Ohne zusätzliches Personal wären die Engpässe im Betreuungsbereich noch größer geworden. Foto: dpa

Die Ludwigsburger Stadtverwaltung sollte beim Personal eine Million Euro sparen. Davon nehmen die Stadträte nun wieder Abstand. Ein Appell des Personalratschefs hat sie umgestimmt. Er hatte ein düsteres Bild vom Arbeiten im Rathaus gezeichnet.

Ludwigsburg - Theoretisch hätte die Ludwigsburger Stadtverwaltung dieses Jahr mehrere Stellen nicht besetzen dürfen, die die Arbeit in Kindertagesstätten erleichtern (Poolstellen). Auch für Hauswirtschaftskräfte hätte es theoretisch eine Besetzungssperre geben sollen. Ebenso wenig hätte die Stadt die Position eines Datenschützers besetzen dürfen. Praktisch hätten die Stadträte dafür am Dienstag im Verwaltungsausschuss dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen müssen. Haben sie aber nicht. Was bedeutet, dass es dieses Jahr keine Besetzungssperre gibt. Das bedeutet aber auch, dass im Rathaus nicht wie eigentlich gefordert eine Million Euro eingespart wird. Damit nämlich fing alles an.

Besetzungssperre für 40 neue Stellen

Einer der Punkte, den die Fraktionen in der Debatte über der Haushaltsplan für das Jahr 2019 kritisierten, war die Zahl der Stellen, die die Verwaltung schaffen wollte: 90 neue Posten. Vor allem die CDU und die Freien Wähler hielten diese Aufstockung für zu hoch. Dass der Gemeinderat dem Haushalt im Dezember letztlich – mit nur knapper Mehrheit – überhaupt zustimmte, lag auch an einem Sperrvermerk: Einen solchen hatte die Verwaltung hinter 40 der 90 geplanten Stellen gesetzt und sich auf den Antrag der Freien Wähler verpflichtet, 2019 Personalkosten von einer Million Euro einzusparen. Einen konkreten Vorschlag dazu wollte sie im ersten Quartal dieses Jahres vorlegen.

Am vergangenen Dienstag war es so weit: Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung des Verwaltungsausschuss präsentierte die Verwaltung ihre „Konkretisierung der Personalkostenreduzierung 2019“. In ihrer Aufstellung kam sie auf insgesamt 17 Stellen. Dazu gehören neben den Poolstellen im Kita- und Hauswirtschaftsbereich unter anderem auch der vorläufige Verzicht auf Mitarbeiter in der Stadtbibliothek, im Stadtmuseum, im Naturschutz, bei der Stadtteilsanierung sowie der Anschlussunterbringung für Flüchtlinge. Auf ein ganzes Jahr gesehen entspräche der Personalverzicht einem Volumen von einer Million Euro. Weil 2019 aber bereits begonnen hat, hätten dieses Jahr nur noch 400 000 Euro eingespart werden können. Die Differenz von 600 000 Euro hätte die Verwaltung bei den so genannten Sachkosten eingespart.

Doch das muss sie nun gar nicht mehr.

Der Personalrat zeichnet ein düsteres Bild

Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses erlaubten dem Oberbürgermeister Werner Spec am Dienstag nämlich, die Stellen mit Sperrvermerk nun doch zur Besetzung freizugeben. Entscheidend zu dieser Kehrtwende dürfte der Auftritt des Vorsitzenden des Personalrats beigetragen haben. Andreas Reichert, so schildern es Teilnehmer der Sitzung, habe „deutliche Worte“ gewählt und ein „flammendes Plädoyer“ für die Belegschaft gehalten.

Das Bild, das dabei entstanden ist, ist das einer Verwaltung, die schon längst am Anschlag arbeitet, durch gesellschaftliche Veränderungen oder zusätzliche Projekte immer noch mehr Arbeit aufgebürdet bekommt. Aktuell schieben die 1400 Mitarbeiter der Verwaltung offenbar 50 000 Überstunden vor sich her. Dies sei bereits ein erheblicher eigener Beitrag zur Kostensenkung, hieß es in Reicherts Stellungnahme, worin er auch klarmachte, dass der Personalrat im Zweifel Mehrarbeit und Bereitschaftsdiensten künftig seine Zustimmung verweigert, um sich so gegen die „prekäre Lage“ zu wehren.

Das letzte Wort hat der Gemeinderat

„Gut gebrüllt, Löwe“, kommentierte Reinhardt Weiss den Auftritt Reicherts, der ihn zu der Ansicht brachte, dass die neuen Stellen nötig sind. Und das, obwohl es Weiss’ Freie Wähler waren, die die Eine-Million-Euro-Forderung gestellt hatten. Zur nun entspannteren Einschätzung hat laut Weiss aber auch beigetragen, dass die kommunalen Finanzen erfreulicher aussehen also noch im Herbst.

Klaus Herrmann, dessen CDU-Riege auch vehement gegen den Zuwachs um 90 Stellen war, wiederum überrascht der Gesinnungswandel nicht. Wenn es um die Durchsetzung konkreter Maßnahmen gehe, sei es noch immer schwierig geworden.

Am Mittwoch befasst sich der Gemeinderat öffentlich mit dem Thema.