Gerhard Schmauder, inzwischen pensionierter Berater bei der Deutschen Bank, gibt Auskunft rund ums Thema Finanzen. Foto: Julian/ Rettig

Steuern, die erste eigene Wohnung, Versicherungen, Krankenkasse – mit dem Erwachsenwerden kommt auch Eigenverantwortung. Beim Zukunftstag werden Schüler darauf vorbereitet – so etwa in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis).

Nach jahrelangem Pauken endlich das Abiturzeugnis in der Hand zu haben, ist wohl für viele Schülerinnen und Schüler ein großes Etappenziel in ihrem noch jungen Leben. Den Kopf voller mathematischer Formeln und Stilmittel für die Gedichtanalyse geht es raus ins Leben – wo all das sicher nicht hinderlich ist, aber bei Themen wie Steuern oder der passenden Krankenversicherung kaum weiterhilft.

Seminare mit regionalen Experten

Um die finanzielle und wirtschaftliche Bildung von Jugendlichen zu verbessern, wurde 2018 der Zukunftstag ins Leben gerufen und seitdem in mehr als 400 Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz umgesetzt. Das Prinzip ist simpel: Vier Themen, die im Lehrplan zu kurz kommen, werden in jeweils 70-minütigen Seminaren von regionalen Experten erklärt. So lernen die Schüler Grundlegendes über Steuern, Wohnen, Krankenkassen und Versicherungen.

Im Schorndorfer Max-Planck-Gymnasium sind das an einem regnerischen Montagmorgen Referenten der Deutschen Bank und Volksbank, von der Immobilienvermittlung Iwerta, der mhplus Krankenkasse sowie der Steuerberatung RTS. Die Macher des Projekttags für Schulen legen Wert darauf, dass die Referenten nicht nur Experten in ihrem Feld sind, sondern auch aus der Region kommen. Eigenwerbung dürfen sie während des Zukunftstags aber keine machen.

Auch eine Frage der Chancengleichheit

Die Inhalte der Präsentationen, also etwa die Folien mit den Inhalten, werden vom Zukunftstag gestellt und von den Referenten mit Leben gefüllt. Auf diese Weise lässt sich das Angebot vervielfachen und dabei sicherstellen, dass möglichst viele Schüler an Schulen im gesamten deutschsprachigen Raum davon profitieren können. „Wir wollen, dass die Schüler unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund diese Vorbereitung aufs Leben bekommen“, sagt Charlotte, die an diesem Tag als Zukunftstagsleiterin in Schorndorf ist.

Damit spricht sie eines der zentralen Probleme an, das die Macher des „Crashkurses fürs Leben“, wie sie den Zukunftstag auch nennen, beheben wollen. Wird die finanzielle und wirtschaftliche Bildung in der Schule vernachlässigt, sind davon besonders Schüler betroffen, deren Eltern ihnen dieses Wissen zu Hause nicht vermitteln können. Daher geht es beim Zukunftstag auch um Chancengleichheit.

Der Wunsch nach mehr finanzieller Bildung ist groß

Der Wissensvorsprung mancher Schüler wird zum Beispiel im Wohnungsseminar deutlich. Ein paar der Teilnehmer kennen den Unterschied zwischen Kalt- und Warmmiete, wissen, was eine Kaution ist. Ob aus Eigeninteresse oder anderen Gründen ist unklar. Für andere Schüler sind diese Begriffe dagegen völlig neu.

Dass das Interesse an diesem Wissen vorhanden ist, zeigt eine Statistik, die Charlene, ebenfalls eine der ehrenamtlichen Zukunftstagsleiterinnen, bei der Einführung erwähnt. 93 Prozent der 15- bis 25-Jährigen geben danach an, dass Finanzen eine größere Rolle in der Schule spielen sollten. Beim entsprechenden Seminar kurz darauf wird deutlich, wie wichtig finanzielle Allgemeinbildung ist.

Positives Feedback der Schülerinnen und Schüler

Alle der 15 teilnehmenden Schüler geben an, bereits ein Girokonto zu besitzen, ein Teil von ihnen hat auch eine Prepaid-Kreditkarte. Das Thema Finanzen ist also keines, das erst nach dem Schulabschluss relevant wird. Umso notwendiger ist daher die Möglichkeit zur Grundlagenbildung, die der Zukunftstag bietet. Gerhard Schmauder, der bis zu seinem Renteneintritt im Januar bei der Deutschen Bank als Berater tätig war und in Schorndorf erstmals das Finanzseminar leitet, wünscht sich für die Schüler Ähnliches: „Ein souveränes eigenes Urteilsvermögen ist meiner Meinung nach das Wichtigste.“

Während des Seminars stellen die Schüler immer wieder Fragen, sind ruhig und konzentriert. Als Gerhard Schmauder nach dem Seminar um Feedback bittet, fällt dieses sehr positiv aus. Die Teilnehmer melden ihm zurück, dass sie es interessant und hilfreich fanden, etwas über die Schufa, Inflation und Altersvorsorge zu lernen.

Insgesamt bekommt die Initiative von den Schülern gute Noten. Linni und Hannah, die beide in die elfte Klasse gehen und gerade am Krankenkassenseminar teilgenommen haben, sind überzeugt. „Mir hat es sehr gut gefallen“, sagt Hannah. Die 16-jährige Linni ergänzt: „Ich fände es gut, wenn es so ein Angebot öfter gäbe.“ Die beiden machen nächstes Jahr ihren Abschluss. Etwas Zeit bleibt also noch, bis sie mit dem Abiturzeugnis in der Hand raus ins Leben gehen werden – und sich hoffentlich gut vorbereitet ihrer Zukunft stellen.