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Der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring präsentiert eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg. Im Fokus steht das Geschehen in Marbach und Rielingshausen.

Marbach - Geht denn der schreckliche Krieg nicht bald aus?“ Diese Frage aus der Feldpost seines Urgroßvaters Johann Bauer nimmt der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring als Titel für eine Ausstellung in der Volksbank mit Blick auf die lokalen Gegebenheiten. „Marbach und Rielingshausen im Kontext des Ersten Weltkrieges“ lautet dann auch der Untertitel der Schau in der Volksbank am König-Wilhelm-Platz mit zahlreichen Fotos, Postkarten, Schriftstücken, Uniformen und Ausrüstungsgegenständen. Besucher erwartet außerdem eine breite Auswahl von Orden, Grabenkunst, Literatur, Spielzeug und Reservistenandenken.

Für die Marbacher und die Rielingshäuser war damals das Grauen der Front weit entfernt und erreichte das Bewusstsein oft nur gefiltert. Doch die brutalen Kriegsgeschehnisse wirkten sich bis ins alltägliche Leben aus. „Mein Urgroßvater Johann Bauer starb 44-jährig wenige Wochen vor Kriegsende, als ihn in den Argonnen Granatsplitter trafen und im Gesicht schwer verletzten“, erzählt Albrecht Gühring, dessen Familie mütterlicherseits aus Rielingshausen stammt. Die Perspektive des Einzelschicksals klingt bewusst in der Ausstellung an, die Gühring seit Anfang 2017 vorbereitet. Besonders intensiv seien die letzten sechs Wochen gewesen. Gemeinsam mit der Grafikerin Stefanie Grams aus Marbach und dem Benninger Tafelhersteller Edgar Häfer hat der Stadtarchivar die Exponate in Szene gesetzt. Schließlich sollen von Donnerstag an die Besucher in der Volksbank eine schlüssig aufgebaute Ausstellung sehen können.

Hätte übrigens Johann Bauer den Krankenhausaufenthalt in Saarbrücken überlebt, wäre er im Gesicht entstellt gewesen, erzählt Albrecht Gühring. Wie mit traumatisierten Soldaten umgegangen wurde, zeigt eine Karikatur. Darauf ist ein Soldat zu sehen, dessen „Kriegszittern“ mit Stromstößen behandelt wurde. „Man ging davon aus, dass es sich um Drückeberger handelte“, so Gühring. In der Ausstellung gibt der Historiker den Blick auf Verletzungen und Verstümmelungen ebenso frei wie auf verherrlichenden Missbrauch der Kriegseuphorie, die sich besonders zu Beginn im Jahr 1914 in weiten Kreisen der Bevölkerung breit machte. Ein Fächer mit den Köpfen der Machthaber und führenden Militärs spricht Bände. In der Öffentlichkeit galt es als schick, sich vaterländisch zu geben.

Die Propaganda stand im krassen Gegensatz zu den Schrecken im Schützengraben, dem weltweit rund 9,4  Millionen Soldaten zum Opfer fielen. Die als Helden verehrten Frontkämpfer zu unterstützen, war auch in Rielingshausen angesagt: So lieferte die Firma Bleyle 60  wärmende Westen, und die damals noch selbstständige Gemeinde Rielingshausen schickte ihren Ausgerückten reichlich Wurst zur Stärkung.

In der Heimat fehlten derweil die Männer. In der Folge fielen die Ernten schlecht aus. Das bekamen auch die Menschen im Raum Marbach zu spüren. „Die Höfe versuchten, Kriegsgefangene zu bekommen“, weiß Albrecht Gühring. Lebensmittelkarten regelten die Knappheit. Um die Militärmaschinerie zu finanzieren, verkaufte das Deutsche Reich Kriegsanleihen. Mit Plakaten appellierten die Machthaber an die Bürger zu spenden. Nachdruck verliehen sogenannte Nagelbilder, die prominente Vorbilder zeigten. Sie wurden an zentralen Plätzen wie etwa vor dem Rathaus aufgestellt, damit die Bürger Nägel einhämmerten und dafür im Gegenzug spendeten. In Marbach stand Friedrich Schiller Pate, dessen Nagelbild in der Ausstellung zu sehen ist.