Erwin Staudt: Fachmann nicht nur für den VfB. Foto: dapd

Erwin Staudt kommt am Mittwoch, 18. Juli, nach Kornwestheim aufs Rote Sofa der WirtschaftsKultour.

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err Staudt, Sie sprechen in Kornwestheim über die Wirtschaft und den Sport. Sie sehen da Parallelen. Lassen Sie uns kurz über die vergangene Fußballeuropameisterschaft und die deutsche Nationalmannschaft reden.
Die Nationalmannschaft wird wahrscheinlich bei meinem Vortrag keine Rolle spielen. Das ist nicht mein Erfahrungsbereich. Mein Erfahrungsbereich sind die acht Jahre mit dem VfB. Aber vom Prinzip her ist es vergleichbar.

Dann versuchen wir’s. Wenn Sie die Nationalmannschaft mal als Wirtschaftsunternehmen betrachten. Würden Sie sagen: Alles richtig gemacht und die EM war ein Erfolg, oder ist da etwas schief gelaufen?
Die Mannschaft hat sich sehr gut präsentiert. Wir haben das Pech gehabt, dass wir mit Italien auf einen sehr ausgeschlafenen Gegner gestoßen sind, der uns an diesem Abend eben überlegen gewesen ist.

Sie benutzen den Begriff Pech. Spielt Pech in Wirtschaft und Sport gleichermaßen eine Rolle?
Auch in der Wirtschaft passiert das leider. Aber sie ist, in Anführungszeichen, besser planbar als der Sport. Sport ist im wesentlichen sehr abhängig von einzelnen Menschen, ihrer jeweiligen Form, ihrem momentanen Auftritt und ihrer Gefühlswelt, insofern geht es da nicht so rational zu wie in der Wirtschaft.

Ein wichtiger Mensch bei der EM war Joachim Löw. Jetzt heißt es, gegen Italien hätte er bei der Aufstellung Fehler gemacht. Zahlen auch im Sport die Mitarbeiter für Irrtümer des Chefs?
Ich bin nicht der Meinung dass Herr Löw einen Fehler gemacht hat. Aber im grundsätzlichen ist es so: Der Chef ist von seinen Mitarbeitern abhängig und umgekehrt. Das gilt in Wirtschaft und Sport gleichermaßen. Der Chef kann den Markt falsch einschätzen und liegt dann schief. Er muss das dann schnell korrigieren, aber er braucht auch Mitarbeiter, die mitziehen. Chef und Mitarbeiter sind ein Team.

Was können Sport und Wirtschaft voneinander lernen, ohne jetzt Ihrem Vortrag vorausgreifen zu wollen.
Es gibt Dinge, die im Sport sehr ausgeprägt sind. Zum Beispiel die Öffentlichkeit, die Medien, mit denen man umzugehen lernen muss. Das hat die Wirtschaft noch nicht so verinnerlicht. Aber sie hat Planungsinstrumente, Kommunikationsinstrumente, Technik. Das einzusetzen muss auch der Sport lernen. Wir haben beim VfB in vielen Bereichen versucht, den Sport so aufzustellen wie ein Unternehmen. Und das funktioniert auch. Unternehmen wiederum können vom Sport Teamgeist und Coaching lernen. Allgemein Dinge, die damit zu tun haben, Menschen zu Höchstleistungen zu motivieren und ein Klima für Höchstleistungen zu schaffen. Das macht den Sport aus und davon kann die Wirtschaft profitieren.

Welche Rolle spielen Emotionen?
Im Sport sind sie ausschlaggebend für Leistungsbereitschaft und letztlich zum Abrufen von Höchstleistungen. In der Wirtschaft sind sie wichtig für die Zusammenarbeit von Menschen in allen Bereichen.

Wird nicht in der Wirtschaft versucht, möglichst rational vorzugehen? Und Gefühle hebt man sich für die Werbung auf.
Nein, so würde ich das nicht sagen. Große und gute Unternehmen arbeiten auch mit Emotionen, und zwar in Bezug auf ihre Produkte, aber auch nach innen. Unternehmen versuchen, einen guten Geist zu schaffen, der den Mitarbeitern Freude bereitet und sie dazu bringt, ihre Leistung im Sinne ihrer Firma abzurufen.

Sollten Wirtschaft und Sport auch weiter aufeinander zugehen? Hat Wirtschaft nicht schon einen zu großen Einfluss?
Sport in Deutschland ist schon stark mit der Wirtschaft verbunden. Keine Sportart kommt ohne Sponsoren, ohne Kooperation mit Unternehmen aus. Man ist aufeinander angewiesen. Das ist aber eine positive Entwicklung. Sport braucht Geld. Die Wirtschaft braucht Sichtbarkeit, Bekanntheit und Sympathiewerte, und die kann sie vom Sport her kriegen.

Jetzt sind Sie ja nicht mehr der operative Präsident des VfB. Steht Ihnen nun wieder mehr der emotionale Zugang zum Fußball offen?
Ich bin jetzt ganz normaler Fußballfan, der sich freut, wenn die Mannschaft gewinnt. Ich kann total drucklos zum Spiel gehen.

Sie können nur noch zuschauen, ohne Einfluss nehmen zu können. . .
Ich kann nur noch gucken, und das macht mir Freude. Ich bin nicht mehr verantwortlich, was letztlich herauskommt.

Sie haben drei Enkel, wünschen Sie sich, dass die später mal Fußball spielen?
Ich wünsche mir vielleicht auch, dass sie Golf spielen oder reiten. Zum Beispiel. Das sind in der Familie die beliebtesten Sportarten. Also ich spiele Golf und meine Frau und meine Tochter reiten.

Da steht dann aber nur der Spaß im Vordergrund. Kein Ehrgeiz? Kein wirtschaftliches Denken?
Nein.