Martin Häusling sieht durch das Abkommen die Existenz von Europas Zuckerrüben-Bauern und Rinderhaltern bedroht. Foto: martin-haeusling.eu

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, übt harsche Kritik am Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur.

Brüssel - Das Freihandelsabkommen der EU mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay (Mercosur) ist aus Sicht von Martin Häusling (58) ein schwerer Fehler. Der Biobauer und agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europa-Parlament findet, es schade der Umwelt und bedrohe die Existenz von Europas Zuckerrüben-Bauern und Rinderhaltern.

Was halten Sie vom EU/Mercosur-Abkommen?

Das Abkommen ist eine Katastrophe für den Umweltschutz, fürs Klima und für die Menschenrechte von unzähligen Bürgern in den Mercosur-Staaten. Wir Grünen werden im Europaparlament mit aller Kraft gegen dieses Abkommen kämpfen.

Warum? Erstmals fallen Zölle für Europas Autohersteller, die Maschinenbauer oder die chemische Industrie.

Die Frage ist doch: Zu welchem Preis gibt es das Abkommen? Die EU schließt es ausgerechnet mit Brasiliens Präsidenten Bolsonaro, dem Klimaschutz oder die Anliegen von Kleinbauern völlig egal sind. Natürlich stehen im Abkommen irgendwelche Sprüche, wonach Brasilien den Regenwald schützen wolle und sich dem Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet fühle. Aber es glaubt doch kein Mensch, dass Bolsonaro und die mächtige Clique von Großgrundbesitzern und Agrakonzernen, die hinter ihm steht, diese Zusage ernst meint. Die schaffen Fakten, die in die völlig falsche Richtung gehen.

Welche Fakten sind das?

Brasilien holzt ganz offiziell und legal einen Trockenwaldgürtel ab. Über die nächsten zehn Jahre macht das eine Fläche von der Größe Deutschlands aus. Dort werden in ganz großem Stil Soja und Eukalyptus angebaut. Wenn daneben Zucker aus Brasilien nach Europa gelangt, hat die heimische Zuckerrübenwirtschaft keine Zukunft mehr. Und schließlich gibt es das Problem mit dem Rindfleisch.

Wie sieht das aus?

Der Deal sieht vor, dass jährlich 100 000 Tonnen Rindfleisch in die EU gelangen. Das sind immerhin 600 000 Tiere – und die kommen on top zu den 50 000 Tonnen, die im Zuge des Freihandelsabkommens zwischen Kanada und der EU auf den europäischen Märkten landen. Die extensiv wirtschaftenden Rinderhalter in Europa haben dann nicht mehr den Hauch einer Chance.

EU-Agrarkommissar Phil Hogan sagt, sorgfältige Quoten würden verhindern, dass EU-Bauern ihre Existenz verlieren könnten.

Stimmt, das sagt er. Aber das sind leere Worte. Ich halte mich an die Fakten. Und die belegen, dass sich die EU für Rindfleisch aus Südamerika öffnet und dafür verstärkt Milch oder Milchpulver in den Mercosur-Raum ausführt. Das schadet genau den Kleinbauern, die im Mercosur-Raum heute die Milchproduktion übernehmen – die Fleisch- und Sojawirtschaft liegen dort in der Hand der Agrar-Oligarchen, die enormen Einfluss auf die Politik nehmen.

Die EU führt Soja vor allem aus den USA ein, nicht aus Südamerika.

Im Moment ist das so, weil US-Soja aufgrund des Handelsstreits von Trump mit China nach Europa kommt. Dafür bezieht China jetzt ganz viel Soja aus Südamerika, um seine gigantische Fleischproduktion zu sichern. Es ist aber egal, wohin das Soja geht. Denn für seinen Anbau wird Flächenrodung und damit Raubbau an der Natur betrieben. Man darf nicht übersehen, dass Brasilien zuletzt 33 Pestizide zugelassen hat, die so giftig und so schädlich für die Umwelt sind, dass sie in der EU niemals eingesetzt werden dürften.

Wie geht es jetzt weiter?

Kanzlerin Merkel und sechs weitere EU-Regierungschefs loben den Mercosur-Deal nach Kräften. Aus Polen und Irland zum Beispiel kommt aber Kritik. Auch regt sich Widerstand beim Bauernverband, mit dem ich an der Stelle ausnahmsweise mal einer Meinung bin. Es gibt eine ungewöhnliche Allianz verschiedener Kritiker. Das Abkommen ist also zum Glück noch längst nicht durch. Und wir Grünen werden bestimmt nicht müde, dagegen anzukämpfen.