Jan Trost fühlt sich weiter sehr wohl in der Stadt. Ihm gefallen die vielen Themenfelder, die es zu beackern gilt. Foto: Werner Kuhnle

Bürgermeister Jan Trost hat die Hälfte seiner Amtszeit hinter sich – und strebt auf jeden Fall eine weitere an.

Marbach - Nach auf den Tag genau vier Jahren im Amt blickt der Bürgermeister Jan Trost auf die Anfangszeit und die bis dato wichtigsten Projekte zurück. Im Interview geht er aber auch darauf ein, was noch angepackt werden muss.

Die Hälfte Ihrer Amtszeit ist rum. Ab wann war es für Sie völlig normal, Bürgermeister von Marbach zu sein?
Das erste halbe Jahr war schon unheimlich spannend. In der Zeit habe ich viele Menschen und die Netzwerke in der Stadt kennen gelernt. Außerdem musste ich ein Gefühl dafür entwickeln, wie die Gemeinderatssitzungen hier ablaufen. Das ist von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlich. Aber nach sechs Monaten entwickelt sich auch bei den Sitzungen eine gewisse Routine. Da gibt es dann nur noch relativ wenig, was einen überraschen könnte.
Ist Marbach also immer noch Ihre Lebensaufgabe, wie Sie vor mehr als vier Jahren im Wahlkampf gesagt haben?
Das trifft weiterhin zu. Ich fühle mich sehr wohl in der Stadt, die Aufgaben sind unheimlich vielfältig. Wir haben viele Themenfelder, die man in einer Kommune mit 15 500 Einwohner sonst nicht hat. Ich denke beispielsweise an die Einrichtungen auf der Schillerhöhe. Oder an die Schulen. Wir haben das größte allgemeinbildende Gymnasium in Baden-Württemberg. Die anderen Schulen entwickeln sich ebenfalls positiv weiter. Nicht zu vergessen die historische Altstadt, die mit dem neuen Tobias -Mayer-Museum und dem Fritz-Genkinger-Kunsthaus weiter aufgewertet werden soll.
Beides sind Projekte für die Zukunft. Welches waren die wichtigsten Vorhaben der ersten Hälfte Ihrer Amtszeit?
Schon im Wahlkampf war spürbar, dass man in Rielingshausen positive Impulse setzen sollte. Ich denke, das ist uns sehr gut gelungen. Die Ortskernsanierung wird überwiegend positiv aufgenommen. Die sanierte Gemeindehalle und die neue Sporthalle sind gut genutzt. Glücklicherweise haben wir nun auch wieder einen Pächter für das dazugehörige Restaurant. In Kürze steht die Sanierung der Kelter an. Das liegt auch vielen Rielingshäuserinnen und Rielingshäusern am Herzen. Das Thema Pflegeheim haben wir ebenfalls auf den Weg gebracht. Das war die anspruchsvollste Aufgabe. Etwas hat uns aber Sorge bereitet.
Und das wäre?
Die Diskussion um die kleinen Grundschulen. In der Debatte ging es aktuell wieder darum, ob die kleinen Schulen im ländlichen Bereich aufrechterhalten werden sollen oder ob das Land nicht eine Zentralisierung in die Wege leitet. Zum Glück hat die Kultusministerin Frau Eisenmann uns am Donnerstag mitgeteilt, dass auch die einzügigen Grundschulen bestehen bleiben. Um die Infrastruktur in Rielingshausen zu halten, brauchen wir dennoch stabile Kinder- und Einwohnerzahlen. Und das geht dann vor allem über eine bauliche Entwicklung. Das müssen wir aus Sicht der Verwaltung in der zweiten Amtshälfte anpacken.
Wo könnte in Rielingshausen ein Neubaugebiet entstehen?
Das muss man politisch diskutieren. Der Flächennutzungsplan gibt ja einige Areale vor. Hier müssen wir eine bedarfsgerechte Lösung finden.
Welche Akzente waren in den vergangenen Jahren in der Kernstadt am wichtigsten?
Das waren vor allem zwei Projekte. Zum einen die Schulentwicklung. Hier stand ja zu Beginn meiner Amtszeit die Frage im Raum, ob man Realschule und Gemeinschaftsschule zusammenlegt. Am Ende haben wir uns dafür entschieden, neben der Gemeinschaftsschule auch die Realschule beizubehalten. Ich finde, da ist uns eine gute Lösung gelungen. Das unterstreicht auch die Tatsache, dass beide Schulen konstant hohe Schülerzahlen haben.
Und das zweite große Projekt?
Da ging es um EgeTrans. Der Geschäftsführer, Herr Steinmüller, hatte mir im April 2013 eröffnet, dass die beiden Firmensitze in der Innenstadt aus allen Nähten platzen und er dringend ein neues Grundstück braucht. EgeTrans ist eines der wichtigsten Unternehmen für uns in Marbach, was die Steuerkraft und die Arbeitsplätze anbelangt. Es war somit gleich am Anfang eine große Herausforderung, dafür eine Lösung zu finden. Dazu gab es um den Standort am Neckar, den man letztlich gefunden hat, Debatten. Hier standen auch Ideen für eine Tankstelle oder ein Wohngebiet im Raum. Ich denke aber, dass wir mit dem neuen Firmensitz von EgeTrans eine sehr gute Lösung gefunden haben.
Alternativen waren auch rar gesät.
Weitere Gewerbeflächen sind Mangelware. Das ist ein großes Problem für uns. Wir sind gerade auch an dem Thema dran. Im Bereich Büchlesweg in Rielingshausen stockt die Entwicklung, weil wir die entsprechenden Grundstücke nicht bekommen. Deshalb haben die Freien Wähler auch beantragt, als Alternative das Areal Reiterhau im Stadtteil zu untersuchen. Das Gebiet war einst im Flächennutzungsplan vermerkt, wurde aber zugunsten des Energie- und Technologieparks aufgegeben. Dort gibt es übrigens noch eine Erweiterungsmöglichkeit von sechs Hektar.
Warum wird das Areal nicht erschlossen?
Hier ist aktuell das Problem, dass nach unserer Information dort früher Schutt abgelagert wurde. Darauf deutet die Altlastenkarte des Landkreises hin. Insofern müssen wir zuerst Bodenuntersuchungen in Auftrag geben, bevor wir das Gebiet tatsächlich angehen. Unter Umständen könnte es ja nicht mehr wirtschaftlich sein, wenn der Boden zuerst kostenintensiv saniert werden muss.
Gibt es denn aktuell eine Firma, die einen Bedarf angemeldet hat?
Das geschieht immer wieder. Wobei das meist kleinere Unternehmen sind.
Besser dürfte die Situation in Sachen Wohnflächen aussehen – jedenfalls dann, wenn das Neubaugebiet an der Affalterbacher Straße realisiert worden ist.
Genau. Wir sprechen hier immerhin von zwölf Hektar, die wir in zwei Abschnitten entwickeln wollen. Wobei die Nachfrage gewaltig ist. Nachdem publik wurde, dass das Gebiet realisiert werden soll, stand auf dem Rathaus das Telefon nicht mehr still, weil Leute sich auf die Interessentenliste für einen Bauplatz setzen lassen wollten. Wir sind sehr optimistisch, dass die Grundstücke bald ausverkauft sind. Viele Menschen zieht es nach Marbach. Zum Beispiel wegen des S-Bahn-Anschlusses, der Schulen, der schönen Altstadt, aber auch der guten Ärzteversorgung.
Apropos medizinische Versorgung: War das der empfindlichste Schlag Ihrer bisherigen Amtszeit, dass das Krankenhaus schließt und zur Belegklinik werden soll?
Mit Sicherheit. Wir waren immer der Auffassung, dass wir einen zukunftsfähigen Standort haben. Auch wegen der Entwicklungsflächen rund um die Klinik, die immer freigehalten wurden. Deshalb war es schon ein schwerer Schlag, dass das Zentrum für Altersmedizin nach Bietigheim verlagert wird und dieses nicht in Marbach angesiedelt wird. Außerdem hängen wir aktuell noch in der Schwebe. Rechtsverbindlich ist ja noch nichts – weder für eine Belegklinik noch für eine eventuelle Ergänzung um eine Psychosomatik oder eine Rehaklinik.
War die Entwicklung rund ums Krankenhaus der einzige Rückschlag?
Enttäuschend war auch das Ergebnis des Lärmaktionsplans. Marbach ist verkehrlich durch die vielen Landes- und Kreisstraßen besonders stark belastet. Folglich hätten wir schon mehr erwartet und uns tageszeitunabhängig Tempo 30 gewünscht, um die Menschen zu schützen. Eventuell klappt es aber noch über den Umweg mit der Einrichtung einer Umweltzone.
Sehen Sie überhaupt die Chance für eine verkehrliche Entlastung, insbesondere im Hinblick auf die Lastwagen?
Wir sehen eine Chance im Ausbau des Autobahnzubringers zwischen Backnang und Mundelsheim. Das würde für Rielingshausen und Marbach eine deutliche Entlastung bringen. Und sollten wir einen Luftreinhalteplan wegen zu hoher Schadstoffwerte bekommen, werden auch Dinge wie ein LKW-Durchfahrtsverbot diskutiert werden. Aber das liegt in der Hand des Regierungspräsidiums.
Angesichts solcher Machtlosigkeit und der zuvor angesprochenen Schwierigkeiten mit dem Krankenhaus: Ist der Job als Bürgermeister immer noch Ihr Traumberuf?
Bürgermeister zu sein ist sehr anspruchsvoll, aber auch reizvoll. Im Regelfall bringt das Amt viel Freude, Kontakt und Gestaltungsmöglichkeiten mit sich. Bei Veranstaltungen dabei zu sein, ist natürlich besonders schön, oder der Besuch von Jubilaren, die oft eine Menge über die Stadt und ihre Entwicklung erzählen können. Auch die Zusammenarbeit mit der Rathausmannschaft, dem Gemeinderat und den Schulen macht mir Spaß.
Was sind die eher unschönen Seiten Ihres Berufs?
Das Anspruchsdenken, das oft vorherrscht. Stichwort Betroffenheitsdemokratie. Zum Beispiel, wenn ich an die Diskussionen um die Felsenlandschaft auf der Schillerhöhe denke. Es ist schwierig, dann allen Seiten gerecht zu werden. Zudem ist die Termindichte durch die vielen Projekte oft sehr hoch, so dass wenig Zeit zum Durchschnaufen bleibt . . .
Werden Sie trotzdem eine zweite Amtszeit anstreben?
Das ist für mich ganz klar, dass ich weiter in Marbach Bürgermeister sein will. Da muss ich nicht lange überlegen.
Was steht bis zur Neuwahl noch auf dem Programm?
Die Sanierung der Fußgängerzone und die Anbindung des Neckars an die Altstadt werden die großen Themen der nächsten Jahre sein. In Rielingshausen wollen wir den dritten Bauabschnitt der Ortskernsanierung anpacken. Im Hörnle geht es vor allem um die Schaffung weiterer Parkplätze.