmotor, Leistung 500 PS) stellte im Mai 1979 auf der Hochgeschwindigkeitspiste im süditalienischen Nardò mit 403,978 km/h einen neuen Rundenstreckenrekord auf. Ein Tempo, das nur Spezialisten bewältigen, weiß Benedikt Weiler. Der 33-jährige Diplom-Ingenieur im Bereich Fahrzeugtechnik ist gemeinsam mit seinem Kollegen Boris Dontscheff Kurator der Sonderausstellung. „Meine höchste Geschwindigkeit waren mal 250 km/h, das hat mir gereicht“, sagt Weiler. Lediglich elf C 111 gibt es überhaupt noch, neun davon sind derzeit in Untertürkheim zu sehen. Orange ist übrigens keineswegs die korrekte Bezeichnung für die typische Farbe. Offiziell heißt die Farbe des C 111 vielmehr: Weißherbst.

An diesem Pfingstsonntag feiert das Museum sein neunjähriges Bestehen. Der Eintritt ist frei, auch für die C-111-Sonderausstellung. Seit der Eröffnung im Jahr 2006 bis zum Ende des ersten Quartals 2015 wurden mehr als 6,5 Millionen Besucher verzeichnet. Auch am Pfingstmontag ist von 9 bis 18 Uhr geöffnet, allerdings zu den regulären Eintrittspreisen.