Monsignore Oliver Lahl vor der Stuttgarter Madonna in der Wallfahrtskirche St. Barbara in Hofen Foto: Max Kovalenko

Die Katholiken feiern am heutigen Freitag Mariä Himmelfahrt, das höchste christliche Marienfest. Die Messe in der Wallfahrtskirche St. Barbara in Stuttgart-Hofen wird an diesem Tag besonders gern besucht. Denn sie beherbergt die Stuttgarter Madonna.

Stuttgart - Oliver Lahl hat ein besonderes Verhältnis zur Stuttgarter Madonna in seiner Kirche: „Sie hat mich sehr nachdenklich gemacht“, sagt er. In den vier Jahren, in denen der Monsignore Pfarrer in Hofen ist, erlebt er jedes Jahr, dass in den der Muttergottes geweihten Monaten Mai und Oktober tausende Katholiken aus Nah und Fern in seine kleine Barockkirche pilgern. Dort tragen sie der Stuttgarter Madonna ihre Wünsche, Hoffnung und Ängste vor und bitten um Hilfe und Stärkung. „Ich kannte viele Mariengebete gar nicht. Viele dieser Texte vermitteln auch ein falsches Gottes- und Marienbild. Aber ich habe gelernt, die Menschen und ihre Riten ernst zu nehmen“, sagt Lahl . Eine Aussage, die ihn mit dem früheren Bischof Carl Joseph Leiprecht verbindet.

Leiprecht hat die etwa 500 Jahre alte Marienfigur mit dem Jesuskind auf dem Schoss vor 60 Jahren als die „Stuttgarter Madonna“ bezeichnet. Vor allem die Heimatvertriebenen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Stuttgart und der Region angesiedelt haben, verstanden das als Willkommensgeste. „Sie haben viel Leid erfahren und ihre Heimat verloren. Die Marienverehrung ist Teil ihrer aus der Heimat mitgebrachten Religion und im evangelisch geprägten Stuttgart unbekannt. Mit der Stuttgarter Madonna war und ist für sie bis heute ein Stück Heimat verbunden“, sagt Lahl.

Welcher Künstler die Maria mit dem sanften, in sich gekehrten Lächeln und dem fast vom Schoss rutschenden, in die Welt strebenden Knaben geschaffen hat, ist unbekannt. Dass sie aus der Stiftskirche stammt, gilt als sicher. Nach der Reformation hat sie der Mesner 1535 ins katholische h Hofen geschafft. Die Madonna soll ihm zugeflüstert haben: „Nimm mich mit und meinen Sohn“. Hintergrund der Flucht vom Nesenbach an den Neckar war die Angst davor, dass die Maria an ihrem ursprünglichen Standort in der Stiftskirche zerstört werden könnte.

Erst, nach dem Leiprecht der Marienfigur den Titel Stuttgarter Madonna gegeben hatte, entwickelte sich St. Barbara zur Wallfahrtskirche. In den Marienmonaten Mai und Oktober melden sich etwa 3000 Menschen pro Monat zu den Gottesdiensten an. Da Mariä Himmelfahrt, die aufnahme Marias in den Himmel, traditionell auf einem Werktag in den Sommerferien fällt, wird die Eucharistiefeier an diesem Tag seit jeher im eher kleinen Rahmen unter den Stuttgartern gefeiert. Die Messe endet damit, dass Kräuter, die die Gläubigen mitbringen, geweiht werden. „Früher hängte man sie in die Ställe, damit das Vieh gesund blieb“, sagt der Monsignore.

Der Messe zu Mariä Himmelfahrt am heutigen Freitag in St. Barbara in Hofen beginnt um 19 Uhr.