Verteidigungsminister Pistorius an Bord der Fregatte Hessen Foto: dpa/Christian Charisius

Die Huthi-Rebellen fühlen sich provoziert von den internationalen Kriegsschiffen im Roten Meer, die den Frachtverkehr schützen sollen.

Vier Schnellboote tauchten neben dem Containerschiff Maersk Hangzhou im Roten Meer auf. Huthi-Kämpfer auf den Booten feuerten mit Bordwaffen und Sturmgewehren auf das Schiff, um es zu entern. Alarmiert von einem SOS-Signal des Frachters hoben Kampfhubschrauber von zwei nahen amerikanischen Kriegsschiffen ab, um der Maersk Hangzhou beizustehen – auch sie wurden von den Huthis auf den Booten angegriffen. Darauf schossen die Helikopter auf die Boote und versenkten drei von ihnen. Mindestens zehn Huthis starben.

Das Gefecht am frühen Morgen des 31. Dezember war die bisher schwerste Konfrontation zwischen den Huthi-Rebellen und westlichen Kriegsschiffen im Roten Meer. Könnte die deutsche Fregatte Hessen, die ab sofort bei der EU-Mission „Aspides“ zivile Schiffe gegen die Huthis schützen soll, in ähnliche Kämpfe mit den jemenitischen Rebellen geraten? Die Huthis drohen den Europäern schon. „Spielt nicht mit dem Feuer“, sagte Mohamed Ali al-Huthi, führendes Mitglied der Huthis. Sein Vetter, Rebellenchef Abdulmalik al-Huthi, kündigte eine Ausweitung der Angriffe im Roten Meer und den Einsatz von Unterwasserwaffen an.

Was heißt schon „defensiv“?

Deutschland suche keinen Konflikt mit den Huthis, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Besuch auf der Hessen kurz vor dem Einsatz: Die Fregatte habe ein „ausschließlich defensives Mandat“. Viel hängt davon ab, ob die Huthis unter „defensiv“ dasselbe verstehen wie die Deutschen. Die Erfahrung anderer Kriegsmarinen westlicher Staaten im Roten Meer spricht nicht dafür. Zu dem Angriff auf die Maersk Hangzhou am Silvestertag zum Beispiel erklärten die Huthis, schuld am Blutvergießen seien die Amerikaner, die mit ihrem Beschuss der Schnellboote ein Verbrechen begangen hätten.

Die iranisch unterstützten Huthis greifen seit Oktober westliche Frachter im Roten Meer an, die sie wegen ihrer Eigentümer, ihrer Ladung oder ihrer Zielhäfen mit Israel in Verbindung bringen. Im November kaperten die Huthis zudem den israelisch-japanischen Frachter Galaxy Leader; die Mannschaft halten sie seitdem gefangen. Mit den Angriffen wollen die Rebellen die Hamas-Miliz in ihrem Krieg gegen Israel in Gaza unterstützen.

Die Huthis haben damit den Frachterverkehr durch das Rote Meer und den Suezkanal – eine wichtige Route für den Welthandel – abgewürgt. Jetzt schickten sie sogar eine schriftliche Warnung an internationale Reedereien: Schiffe aus Israel, den USA und Großbritannien dürften nicht mehr durchs Rote Meer fahren.

Um die Huthis zu stoppen, laufen im Roten Meer drei westliche Militäreinsätze. Die Aktion „Wächter des Wohlstands“ unter Führung der USA hat dasselbe Ziel wie die vor wenigen Tagen gestartete EU-Operation „Aspides“, an der die Hessen teilnimmt: Sie sollen die zivile Schifffahrt schützen. Darüber hinaus führen Amerikaner und Briten unter dem Namen „Operation Poseidon Bogenschütze“ Luftschläge gegen Stützpunkte und Raketenabschussrampen der Huthis im Jemen selbst. Das US-Militär zerstörte bei den jüngsten Angriffen nach eigenen Angaben sieben Raketen, eine Abschussrampe und eine Drohne der Huthis.

Die Rebellen könnten durchaus zwischen den westlichen Akteuren und deren Absichten unterscheiden, sagt Abdulghani al-Iryani von der Denkfabrik Sana’a-Zentrum für Strategische Studien in der jemenitischen Hauptstadt. Der militärische Geleitschutz für Handelsschiffe im Rahmen von „Wächter des Wohlstands“ werde nicht angegriffen, weil die „Wächter“-Schiffe defensiv blieben, sagte Iryani unserer Zeitung. Dasselbe dürfte deshalb grundsätzlich für die EU-Mission „Aspides“ und damit für die Hessen gelten. Dagegen betrachten die Huthis britische und amerikanische Kriegsschiffe als legitime Ziele, sagt Iryani: USA und Großbritannien führten die „Operation Poseidon Bogenschütze“ – und diese sei nicht defensiv, sondern offensiv ausgerichtet.

Huthis drohen mit weiteren Angriffen

Wenn sich die Huthis an diese Unterscheidungen halten, könnte der Einsatz der Hessen ähnlich verlaufen wie derjenige der beiden französischen Fregatten Alsace und Languedoc, die schon länger im Roten Meer stationiert sind und nun an der EU-Mission teilnehmen. Sie schossen in den vergangenen Tagen zwei Huthi-Drohnen über dem Meer ab. Dieses – nach europäischem Verständnis defensives – Verhalten schützt nicht vor Huthi-Angriffen: Die Languedoc musste im Dezember mit ihren Lenkwaffen zwei Drohnen der Huthis abwehren, die laut französischen Angaben direkt auf das Schiff zuflogen.

Mohamed Ali al-Huthi, der Vetter von Huthi-Chef Abdulmalik al-Huthi, drohte den Europäern mit weiteren Angriffen. Der europäische Einsatz sei bestenfalls überflüssig, denn im Roten Meer würden keine Kriegsschiffe aus fremden Ländern gebraucht, sagte Mohamed Ali al-Huthi jetzt an die Europäer gerichtet, wie die iranische Nachrichtenagentur Irna meldete: „Wenn ihr etwas Dummes tut, werden eure Schiffe zerstört. Ihr seid gewarnt.“