Ein Leben für die Krone – aber nach den eigenen Regeln: Königin Margrethe II. von Dänemark. Foto: Imago/Peer Pedersen/Jan Björsell/dpa/Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

In Dänemark ist die „dronning“ Kult – nach über 50 Jahren gibt Margrethe II. das Zepter nun weiter. Fürs Amt verbogen hat sie sich nie. Ein Porträt.

Eigentlich wollte sie weitermachen, bis „ich aus den Pantoffeln kippe“, wie sie einmal sagte. Doch dann kam Margrethe II. eine Rücken-OP dazwischen – und die dänische Königin hatte viel Zeit zum Nachdenken. Am Ende stand ein Entschluss: Doch nicht weiterzumachen, bis sie als dienstälteste Monarchin Europas das Zeitliche segnet. Sondern abzudanken, zu Gunsten ihres Sohnes, Kronprinz Frederik. Am 14. Januar sagt Dänemarks „Queen cool“ Farvel, auf Wiedersehen.

Auf den Tag genau 52 Jahre saß Margrethe dann auf dem dänischen Thron. Dabei war bei ihrer Geburt am 16. April 1940 – im von den Deutschen besetzten Kopenhagen – gar nicht abzusehen, dass sie je dort landen würde. Ihr Vater, König Frederik IX., hatte drei Töchter, keinen Sohn. Die Krone wäre an Margrethes Onkel gegangen, doch eine Verfassungsänderung im Jahr 1953 machte es möglich, dass auch eine Frau den Thron besteigen konnte.

Top ausgebildet an Europas besten Universitäten

Margrethe (für Familie und Freunde Daisy, ihr Kosename aus Kindertagen) studiert in Cambridge, an der Sorbonne und an der London School of Economics. Besser ausgebildet ist damals kaum ein Thronfolger oder eine Thronfolgerin. Beim Studium lernt die junge Kronprinzessin einen französischen adligen Diplomaten kennen: Graf Henri de Laborde de Monpezat. 1967 heiraten die beiden, aus Henri wird Prinz Henrik. Sie bekommen zwei Söhne: Frederik und Joachim. 1972 stirbt Margrethes Vater, sie folgt ihm mit 31 Jahren auf den Thron.

Eine hingebungsvolle Mutter war sie nie. Das gibt Königin Margrethe ganz offen zu: „Die Jungen bedeuten mir unendlich viel, und das wissen sie auch. Auf der anderen Seite bin ich nicht der Typ, der die Kinder die ganze Zeit nah bei sich haben will.“ Auch ihr ältester Sohn Frederik bestätigt das: „Meine Mutter hatte Gouvernanten und Kindermädchen, die für meine Erziehung sorgten, und ich hatte nicht viel mit den Eltern zu tun, bevor ich 21 wurde. Als ich klein war, wurde ich ihnen vorgeführt, und zwar gewaschen, ehe man mich ins Bett legte.“

Margrethe mit ihrem Mann Henrik und den Söhnen Frederik (links) und Joachim. Foto: Ritzau Scanpix/STEEN JACOBSEN

Auch die Ehe mit Prinz Henrik war nicht durchweg harmonisch. Der Franzose tat sich schwer mit dem Platz in der zweiten Reihe, vermisste seine Heimat, den Wein und dann machten sich seine neuen Landsleute auch noch über sein bis ins hohe Alter holpriges Dänisch lustig. Doch Margrethe und Henrik, der 2018 starb, hatten auch viel gemein: die Liebe zur Literatur – und zu ihren Dackeln.

In Margrethe steckt eine Künstlerin

Vielleicht war sie kein Muttertier und keine ehrerbietige Ehefrau, dafür steckt in Königin Margrethe eine veritable Künstlerin. Sie malt, zeichnet, stickt, näht – und das nicht nur als Hobby, sondern auf höchstem Niveau. Margrethe illustrierte viele Bücher, unter anderem eine dänische Ausgabe von „Der Herr der Ringe“. Ihre Bilder hängen in Museen. Sie entwirft Kostüme und Bühnenbilder fürs Ballett und jüngst für den Netflix-Film „Ehrengard“. Dänische Briefmarken tragen Designs aus ihrer Feder. In der Wittenberger Schlosskirche hängt ein Altarbesatz, den die Königin handgefertigt hat.

Die nächste Generation steht bereit: Königin Margrethe mit ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und den Enkelkindern. Foto: Ritzau Scanpix/AP/Mads Claus Rasmussen

Doch Königin Margrethe ist nicht nur Schöngeist, sie kann auch hart durchgreifen, wenn es darauf ankommt: 2022 verwirklichte die Monarchin eine dänische „slimmed-down monarchy“, speckte das Königshaus radikal ab und entzog den vier Kindern ihres zweitgeborenen Sohnes Joachim ihre Titel. Ihr jüngerer Sohn, seine Frau Marie und sogar seine Ex-Frau machten keinen Hehl daraus, dass sie mit der Entscheidung nicht glücklich waren.

Nach über 50 Jahren hat die dänische Königin einige Routine im Zepterschwingen, ihr Sachverstand ist allseits bekannt. In ihrem Königreich ist die Monarchin mit der leicht heiseren Stimme und der lauten Lache längst Kult. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen nannte Margrethe den „Inbegriff von Dänemark“. Ihre Neujahrsansprachen werden am Silvestertag geguckt wie hierzulande „Dinner for one“.

Abdanken – in der dänischen Monarchie ist das eine Revolution. Keiner ihrer Vorgänger machte zu Lebzeiten den Platz frei für die nächste Generation. Auch Margrethe II. hielt die Monarchie lange für eine „Lebensaufgabe“. Aber die unkonventionelle Königin ist flexibel genug umzudenken, neue Wege zu gehen. Im Amt und offenbar auch privat: Nach ihrer Operation im vergangenen Jahr, so berichten es dänische Medien, soll die frühere Kettenraucherin sogar ihren geliebten Zigaretten abgeschworen haben.