Ist Blei-Munition gesundheitsschädlich? Brüssel verlangt ein Gutachten Foto: dpa

Deutschland will Jägern die Bleimunition verbieten, weil dies später beim Verzehr von Wild der Gesundheit schaden könne. Die EU verlangt dafür aber Beweise.

Stuttgart - Um Gesundheitsrisiken beim Verzehr von Wildbret auszuschließen, hält die Landesregierung an ihrem Plan fest, bleihaltige Munition weit gehend aus der Jagd zu verbannen. „An diesem Beschluss wollen wir festhalten, auch wenn die EU-Kommission aus wettbewerbsrechtlichen Gründen derzeit Kritik am Verbot bleihaltiger Munition äußert“, sagte am Montag Alexander Bonde, Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz.

Anlass für die Intervention war laut Ministerium, dass die Bundesregierung die geplante Neufassung des Landesjagdgesetzes in Brüssel bekannt gemacht hat. Als Reaktion darauf habe die EU-Kommission ihre Auffassung mitgeteilt, dass das Verbot der Bleimunition gegen die europäische Chemikalienverordnung „Reach“ verstoße.

Diese Verordnung verlangt eine umfangreiche Begründung, falls ein Land eine Substanz gesetzlich verbieten will. So sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. Dass von einem Stoff Gefahren ausgehen, muss per Gutachten dargelegt werden.

Eine solches Gutachten gibt es nach Auffassung Bondes aber bereits. So habe das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in den vergangenen drei Jahren in einem Projekt die „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret“ untersucht. Ergebnis: Blei ist so gesundheitsschädlich, dass man die Aufnahme des Schwermetalls über Lebensmittel dort, wo es möglich ist, vermeiden sollte.

Bleimunition: Wie unbedenklich ist das Wildbret?

Nicht, dass ein erwachsener Mensch krank würde, wenn er ein paar Mal im Jahr Rehbraten oder Hirschgulasch isst. Bei diesen Mengen sei die zusätzliche Bleiaufnahme über Wildfleisch gegenüber der Aufnahme über Getränke, Getreide oder Obst unbedeutend, heißt es in der BfR-Studie, die im Internet abrufbar ist. Bedenklich werde es aber für Ungeborene und Kindern bis zu sieben Jahren: Bei ihnen könne bereits eine geringe Bleiaufnahme zu Schäden führen.

Deshalb sollten kleinen Kinder, Schwangere sowie Frauen, die noch Kinder bekommen möchten, möglichst kein mit Bleimunition erlegtes Wild essen, rät die Bundesbehörde und empfiehlt, „bei der Jagd Munition zu verwenden, deren Geschosse kein Blei in das gewonnene Wildbret abgeben“.

Bei der Jagd auf Wasservögel wird in Baden-Württemberg schon seit 2002 so verfahren – und zwar ohne, dass es wettbewerbsrechtliche Probleme gegeben hätte, merkte Bonde an: „Die Kritik der EU-Kommission ist deshalb nicht nachvollziehbar.“ Doch das neue Jagdgesetz, das der Landtag demnächst beschließen soll, verbietet Bleimunition ab 2016 auch bei der Jagd auf Schalenwild, also etwa Rehe oder Wildschweine.

Die Erfahrungen im Staatswald, wo Jäger seit einem halben Jahr bleifrei schießen, sind Bonde zufolge gut. Mit alternativer Munition könne Wild genauso zuverlässig getötet werden wie mit bleihaltiger Munition.

„Manche unserer Jäger bestätigen das“, sagt Erhard Jauch, der Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands, „andere hingegen überhaupt nicht.“

So gebe es auch Vorbehalte wegen der Sicherheit der neuen Munition, die angeblich leichter Querschläger verursache. Sein Verband wolle sich der Diskussion zwar nicht verschließen, verlange aber wirksame Alternativen zur Bleimunition.

Der Nabu hält das Bleiverbot hingegen für längst überfällig. Landeschef André Baumann rät Bonde auch, die EU aktiv einzubeziehen. Wenn die BfR-Studie dort vorliegt, führt das seiner Ansicht nach dazu, dass bleihaltige Jagdmunition in der gesamten EU aus dem Verkehr gezogen wird.