Hermann von Laer ist seit 1992 als Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Vechta. Foto: Julia Amrhein

Eine „gigantische Umverteilung zwischen Arm und Reich“ sieht Hermann von Laer kommen bei niedrigen Zinsen und Inflation.

Marbach - Ich bin sehr pessimistisch“, fasst Hermann von Laer zusammen, wenn es um die Zukunft des Euro geht, aber: „Das war ich allerdings schon vor 20 Jahren.“ Nur, ob der Zusammenbruch schnell oder langsam komme, das könne er nicht sagen – das hänge von politischen Entscheidungen ab: „Die Deutschen jedenfalls sind ihrer Währung treu.“ Als Hauptprobleme für den Euro sieht er auf der einen Seite die Verschuldung und andererseits die niedrigen Zinsen. Aber auch, dass Kohl seinerzeit durch die gemeinsame Währung die Einheit in Europa habe erzwingen wollen, werde auf Dauer nicht gut gehen. „Im Jahr 1876 kam die gemeinsame Währung praktisch als Abschluss der Einheit in Deutschland – jetzt ist das umgekehrt und das kann nicht funktionieren.“

Diese spannende These wird Hermann von Laer in seinem Vortrag mit dem Titel „Das dicke Ende kommt noch – Der Euro als Zerstörer der Europäischen Union“ näher beleuchten und dabei auch darauf eingehen, dass allein die Unterschiede der einzelnen Nationen dazu beitragen, dass die EU es schwer haben wird: „Wir Deutschen sind aufs Recht fixiert und sind empört, dass sich die anderen nicht daran halten.“ Dieser Vortrag von Hermann von Laer ist Teil der zweitägigen Veranstaltung unter dem Titel „Europa – wohin?“. In der Marbacher Stadthalle werden insgesamt sechs hochkarätige Vorträge viele unterschiedliche Facetten der europäischen Union beleuchten. Und mit Hermann von Laer hat das ehrenamtliche Planungsteam – bestehend aus Horst Engelmann, Hans Martin Gündner, Gisela Hack-Molitor (als Sprecherin) und Armin Hüttermann – gemeinsam mit dem Leiter der Schiller-VHS, Jürgen Schmiedel, einen Referenten gewonnen, der weiß, wovon er spricht.

Seit 1992 ist er als habilitierter Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Vechta. Seine Schwerpunkte hier liegen außer auf Sozial- und Familienpolitik bei Europa und der europäischen Einigung. „Entweder es gibt bald einen großen Krach und die Währungsreform, oder nach einer permanenten Inflation von drei oder fünf Prozent sind die Schulden des Staates weg“, gibt der Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Vechta zu bedenken. Und das sei vor allem für die „kleinen Leute“ ein Problem: „Die Altersversorgung funktioniert dann nicht mehr!“ Bei null Prozent Zinsen und gleichzeitiger Inflation – wenn auch nur mit einem niedrigen Prozentsatz – habe man am Ende des Jahres gar weniger auf dem Konto als vorher. „Man wird so vom Staat abhängig“, sagt von Laer. Diejenigen, die jedoch genug Geld hätten, könnten dagegen ihre Altersvorsorge in Immobilien und Aktien anlegen und seien auf der anderen Seite ihre Schulden los. „Diese Umverteilung ist gigantisch.“

Darüber hinaus spare der Staat jährlich rund 100 Milliarden Euro ein, indem er die Zinsen gesenkt hätte. Und auch die Auswirkungen für Unternehmen seien enorm, denn sie würden ihr Vermögen in ihrer Bilanz hoch bewerten und dadurch schnell riesige Gewinne machen: „Doch das Geld ist dann futsch“, sagt der Experte.

Sein Fazit betreffend der einheitlichen Währung fällt alarmierend aus: „Der Euro verklammert Europa nicht, er ist sein Sprengsatz!“ Das Ziel müsse sein, die Probleme bei allen noch so unterschiedlichen Themen einzubügeln. „Die Nationen innerhalb der EU sind so verschieden, aber das ist doch schön und geprägt durch ihre jeweilige Geschichte. Und diese Unterschiede werden nun durch die EU zusammengezwungen.“ Dies gelte beispielsweise auch beim Thema Bildung. „Die nun nötige Besinnung auf das positive Eigene ist wiederum ein langer und schwieriger Prozess.“

Hermann von Laer war viel im Ausland unterwegs und hat viele Länder kennen gelernt, Doch die Deutschen hätten, so sagt Hermann von Laer, gedacht: „Wir Europäer machen einen Vertrag – und alle halten sich daran.“ Das würden aber beileibe nicht alle tun. „Und nun haben wir saubere Verträge, die aber nichts nützen, wenn sich keiner daran hält.“