Neue Idee: An der Elmar-Doch-Straße verläuft die Bahn so tief, dass man sie auch in einen Tunnel verlegen könnte. Foto: factum/Granville

Während die Grünen mit Plänen für ein Wohnbauprojekt jenseits der Bahn scheitern, überrascht der Ludwigsburger Oberbürgermeister mit der Idee eines Deckels über den Gleisen bei Wüstenrot.

Ludwigsburg - In der Ludwigsburger Südstadt soll schon bald viel passieren: Wohnquartiere sollen aufgewertet und auf Teilen des Wüstenrotareals neu gebaut werden. Die Grünen möchten jedoch nicht an der Bahnlinie halt machen: Sie möchten auch auf einem Gelände rund um das Holzheizkraftwerk in der Eisenbahnstraße bauen. Dem Oberbürgermeister geht das zu weit. Werner Spec räumt aber ein, dass es Pläne für eine Überdeckelung der Bahnlinie zwischen Wüstenrot und Keplerbrücke gebe – mit der Option, darauf Häuser zu stellen.

Südstadt soll aufgewertet werden

Als Auslöser für die Aufbruchstimmung in der Südstadt sind vor allem zwei Umstände zu nennen: Zum einen der massive Bürgerprotest im Herbst 2017 gegen Pläne der Verwaltung, im Karree Stuttgarter Straße und Jägerstraße eine größere Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Zum anderen die Verlagerung des Unternehmens Wüstenrot & Württembergische (W & W) in Richtung Kornwestheim, wodurch bisher von der Firma genutztes Gelände in Ludwigsburg frei wird.

Aufgrund der Proteste hat die Verwaltung nicht nur die Pläne für ein Flüchtlingsheim an der Jägerstraße fallen gelassen. Nachdem in Bürgerversammlungen deutlich geworden war, dass sich die Südstadtbewohner seit Langem vernachlässigt fühlen, wurde auch ein Stadtentwicklungsprozess (STEP) für die Südstadt angestoßen. Seither gab es regelmäßig Workshops oder Gespräche am Runden Tisch. Außerdem wurde ein Büro beauftragt, Konzepte für eine Nachverdichtung, aber auch eine Aufwertung des Wohnens in der Südstadt zu entwickeln.

Neues Stadtquartier bei Wüstenrot

Parallel dazu führt die Stadt Gespräche mit W & W über die Zukunft des Firmengeländes an der Bahnlinie. Das 72 Meter hohe Hochhaus werde das Unternehmen wohl weiterhin behalten, sagte OB Werner Spec im Bauausschuss: „Aber wir haben bereits sehr gute Gespräche über die Bebauung der schrittweise frei werdenden Flächen geführt.“ Einige der Gebäude sollen abgerissen werden. An deren Stelle könne ein neues Stadtquartier entstehen. Geplant sei ein Mix aus Wohnen und Gewerbe.

Die Grünen im Gemeinderat würden gern daran anknüpfen und auch jenseits der Bahngleise Flächen für den Wohnungsbau – eine sogenannte Bahnstadt – ausweisen. Im Wesentlichen südlich und nördlich des Holzheizkraftwerks, angrenzend an die Wohnbebauung entlang der Solitudeallee. Der Grünen-Sprecher Michael Vierling glaubt, damit der Wohnungsnot paroli bieten zu können. Auch wenn dieser Bereich der Weststadt Mischgebiet sei, hätten künftige Hausbesitzer keine großen Nachteile durch gewerbliche Nutzer in der Nachbarschaft zu befürchten: Das Gewerbe habe sich gewandelt, Lärm und Schmutz seien nicht zu erwarten.

Unruhe bei Gewerbetreibenden

Die Vertreter der übrigen Fraktionen sind nicht begeistert. Sie befürchten unüberwindbare Hindernisse schon im Vorfeld der Planung. Außerdem sorgten solche Pläne für Unruhe bei den ansässigen Gewerbetreibenden. Der Grünen-Antrag zur Bahnstadt wurde abgelehnt.

„Wir tun uns etwas schwer mit dem Bahnumfeld“, sagte der Oberbürgermeister, um dann mit Überlegungen zu einer Überdeckelung zu überraschen. Er wolle „keine große Euphorie entfachen“, so Spec, aber die Verwaltung hoffe „auf ein gewisses Potenzial“, das entlang der Eisenbahnstraße entstehen könne. Die Bahngleise liegen in einem Abschnitt zwischen Elmar-Doch-Straße und Keplerbrücke so tief, dass ein Tunnelbau machbar erscheint.

„Alles noch sehr vage“

„Wir befinden uns noch in einem sehr frühen Planungsstadium“, ergänzt Anne Mayer-Dukart vom Stadtplanungsamt. „Es ist alles noch sehr vage.“ Dennoch soll nun das Stuttgarter Leichtbaubüro str.ucture prüfen, ob ein Deckel an der Stelle machbar ist. Es ist die gleiche Firma, die Freiberg am Neckar einen Deckel samt Wohnquartier über der A 81 vorgeschlagen hat.

Flüchtlingsunterkünfte und Gewerbeflächen

Flüchtlingsheime
Im Herbst 2017 löste die Verwaltung große Proteste aus, als sie bekannt gab, an vier Stellen größere Flüchtlingsunterkünfte bauen zu wollen. Der stärkste Gegenwind kam aus der Südstadt, wo im Innenhof eines Wohnquartiers an der Ecke Stuttgarter Straße und Jägerstraße ein solches Heim gebaut werden sollte. Die Stadt will immer noch bauen, sucht aber gemeinsam mit den Bürgern nach einer Struktur.

Wüstenrot
2016 musste die Stadt Ludwigsburg im Poker um Gewerbeflächen eine Schlappe hinnehmen: Nicht die Barockstadt, sondern Kornwestheim erhielt den Zuschlag der Firma Wüstenrot, die expandieren will. Da sich das Unternehmen nun auf Kornwestheimer Markung ausdehnt, kann Ludwigsburg Flächen zurückgewinnen, die bald nicht mehr von dem Versicherer genutzt werden.