Für Donald Trumps sind muslimische Einwanderer eine unaufhaltsame Gefahr. Foto: DPA

Kann Amerika sein Problem mit Kriegswaffen in falschen Händen nicht endlich lösen? Und wie soll das Land mit der Gefahr durch den radikalen Islam umgehen? Unglücklicherweise werden diese Fragen in den hässlichen Wahlkampf gezogen. Vor allem Donald Trump schürt Vorurteile, findet unser Kommentator Michael Weißenborn

Stuttgart/Orlando - Der blutige Massenmord in einem Nachtclub in Orlando scheint wie dazu geschaffen, um die heißesten Eisen in der politischen Debatte Amerikas noch mehr zum Glühen zu bringen: den Streit um die Rechte von Homosexuellen, das ewige Ringen um strengere Waffengesetze und den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Unglücklicherweise wirft der Terroranschlag diese Fragen zu einer Zeit auf, in der die Nation in einem hässlichen Präsidentschaftswahlwahlkampf steckt – verunsichert, zornig und tief gespalten. So steht zu befürchten, dass die sinnlose Mordtat den politischen Streit in den USA nur weiter anfacht, statt für mehr Klarheit und Richtung zu sorgen.

So haben sich die politischen Kombattanten in den USA sofort kopfüber in erbitterte, aber fruchtlose Scharmützel gestürzt, um dem Gegner an den Kopf zu werfen, was sie ohnehin schon immer wussten – über Muslime, den Kampf gegen den Terror oder viel zu viele Waffen in privater Hand. Wie so oft kommen die schrillsten Töne von Donald Trump, dem designierten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Da klingelten bei den Toten in dem Nachtclub in Orlando noch die Handys besorgter Angehöriger, trompetete er schon per Twitter hinaus, er sehe sich in seiner Einschätzung radikaler Islamisten nur bestätigt. Präsident Barack Obama und seiner Rivalin um die Präsidentschaft, Hillary Clinton, hielt er vor, sie würden aus politischer Korrektheit die Worte „radikaler Islam“ scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Die Einwanderung von Muslimen beschrieb Trump als unaufhaltbare Gefahr.

Appell zur Einigkeit bleibt ungehört

Präsident Obama und Hillary Clinton distanzierten sich von der Gewalt gegen Homosexuelle, gut ein Jahr nachdem das US-Verfassungsgericht die gleichgeschlechtliche Ehe für rechtens erklärt hatte. Vor allem aber erneuerten die beiden Demokraten ihr Plädoyer für eine strengere Waffenkontrolle. Völlig zu Recht geht es ihnen darum zu verhindern, dass Kriegswaffen wie jetzt erneut in Orlando in falsche Hände geraten. Doch seit Jahren bewegt sich in dieser Frage nichts, weder im Kongress noch in den Einzelstaaten. Und das, obwohl strengere Gesetze in anderen Ländern die Waffengewalt sehr wohl eindämmen konnten.

Doch wie geht Amerika heute um mit dem Hass im Herzen des Massenmörders von Orlando und dessen Verbindung zum islamistischen Fanatismus? Anders als Präsident George W. Bushs Worte in der nationalen Kathedrale in Washington nur wenige Tage nach den Anschlägen des 11. September 2001 stürzt Obamas Appell zu Einigkeit und gegenseitigem Respekt fast ungehört in einen tiefen politischen Graben. Von Geschlossenheit keine Spur. Auch die Tragödie von Orlando dividiert links und rechts nur noch weiter auseinander. So ist es nicht möglich, sich auf Lösungen zu einigen. Und das Vertrauen der US-Bürger in ihre Institutionen wird weiter schrumpfen.

Helles gegen dunkles Amerika

Trumps Engstirnigkeit entfremdet muslimische Einwanderer von ihrer neuen Heimat USA. Ein schwerer Fehler. Oder glaubt er, dass er so muslimische Verbündete im Innern wie im Ausland findet, mit denen er den Extremismus besiegen kann? Wie kleingeistig der Milliardär doch wirkt. Das zeigte sich just am Wochenende auf der multireligiösen Trauerfeier für Muhammad Ali. Da feierte der jüdische Komiker Billy Crystal den Verstorbenen, weil er „uns alle erregt, geärgert, durcheinandergebracht“ hat. Das ist das andere, helle Amerika, das groß wurde, weil es auf Religionsfreiheit, Toleranz und den Glauben an den Einzelnen und seine Möglichkeiten setzt. Trump hingegen bedient das dunkle Amerika. Er strebt nach politischer Macht, indem er Vorurteile und Ängste ausschlachtet und noch verstärkt.