Lederberg. Roland Wolbold und sein Sohn Michail fertigen in ihrer Werkstatt Jahr für Jahr etwa 150 Fahrräder an. Für beide Männer istdamit ihre Berufung zum Beruf geworden. Von Judith A. Sägesser

Lederberg. Roland Wolbold und sein Sohn Michail fertigen in ihrer Werkstatt Jahr für Jahr etwa 150 Fahrräder an. Für beide Männer istdamit ihre Berufung zum Beruf geworden. Von Judith A. Sägesser

Roland Wolbold sagt, er hat es echt gut. Er hat sein Häusle auf dem Lederberg, und er hat sich einen Traum erfüllt. Tagtäglich schraubt er an dem herum, für das er schwärmt, als wäre es die Herzallerliebste. Roland Wolbold baut Fahrräder, ohne dass er das jemals gelernt hätte. "Autodidakt", sagt er knapp.

1985 hat Roland Wolbold damit angefangen, oben in Heumaden. Zunächst hat der Rennradfahrer nebenher an den flinken Gefährten gewerkelt, neben seinem "ehrbaren Beruf", wie er sagt. Wolbold ist ausgebildeter Druckplattenhersteller, er hat lange Jahre in der Verlagsbranche gearbeitet.

Das ist Vergangenheit. Er will jetzt sein Reich zeigen und eilt in der Latzhose los. In seinem Reich verschmilzt das Private mit dem Beruflichen. Die Waschmaschine steht dort, wo die Reifen für den Verkauf lagern. Und in der Garage hinter dem Haus hat noch nie ein Auto geparkt; dort bewahrt Wolbold lieber Kundenräder auf, die er repariert hat. Im einstigen Kartoffelkeller gibt es textile Radlermonturen von der Stange, sogar eine Umkleidekabine haben die Wolbolds in eine Ecke gebaut. "Alles voll mit Fahrradzeugs", sagt er. "Zum Bedauern meiner Frau." Dann lacht er.

Nun ist Roland Wolbold wieder zurück in der Werkstatt, die gleichzeitig der Verkaufsraum ist. Sein Sohn Michail zieht dort gerade den Lenker eines rabenschwarzen Rennrads an. Michail heißt wirklich Michail. "Das war der Name von einem berühmten Kunstturner", erklärt der Junior. Er hat keine Ausbildung gemacht, sondern ist gleich beim Vater eingestiegen. "Michail hat mal zu mir gesagt, was er nicht will: Morgens mit dem Mäpple in eine Firma reingehen", sagt Roland Wolbold.

Die beiden Radologen, wie sie sich selbst nennen, verkaufen im Jahr etwa 250 Rennräder, Mountainbikes und Trekkingräder. 150 davon bauen Vater und Sohn selbst. Bis die Einzelteile so arrangiert sind, dass sich der Radler draufschwingen und lospesen kann, brauchen die Fahrradbauer vom Lederberg vier Stunden. Sie kreieren vor allem Rennräder, meist für Individualisten.

Wer ernsthaft Rennrad fährt, braucht ein Modell, das zu ihm passt. Was der Maßschneider für den Anzugträger ist, ist Wolbold für den Radfahrer. Vorher zum Beispiel, da hat eine Frau angerufen, die ist 1,58 Meter groß, "die braucht ja schon fast ein Kinderrad", sagt der Senior.

Die beiden Wolbolds fabrizieren auf Bestellung Tandems, sie haben für Joschka Fischer einst ein Rad gebaut, sie lassen Rahmen mit Geckos oder mit dem Schweizer Kreuz verzieren. Wer sich sein Rad selbst ausdenkt, hat die Qual der Wahl. Farbe, Rahmen, Speichen, Lenker - alles eine Frage des Geschmacks. Einer hat mal gefragt, ob Gelb nicht die Insekten anzieht. "Dann muss man halt schneller fahren", sagt Roland Wolbold. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Geht es um die Optik, musste der Radbauer schon oft schmunzeln. Manche wollen ihr Privatleben durch die Gegend fahren, sie wünschen sich den Namen der Tochter auf dem Rahmen. Andere bestellen einen esoterischen Schriftzug. Dann gibt es Leute, die sagen, "bei der Farbe, da bin ich völlig offen", erzählt Wolbold. Schlägt er ihnen dann Neongelb vor oder Pink, verziehen sie das Gesicht ungläubig und bestellen letztlich Rot oder Blau. "Rot und Blau schmücken die Sau", sagt er. Sprich, das hat jeder. Wolbold verplempert keine Zeit für höfliche Phrasen - und ist doch ein sympathischer Kerl.

Theoretisch hält ein Fahrrad ein Leben lang. "Das ist wie mit dem Konfirmandenanzug", sagt Roland Wolbold. Praktisch sieht es aber anders aus, praktisch liebt der Mensch Abwechslung. Irgendwann muss etwas Neues her.