Sie unterstützte ihren Mann Helmut Schmidt politisch, engagierte sich als Naturschützerin und reiste als Forscherin um die Welt: Loki Schmidt. Foto: dpa

Loki Schmidt war nicht nur die Frau des Altkanzlers Helmut Schmidt - sie war Botanikerin, Lehrerin und Buchautorin. Am Sonntag wäre die 2010 gestorbene Ehrenbürgerin Hamburgs 100 Jahre alt geworden. In ihrem Leben gab es viele Krisen, die sie meistern musste.

Hamburg - Sie unterstützte ihren Mann Helmut Schmidt politisch, engagierte sich als Naturschützerin und reiste als Forscherin um die Welt: Loki Schmidt hat die Rolle der Ehefrau des Bundeskanzlers einst neu gestaltet. Die Hamburger Ehrenbürgerin hätte an diesem Sonntag ihren 100. Geburtstag gefeiert. Bei einer Matinee im Botanischen Garten werden Politiker, Weggefährten und geladene Gäste an die Verdienste der 2010 gestorbenen „Hamburger Deern“ mit dem frechen Kurzhaarschnitt erinnern.

Fast 70 Jahre waren die Schmidts verheiratet. „Dieses Verhältnis zwischen Helmut und Loki Schmidt war kongenial“, meint Historiker Meik Woyke, ab Juni Vorsitzender der Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung. Doch es gab auch Schattenseiten.

Geboren wird Hannelore Glaser, Tochter eines Elektrikers und einer gelernten Schneiderin, 1919 im Hamburger Arbeiterviertel Hammerbrook. Schon als kleines Mädchen nennt sie sich Loki. Die Schmidts lernen sich auf der Lichtwarkschule kennen - eine Reformschule, die die beiden prägt. Ein bekanntes Foto zeigt Helmut Schmidts Feier zum zehnten Geburtstag. Loki, die Größte auf dem Bild, ist als einziges Mädchen eingeladen.

Frühe Liebe

Die Elternhäuser der beiden seien sehr unterschiedlich gewesen, erklärt Woyke. „Loki Schmidt kam aus ärmlichen Verhältnissen.“ Als Helmut Schmidt (1918-2015) seine Schulfreundin das erste Mal besucht habe, sei er - aus dem Kleinbürgertum - entsetzt gewesen, wie man unter diesen Bedingungen wohnen könne. „Gleichzeitig war eine große Herzlichkeit in der Familie, ein ausgeprägtes Bildungsstreben. Man sang und diskutierte auch gemeinsam.“

Loki sei sehr selbstbewusst gewesen. „Sie war sehr gebildet. Sie ließ sich nicht ins Bockshorn jagen“, berichtet Woyke. Das habe Helmut Schmidt gefallen. Mit 15 Jahren küssen sie sich zum ersten Mal. Vorübergehend verlieren sie sich später aus den Augen, doch nach einem Wiedersehen in Berlin 1941 beschließen sie zu heiraten. „Ohne Lokis Geduld und Langmut und ohne ihr Verständnis wäre ich wohl ein anderer Mensch geworden“, sagt der SPD-Politiker zum 40. Hochzeitstag. Schachspiel, Kunst und Musik verbinden die beiden. Immer griffbereit sind die Zigaretten.

Eigentlich will Loki als junge Frau Biologie studieren. „Der Zugang war ihr aber wegen der Studiengebühren und der damals verbreiteten Auffassung, dass das nichts für Frauen sei, verbaut“, sagt der Geschäftsführer der Loki-Schmidt-Stiftung, Axel Jahn. Von 1938 an absolviert Loki stattdessen ein Volksschullehrer-Studium. „Sie hatte eine ungeheure Neugier und ein großes Interesse an allem, was lebendig ist.“ Lebenslang wirbt sie für den Schutz heimischer Pflanzen, kürt seit 1980 die „Blume des Jahres“ und geht mit Wissenschaftlern auf Reisen. „Sie hat das Land verändert“, ist Jahn überzeugt. Der Stellenwert des Naturschutzes sei heute ein anderer. „Sie hat die Türen geöffnet.“

Verlust des Sohnes Helmut Walter

Zwei Jahre nach der Heirat wird Sohn Helmut Walter geboren, stirbt aber noch im Säuglingsalter. Insgesamt sechs Fehlgeburten hat Loki Schmidt. 1947 kommt Tochter Susanne zur Welt. 1961 zieht die Familie in ein eher bescheidenes Reihenhaus in Hamburg-Langenhorn.

Von 1974 bis 1982 ist Helmut Schmidt Bundeskanzler. Für seine Frau ist klar, dass sie nicht nur repräsentieren will. „Sie hat in beiden Bundestagswahlkämpfen der Jahre 1976 und 1980 eigene Veranstaltungen gehabt, jeweils 200 verschiedene, sie ist öfter und weiter durch das Land gereist als der damalige SPD-Parteivorsitzende Willy Brandt“, sagt Reiner Lehberger, Autor mehrerer Bücher über die Schmidts. Loki Schmidt habe den Kontakt in den Wahlkreis gehalten und die „soziale Seite“ ihres Mannes aufgebessert. „Indem sie die Wunden, die er mit seiner oft schroffen Art geschlagen hatte, hat heilen können.“

Auf einen Glamourfaktor habe sie als Kanzlergattin keinen Wert gelegt, habe sich nicht verbiegen lassen wollen, sagt Lehberger. Sie habe auch nicht an ihrer hanseatischen Sprache gefeilt. „Sie wollte authentisch bleiben. Das war ihr Markenzeichen - genau wie ihre Friseur der 20er Jahre, die zu ihrer Zeit eher ungewöhnlich war.“ Zuweilen habe Loki fast etwas altmodisch gewirkt. „War aber dennoch auch ein Vorbild für viele Frauen.“

Vorzeige-Paar

Jahrzehntelang gelten die Schmidts als Vorzeige-Paar. Doch in Wahrheit ist die Ehe nicht nur harmonisch. „Sie ist durch ziemliche Täler gegangen, weil er Außenbeziehungen hatte“, sagt Lehberger über Loki Schmidt. „Aber sie haben für sich einen Weg gefunden, über die Krisen hinwegzukommen. Zum Schluss - so habe ich es persönlich erlebt - führten sie eine anrührende, glückliche Altersbeziehung.“

Bei der Trauerfeier für Loki im Hamburger Michel mit 2000 Gästen ist Schmidt von Trauer schwer gezeichnet, trägt beide Eheringe an der rechten Hand. 2012 bekennt der Weltpolitiker sich zu seiner neuen Lebensgefährtin Ruth Loah. Ohne sie, so betont er, hätte er den Verlust von Loki wahrscheinlich nicht überlebt.