Behinderte sollen vermehrt von der guten Konjunktur im Landkreis profitieren. Foto: stz

Der Arbeitsmarkt hat sich im Bezirk Ludwigsburg weiter entspannt. Menschen mit Handicaps bleiben dennoch außen vor. Die Arbeitsagentur möchte das ändern.

Ludwigsburg - Im November waren im Bezirk Ludwigsburg 9751 Personen arbeitslos gemeldet, das entspricht einer Quote von 3,3 Prozent. Damit hat sich die Situation seit Oktober um 0,5 Prozent und gegenüber dem November 2014 um 0,2 Prozent verbessert. „Die anhaltend gute wirtschaftliche Lage wirkt sich positiv aus“, sagt Martin Scheel, der Leiter der Arbeitsagentur. Viel geschehen müsse allerdings noch in Bezug auf Menschen mit Handicap: „Zum Monatsende waren in unserem Bezirk 795 Schwerbehinderte arbeitslos.“

„Inklusion bedeutet Zugehörigkeit“

Sie profitierten nicht in gleichem Maße wie Nichtbehinderte von der guten Wirtschaftslage, sagte Rudolf Krauter, der Teamleiter Reha in der Arbeitsagentur. Gegenüber dem Vorjahr habe sich die Zahl lediglich um zwei Personen verringert. Oft stünden einer Beschäftigung nur im Grunde haltlose Vorurteile im Weg. Dazu seien unter Unternehmern viele Irrtümer in Bezug auf vermeintliche Privilegien von Behinderten weit verbreitet. Etwa die Auffassung, ein einmal eingestellter Mensch mit Handicap sie praktisch unkündbar und es kämen Zusatzkosten auf die Firma zu, wenn sie einen behindertengerechten Arbeitsplatz einrichten müsse.

Mit der Aktion „Inklusion bedeutet Zugehörigkeit“, mit der sie sich an der bundesweiten Aktionswoche Inklusion beteiligt, will die Arbeitsagentur falsche Vorstellungen zurechtrücken. Am nötigsten seien die Korrekturen an zwei Stellen, meint Scheel: Oft seien Behinderte am Arbeitsplatz sehr viel motivierter als ihre Kollegen. Außerdem würden viele Kosten rund um die probeweise oder dauerhafte Anstellung eines Behinderten von der Arbeitsagentur übernommen.

Auch wenn stets der individuelle Fall betrachtet werden müsse, so seien doch Körperbehinderte in der Regel leichter zu vermitteln als geistig Behinderte, sagt Krauter. Was auch damit zu tun habe, dass es mittlerweile sehr viele technische Hilfsmittel gebe, ergänzt Brigitte Gürtler.

„Die Technik hat sich weiterentwickelt, es gibt zum Beispiel Spracheingaben oder Vorlesesysteme, so dass man sagen kann, es gibt für viele Arbeitsplätze gar keine Hindernisse mehr“, sagt die technische Beraterin der Arbeitsagentur. Die Voraussetzungen seien so gut, dass zum Beispiel auch Sehbehinderte und Blinde in vielen Büros voll integriert arbeiten könnten. Außerdem sei die Agentur auch bereit, die Kosten für den Umbau von Autos zu übernehmen.

Als angenehme Überraschung beschreibt Cornelius Rieger seine Erfahrungen bei der Suche nach einem Bürokaufmann für sein Optikunternehmen in Korntal-Münchingen. Nachdem er bereits 26 Bewerbern abgesagt hatte, weil sie seine Erwartungen nicht erfüllen konnten, stellte sich bei ihm ein 22 Jahre alter Mann mit Gehbehinderung vor. Und der zeigte nicht nur, dass er über die nötigen IT-Kenntnisse verfügte, sondern dass er auch innerhalb einer Probearbeitswoche die Aufgabe komplett erfüllte, an der eine Spezialfirma zuvor gescheitert war: das Übertragen der Karteikarten von Kunden in den Computer.

Anstellung auf Dauer

„Und das hat er auch noch komplett fehlerfrei geschafft“, sagt Rieger. Von da an wollte er den jungen Mann, der nur als Aushilfskraft angefragt war, auf Dauer einstellen. Inzwischen hat er eine Jobzusage auf zehn Jahre. „Mir war das wichtig“, sagt Rieger. „Ich will nicht ständig jemand neu anlernen müssen.“ Mit Hilfe der Arbeitsagentur erhält der 22-Jährige nun auch noch die Möglichkeit zur berufsbegleitenden Weiterbildung.